Bremsen defekt, Fahrer müde

Kontrolle Etliche Busse legen am Donnerstag einen außerplanmäßigen Stopp am Rastplatz Seligweiler ein. Für manche ist die Fahrt danach beendet.

Der moosgrüne Bus ist weit gereist. Davon künden nicht nur Aufkleber, die das 2008 gebaute Gefährt mit bosnischer Zulassung als einst französisches Fahrzeug ausweisen, sondern insbesondere die mehr als zwei Millionen gefahrenen Kilometer auf der Anzeige am Armaturenbrett. Ist ein Reisebus mit dieser Laufleistung noch verkehrssicher?

Bernd Oehlschläger schaut genau hin. Der Polizeihauptkommissar arbeitet beim Verkehrsdienst in Laupheim und leitet an diesem Morgen eine Großkontrolle am Rasthof Seligweiler. Unterstützt wird seine Verkehrspolizei dabei durch Kräfte des Polizeipräsidiums Einsatz, des Zolls, des Bundesamts für Logistik und Mobilität sowie der Ausländerbehörde des Landratsamts.

„Wir führen heute eine Kontrolle des Fernreiseverkehrs durch“, erklärt Sven Vrancken, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Ulm. Im Fokus der Beamten: Fahrzeuge, Fahrer und Mitfahrer. Während Experten wie Oehlschläger die Verkehrssicherheit der Busse in den Blick nehmen, überprüfen ihre Kollegen, ob sich die Fahrer an die vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten halten, ob sich die Bus-Insassen rechtmäßig in Deutschland aufhalten und ob sie Zollpflichtiges oder Verbotenes mitführen.

So wie ein Herr, der mit einem Reisebus aus Nordmazedonien unterwegs ist. Bei ihm finden Zollbeamte rohes Fleisch, das unter anderem aus Gründen des Seuchenschutzes nicht einfach so in die EU eingeführt werden darf. Der Besitzer muss seine Reise ohne das Lebensmittel fortsetzen. Mehr Glück hat ein junger Mann, an dessen Sitzplatz im Bus Polizeidiensthündin Tess anzeigt. Sie ist auf Rauschgift spezialisiert. Eine Überprüfung ihres Funds ergibt allerdings, dass es sich bei der entdeckten Substanz um eine Mischung aus Tabak und Cannabis handelt. Sie ist seit der Cannabis-Legalisierung erlaubt – ihr Besitzer darf sie behalten.

Bus wird stillgelegt

Kurz darauf zeigt Tess an zwei Gepäckstücken an. Sie werden in der Folge von Zollbeamten geöffnet, jeder Gegenstand darin akribisch kontrolliert.

Die Kontrollen ziehen sich. „Für die Fahrgäste ist das natürlich ärgerlich“, sagt Bernd Oehlschläger. Sie seien auf dem Weg nach Hause oder in den Urlaub, zum Teil bereits auf eng getakteten Urlaubsreisen – wie eine Gruppe aus Asien, die in acht Tagen Europa erkundet. Oehlschläger ist um Transparenz bemüht, erklärt den Hintergrund der Aktion. Und wirbt um Verständnis: „Es geht auch um Ihre Sicherheit.“ Die meisten Reisenden tragen es mit Fassung. Auch, weil die Kontrollstelle ganz bewusst an den Rasthof Seligweiler gelegt worden sei, wie der Polizeihauptkommissar betont: Hier haben die Bus-Insassen Gelegenheit, sich zu verpflegen.

So wie im Fall des Busses aus Bosnien. „‚Rien ne va plus‘ würde der Franzose sagen“, sagt Oehlschläger. Auf Deutsch: Nichts geht mehr. Neben einer Kontrollleuchte am Armaturenbrett, die von einem Problem mit den Bremsen kündet, springen dem Fachmann sofort abgerissene Kabel an der Busunterseite sowie ein eingedrückter Rahmen am Heck ins Auge. Letzteres ist ein sogenannter „erheblicher Mangel“: Dem Busfahrer wird die Weiterfahrt untersagt.

Für einen Bus, der in Frankfurt am Main nach Split in Kroatien gestartet war, ist ebenfalls in Seligweiler Schluss: Die Polizei stellt neben einem Fehler im ABS-System und einem Riss in der Frontscheibe massive Verstöße des Fahrers gegen die Lenk- und Ruhezeiten fest. Ein Gutachter, der den Bus kurz darauf genauer unter die Lupe nimmt, macht eine erschreckende Entdeckung: Das komplette vordere Bremssystem des Fahrzeugs war demnach ohne Funktion.

