Betreuung Eltern haben eine Stellungnahme zu dem entworfenen Sparpaket der Gemeinde abgegeben. Sie finden die Umstellung auf die Ganztagesschule problematisch und fühlen sich stark belastet. Von Mara Lucas
Der Entwurf für das Sparpaket, über das am Donnerstag, 23. Oktober, entschieden werden soll, gefällt einigen Eltern nicht. „Das Konsolidierungspaket erzeugt eine langfristige Belastung für Familien und Kinder, lässt weitere Kürzungen befürchten und bietet weder Planungssicherheit noch echte Familienfreundlichkeit. Die Einführung einer Ganztagesschule bringt weitreichende strukturelle Veränderungen mit sich, die nicht nur den pädagogischen Alltag, sondern auch organisatorische und bauliche Rahmenbedingungen betreffen“, so der Auszug aus dem Fazit ihrer siebenseitigen Stellungnahme. Doch wer hat sich überhaupt zu Wort gemeldet? „Das neue Elternbeiratsgremium für das Schuljahr 2025/26 konnte sich noch nicht konstituieren, da die Wahlen in den Klassen noch nicht abgeschlossen sind. Daher hat sich der bisherige Elternbeirat [....] kurzfristig zusammengesetzt, um diese Stellungnahme zu verfassen“, so die Erläuterung in der Stellungnahme. Die Vertreter der ehemaligen Viertklässler seien nicht mehr dabei.
Die Gruppe bemängelt, dass die Informationen sehr kurzfristig bekanntgegeben worden seien, ebenso die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme. Aus der Stellungnahme der „Elternschaft der Grundschule Eutingen mit Außenstelle Weitingen“ geht auch hervor, dass die Eltern den Umstieg auf die Ganztagesschule fürchten. „Es bedeutet einen großen Einschnitt in das künftige Schulleben, den Schulalltag der Kinder und den Arbeitsalltag der Lehrkräfte sowie der Familien, wenn eine Grundschule zur Ganztagesschule wird.“ Zu Beginn gehen die Eltern darauf ein, welche Maßnahmen sie betreffen und beziehen Stellung.
Sozial gestaffelte Beiträge?
Die Erhöhung aller Elternbeiträge für die Schulkindbetreuung um 10 Prozent spart der Gemeinde zusammen mit der Einrichtung der Ganztagesschule in 2026 6000 Euro, in 2027 rund 56.000 Euro und in 2028 155.000 Euro. Da die von der Gemeinde finanzierte Ganztagsbetreuung in Eutingen dann entfällt, kommen für die drei Jahre zusammen nochmal rund 45.000 Ersparnis dazu. In der Stellungnahme betonen die Eltern, dass sie die Notwendigkeit zu konsolidieren sehen, doch sie bitten um eine „sozialverträgliche Umsetzung“. Die pauschale Erhöhung belaste insbesondere Familien mit mehreren Kindern und geringerem Einkommen. Sie schlagen deshalb vor, zu überprüfen, ob sozial gestaffelte Beiträge möglich wären und wünschen sich eine „transparente Darstellung“, wie die Mehreinnahmen verwendet werden.
Bei der „Mindestbuchung von zehn Kindern die Stunde“, in der Schulkindbetreuung, die der Gemeinde zusammengerechnet auf drei Haushaltsjahre rund 31.000 Euro spart, lautet die Rückmeldung der Eltern, dass dies besonders Eltern treffe, die Schichtarbeit leisten oder in Vollzeit tätig sind. Insgesamt werde das Angebot dadurch weniger verlässlich und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie werde erschwert.
Kein Alarmsystem?
Bei der Streichung des Amokschutzes stellen sie klar, dass sie keine Angst haben, dass es in Eutingen oder Weitingen zu einem Amoklauf komme. Und sie stellen die Frage voran, was der Amokschutz umfasst. Dann bringen sie ihre Definition: „Amokschutz bedeutet, dass wir unsere Kinder sicher wissen, das heißt, dass sie im Schulgebäude sicher sind vor der Einflussnahme von schulfremden Personen.“
Sie loben, dass in Eutingen mit der Installation der Klingel und in Weitingen mit der Abgrenzung der Toiletten der erste Schritt getan wurde. Und rügen: In Weitingen lasse sich die Haupteingangstüre nicht abschließen und in Eutingen gebe es kein verlässliches, schnell funktionierendes Alarmsystem, auch nicht für den Brandfall. Die Eltern betonen in ihrer Stellungnahme: Hierbei handle es sich nicht um individuelle Wünsche von Schule und Lehrern, sondern „um die Umsetzung bewährter Empfehlungen und sicherheitsrelevanter Leitlinien“. Das Streichen des Amokschutzes an der Grundschule spart in 2026 rund 90.000 Euro. Bürgermeister Markus Tideman stellt klar, dass es Rauchmelder gibt, die im gesamten Gebäude alarmieren, spricht sich aber für die Einrichtug eines Amokalarms aus (siehe Infobox).
Ganztagesschule rechtmäßig?
