Spatzen riskieren Geldstrafe
SSV Ulm 1846 Fußball Der gebürtige Ulmer Moritz Glasbrenner glaubt zwar ans Schicksal. An Romantik im Fußball jedoch nicht. Als Cheftrainer des Drittligisten muss auch er liefern.
Es ist sein drittes Jahr als hauptberuflicher Fußball-Trainer, und schon ist Moritz Glasbrenner im Profi-Bereich angekommen. Ausgerechnet den SSV Ulm 1846 Fußball darf der 35-Jährige bis Saisonende als Cheftrainer betreuen. Den Klub aus seiner Geburtsstadt. „Ich glaube schon, dass es Fügung und Schicksal gibt“, sagte Glasbrenner. „Auf der anderen Seite gibt es im Fußball wenig Platz für Romantik. Ich glaube, es ist eine schöne Geschichte. Befreit uns aber nicht vor den üblichen Marktmechanismen.“
Und so heißt es: ran an die Arbeit, geschenkt wird einem nichts – egal, woher man kommt. Doch am Tag nach der Entscheidung ist es auf dem Trainingsgelände des SSV Ulm ruhig. Vier Tage rollt hier kein Ball, zumindest nicht angestoßen von Drittliga-Profis. Die Mannschaft hat freibekommen, soll sich nach anstrengenden Wochen regenerieren. Die erste Einheit als Cheftrainer leitet Moritz Glasbrenner am kommenden Montag.
Erforderliche Lizenz fehlt
Ihm zur Seite stehen dann weiterhin Max Kohlenberg sowie Torwarttrainer Holger Betz, Athletiktrainer Tim Gulde und Analyst Patrick Waltenberger. Es gibt also keine Veränderungen im Trainer-Team, das gemeinsam in den vergangenen Wochen Fortschritte erzielte und positives Feedback bekam. Tatsächlich zeigte sich die Mannschaft besonders im eigenen Ballbesitzspiel im Vergleich zum Saisonstart deutlich verbessert.
Abstriche gab es jedoch in der Defensive. Hier offenbarten die Ulmer auch unter Glasbrenner noch große Schwächen. Der 35-Jährige, der ein Befürworter der Vierer-Kette ist, weiß das, hatte bisher für Details aber noch kaum Einheiten. Nach der 1:4-Klatsche in Ingolstadt „hatten wir Zeit, zwei Tage gegen den Ball zu arbeiten“, sagte er. Im Testspiel gegen den FC Augsburg sei das schon sichtbar gewesen.
Unter anderem geht es Glasbrenner darum, „dass wir klare Regeln finden, dass wir eine gemeinsame Sprache finden, dass wir auch Spielsituationen ähnlich deuten.“ Denn wenn Spieler eine Situation unterschiedlich interpretieren, reißen schnell Lücken. „Da wird die Arbeit nie abgeschlossen sein, sondern es muss immer wieder Thema werden. Und die Abläufe werden dann immer besser.“
Das zumindest glaubt Glasbrenner. Ob die Rechnung aufgeht, ob das junge Trainer-Team dem Druck standhalten wird, bleibt abzuwarten. Klar ist: Der noch unerfahrene Coach hat einen wesentlichen Schritt einer Trainer-Karriere übersprungen. Eigentlich war es sein Plan, in Ulm drei Jahre die U19-Mannschaft zu trainieren, um dann die Voraussetzungen für die Pro-Lizenz zu haben, sagte er vor wenigen Wochen.
Denn noch ist Glasbrenner kein Fußball-Lehrer, hat den Lehrgang für die Uefa Pro-Lizenz noch nicht begonnen und wird das 2026 auch nicht tun. Für einen Cheftrainer in der dritten Liga ist das aber erforderlich. Damit nimmt der SSV Ulm eine saftige Geldstrafe des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) in Kauf. „Das [sic!] wir dies machen und eine mögliche Strafe in Kauf nehmen, zeigt, wie überzeugt wir sind. Wir hätten einen einfacheren Weg gehen können. Aber dies nun so zu machen, ist es uns wert“, wird SSV-Geschäftsführer in einem vereinseigenen Interview zitiert.
„Bei den möglichen Sanktionierungen handelt es sich unter anderem um Verwarnung, Geldstrafen oder befristete Sperren. Dies ist abhängig von Schwere und Umfang des Verstoßes“, sagt Jochen Breideband, Teamleiter Kommunikationsmanagement beim DFB. „In der jüngeren Vergangenheit hatte es u.a. Geldstrafen gegen die SpVgg Unterhaching und den VfB Lübeck gegeben, als die dortigen Cheftrainer nicht über die erforderliche Lizenz für die 3. Liga verfügten.“
Über 100.000 Euro Strafe?
Welche Sanktion der SSV Ulm erhalten wird, ob Glasbrenner gar eine Chance auf eine vorzeitige Zulassung zur Pro-Lizenz-Ausbildung hat, beantwortet der Verband nicht. „Der Deutsche Fußball-Bund bestätigt, dass im Fall des SSV Ulm 1846 eine Auflage nicht erfüllt wurde. Es handelt sich nun um ein laufendes Verfahren, in dem die Sachverhalte derzeit geprüft und bewertet werden. Im Zuge dessen wird auch eine mögliche Vertragsstrafe eruiert. Weitere Aussagen können zum jetzigen Zeitpunkt nicht getroffen werden.“
Zieht man die Strafe gegen die SpVgg Unterhaching als Grundlage heran, ergibt sich eine sechsstellige Summe. Die SpVgg musste in der Drittliga-Saison 2023/24 eine Grundstrafe von 10.000 Euro berappeln sowie pro Spiel 3.500 Euro zahlen. Bei noch 28 ausstehenden Saisonspielen würde Glasbrenner den Ulmern bei gleicher Bestrafung 108.000 Euro kosten.