Asylantrag gestellt

Auch für einen Fahrgast endet die Reise an der A8: Der junge Mann aus der Ukraine, der mit einem Bus aus Belgien unterwegs ist, stellt an der Kontrollstelle einen mündlichen Asylantrag. Deutsch spricht er nicht; ein anderer Fahrgast muss übersetzen. Mitarbeiter der Ausländerbehörde des Landratsamts kümmern sich um den Mann.

Hündin Tess hat unterdessen den nächsten Auftrag: Der Zoll, der parallel zur Aktion in Seligweiler auch eine Kontrollstelle bei Dornstadt eingerichtet hat, bittet um Überprüfung eines Lastwagens. In der Großröntgenanlage hätten sich Unregelmäßigkeiten gezeigt, erklären die Beamten. Ob zwischen den palettierten Fliesen und Platten aus Naturstein Drogen versteckt sind? Um eine Antwort auf diese Frage zu bekommen, eskortieren sie den Lkw nach Seligweiler. Tess schnüffelt konzentriert. Fündig wird sie aber nicht – der Fahrer darf seine Fahrt fortsetzen.

Wehmut und Aufbruch

Kabarett Das Duo „Die Vorletzten“ hat in der Blaubeurer Stadtkirche die Fusion der evangelischen Kirchenbezirke Blaubeuren und Ulm auf die Schippe genommen.

Es ist nicht alles gut, was in den Gemeinden passiert“, bekannte die Nellinger Pfarrerin Sandra Baier bei der Begrüßung zu einem amüsanten Abend mit dem Duo „Die Vorletzten“ in der Blaubeurer Stadtkirche. Es gebe Eigenheiten von Gemeinden, von denen der Stuttgarter Stadtdekan Sören Schwesig und der Ulmer Münsterpfarrer Peter Schaal-Ahlers nur zu gut ein Lied singen könnten, sagte die Pfarrerin schmunzelnd.

Die beiden Theologen, die sich mit dem Gemeindeleben bestens auskennen, sind seit vielen Jahren als Kabarett-Duo unterwegs. Keine noch so unchristliche Unart der Gemeindeglieder ist ihnen fremd. Egal, ob das Ehrenamt oder der Kirchengemeinderat, der Gottesdienstbesuch oder die Kirchturmsanierung – eine Pfarrstelle und eine Gemeinde geben viel Stoff für kirchliches Kabarett, wenn man mit etwas Distanz darauf schaut.

Rivalitäten kochen hoch

Anlass für den mit mehr als 300 Gästen bestens besuchten Abend war jedoch die Fusion der beiden Kirchenbezirke Blaubeuren und Ulm, die Ende des Jahres zum Kirchenbezirk Ulm/Alb-Donau fusionieren. Nicht freiwillig, wohlgemerkt. Üblicherweise ist kein Kirchenbezirk von einer Fusionierung begeistert. Liebgewonnene Gewohnheiten müssen aufgegeben werden und dann ist da noch das Geld. Gemeinden sehen ihre Felle auf Nimmerwiedersehen davonschwimmen. Rivalitäten kochen hoch.

Die beiden theologischen Kabarettisten ergänzten in Blaubeuren ihr Programm um einen Schlenker in die Problematik der Fusion und stellten eine Situation nach, die die meisten Besucher bestens kannten. „Wir beschreiben jetzt ein Post-it, heften es an die Wand und schreiben da unsere Gefühle auf“, empfahl das Duo. Also erst einmal darüber reden, was da so droht mit der Fusion. Das höre sich harmlos an, „ist es aber nicht“. Nach 469 Jahren gebe es nun keinen Dekan mehr in Blaubeuren, stellte das Duo fest. Im Publikum machte sich Wehmut breit. Manchem krampfte es fast das Herz zusammen. Man hatte mit einer gemeinsamen Busfahrt durch den Kirchenbezirk zwar schon eine Abschiedstour unternommen und konnte auch mit der mutmachenden Broschüre „Auf geht‘s“ noch einmal der Vergangenheit nachtrauern, aber die Versöhnung mit der Fusion schien doch noch schwerzufallen.

Ob die Sache gut geht?

Auch die Kabarettisten waren zweifelnd. „Wir kennen die Ulmer und ich sag Ihnen, das macht die Sache nicht einfacher“. Als Blaubeurer müsse man „aufs Sach gucken“. Ob das mit den Ulmern, die ja mit ihrem hohen Kirchturm schon immer hoch hinaus wollten, überhaupt geht? Schließlich überlebe der Fitteste und nicht der Fetteste. Und „je weiter die Wege, desto mehr die Konfusion“, sprachen die Theologen wohl aus Erfahrung und hatten eine böse Vermutung. Dekan Frithjof Schwesig, der Bruder des Stuttgarter Stadtdekans Sören Schwesig, sei ja zuvor in Ulm gewesen. „Ob der wohl einen geheimen Auftrag hatte?“, taten die Kabarettisten geheimnisvoll.

Im Laufe des Abends thematisierte das Duo unter anderem die Sparmaßnahmen der Kirche und unterbreitete konkrete Vorschläge wie das siebenjährige Flyer-Fasten. Die Produktion von Flyern, das Entwerfen bis zum Fortwerfen, binde einfach zu viel Arbeitskraft. Selbst das Entsorgen mache noch Arbeit. Sparsamkeit sei auch bei Mitarbeitergeschenken angebracht. Ein Händedruck sei doch um ein Vielfaches herzlicher. Freilich könne man auch eine Flasche Wein überreichen, aber nur mit dem Hinweis, dass hinten in der Kirche ein Kasten stehe, in dem man die Flasche für weitere Geschenküberreichungen wieder ablegen könne.

Aufschlussreich war der Beitrag, wie man erfolgreich Ehrenamtliche vertreibt. Man muss als langgedienter Ehrenamtlicher nur darauf bestehen, dass alles so gemacht wird wie immer. Etwas altbacken wirkte der Programmpunkt mit der Arbeitsaufteilung in einer Ehe. Gelegentlich verbreitete das Duo eine Extraportion Melancholie.

Vor allem der Schlussakkord über das Alter unter der Überschrift „dem Verfallen verfallen“ führte jedem gnadenlos sein eigenes Ende vor Augen. Was ist dagegen schon das Ende eines Dekanats?

Entlassungen im Blaubeurer Werk

Wirtschaft Knapp 20 Beschäftigte des früheren Betriebs Centrotherm Clean Solutions müssen gehen.

Blaubeuren. Mit Entlassungen und anhaltender Kurzarbeit bis zum Jahresende in seinem Blaubeurer Werk reagiert das Unternehmen Pfeiffer Vacuum auf die Nachfrageschwäche in der Halbleiter-Branche. „Weniger als zehn Prozent der Beschäftigten in Blaubeuren sind von den Entlassungen betroffen“, teilte das Unternehmen mit, in dem der frühere Blaubeurer Betrieb Centrotherm Clean Solutions aufgegangen ist. Das sind dann knapp 20 Mitarbeiter, die Auflösungsverträge vorgelegt bekommen haben oder erhalten werden. „Es gibt keine betriebsbedingten Kündigungen“, sagt der Unternehmenssprecher. „Aber wir müssen unsere Kapazitäten an den weltweit schwachen Halbleitermarkt anpassen.“

Die Kurzarbeit erstreckt sich auch auf Produktion und Verwaltung des Blaubeurer Werks, in dem Abgasreinigungssysteme für die Halbleiterbranche hergestellt werden. Abgesehen vom Service leiden die meisten der rund 200 in Blaubeuren Beschäftigten unter der Kurzarbeit. „Das will niemand haben. Aber Kurzarbeit ist das beste Mittel, um Mitarbeiter im Unternehmen zu halten“, erläutert der Firmensprecher weiter. „Wir drücken uns allen die Daumen, dass die Nachfrage wieder anzieht.“

Das Unternehmen weist Befürchtungen unter den Beschäftigten zurück, dass das Blaubeurer Werk langfristig überflüssig wird, seit es in den vergangenen Monaten in das deutlich größere Unternehmen Pfeiffer Vacuum integriert worden ist. „Die Anpassungen beim Personal sind unglücklich vom Zeitpunkt her“, sagt der Unternehmenssprecher. Der Hauptsitz und das Produktionswerk für Abgasreinigungssysteme bleibe aber für die ganze Firmengruppe, die Busch Group, zu der Pfeiffer Vakuum gehört, in Blaubeuren. „Das ist unser Kompetenzzentrum für die Abgasthematik.“ Da werde sich nichts ändern. „Seit der Übernahme von Centrotherm Clean Solutions 2023 durch die Busch Group sind mehrere Millionen Euro in Gebäude und in Maschinen investiert worden“, teilt das Unternehmen mit.

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