Die meiste Kritik in der Stellungnahme bezieht sich auf die Umwandlung der Grundschule Eutingen in eine Ganztagesschule. Hier bezweifeln die Eltern, dass das juristisch möglich sei. Nur die Hauptstelle in eine Ganztagesschule umzuwandeln, verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Außerdem kritisieren sie, dass eine „verbindliche Ganztagesschule“ die Kinder in ihren Freizeitaktivitäten einschränke und die Eltern zwinge, mehr Betreuung in Anspruch zu nehmen, als sie sich wünschen. Unter einer Ganztagesschule leide auch das Vereinsangebot, Lehrkräfte würden überlastet und die Standortattraktivität sinke. Die Eltern fragen, ob durch die Umstellung nicht neue Kosten entstünden, die die Gemeinde tragen müsse, beispielsweise die Kosten für Mittags- und Frühbetreuung oder bauliche Maßnahmen.
Bürgermeister Markus Tideman stellt auf Anfrage der SÜDWEST PRESSE klar, dass das Konzept des Gemeinderats einen Ganztagsschulbetrieb in Wahlform vorsieht, für den das Land genauso die Kosten trägt, wie für verpflichtenden Ganztagsschulbetrieb. „Grundsätzlich ist die Entscheidung des Gemeinderats eine Richtungsentscheidung, dass er eine Ganztagsschule einrichten möchte. Im Anschluss muss die Gesamtlehrerkonferenz ein pädagogisches Konzept entwickeln, in dem die Ausgestaltung der Ganztagsschule detailliert beleuchtet wird. Mithilfe dieses Konzepts wird dann die Einrichtung der Ganztagsschule durch den Schulträger bei der oberen Schulaufsichtsbehörde beantragt. Nach aktuellem Stand würden wir formal für die Grundschule Eutingen im Gäu eine Ganztagsschule beantragen. Dies umfasst somit unweigerlich die Schulstandorte Eutingen und Weitingen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass in Weitingen nicht genügend Ganztagsschulkinder für eine eigene Gruppe zusammenkommen würden, weshalb der Gemeinderat in seinem Konsolidierungskonzept für Weitingen ein kommunales Betreuungsangebot auf freiwilliger Basis und ohne Förderung des Landes vorsieht“, sagt Tideman und ergänzt: Theoretisch dürften aber auch Kinder aus Weitingen in Eutingen beschult werden, wenn das Kind am dortigen Ganztagsunterricht partizipieren wolle.
Die Einführung einer Ganztagsschule sei sowohl von Seiten der Schulleitung als auch von Seiten der Gemeindeverwaltung nicht die favorisierte Form, da Eutingen im Gäu schon jetzt ein etabliertes Angebot besitzen, das den ab 2026/2027 geltenden Rechtsanspruch bereits weitestgehend erfülle. Die Umstellung auf das Ganztagskonzept bedeute einen erheblichen Mehraufwand für alle Beteiligten. Zudem sei die angedachte Kombination von Ganztagsschule in Eutingen als auch zusätzlicher Ganztagsbetreuung in Weitingen nochmals aufwendiger. Doch trotz dieser Bedenken sei es so, dass die Einsparsumme von grob 150.000 Euro pro Jahr dennoch erzielt werden könnte, da ein Großteil der Personalkosten dann vom Land getragen würde.
Tideman ergänzt: Die Kosten dafür, dass die Gemeinde Aufsichtspersonal fürs Mittagessen stellen muss, sei in der berechneten Einsparsumme bereits enthalten. Und gespart werde auch, da in Eutingen keine kommunale Betreuung zusätzlich angeboten werden müsse, wenn der Anspruch auf Ganztagesschule so ausgestaltet werde, dass der Rechtsanspruch erfüllt sei. Er betont: „Denn eine Ganztagsschule lohnt sich finanziell nur, wenn wir kein kommunales Betreuungsangebot als Ergänzung daneben stellen.“ Bei den Baumaßnahmen stellt er klar, dass ausreichend Räumlichkeiten zur Verfügung stehen und Umbaubedarf auch im Modell der kommunalen Ganztagsbetreuung bestehe. Deswegen seien „etwaige Umbaukosten losgelöst von der aktuellen Debatte zu sehen“.
Angst, noch mehr zu verlieren
In ihrer Stellungnahme verleihen die Eltern auch ihrer Befürchtung Ausdruck, dass ihre Zustimmung zur Ganztagesschule sie nicht davor bewahre, noch mehr zu verlieren. Denn das Lehrschwimmbecken und der Weitinger Standort seien sanierungsbedürftig, im Haushaltsplan seien keine Sanierungskosten eingeplant. Sie fragen: „Kann seitens der Verantwortlichen eine verbindliche Zusicherung zum Fortbestand dieser Angebote gegeben werden?“ Tideman erinnert daran, dass auf der Klausurtagung der Gemeinderat die sofortige Schließung der Außenstelle Weitingen und des Lehrschwimmbeckens abgewendet habe, indem zwei Änderungsanträge beschlossen wurden. Er zitiert: „Im Wortlaut lauten sie: ‚Keine Auflösung Schulstandort Weitingen, solange kein größerer Investitionsbedarf‘ und ‚Keine Schließung Lehrschwimmbecken, solange kein größerer Investitionsbedarf ansteht‘. Hieraus geht hervor, dass der Gemeinderat eine dauerhafte Beibehaltung der Außenstelle und des Lehrschwimmbeckens nicht zusichert, sondern der Weiterbetrieb nur bis auf Weiteres erfolgt.“
Die Eltern sprechen sich dafür aus, zu prüfen, ob alternative Modelle anstatt einer klassischen Ganztagsbetreuung infrage kommen. Das könnten das Model „verlässliche Grundschule“ sein, flexible Nachmittagsbetreuung oder Horte, zählt Viola Koch, Elternbeiratsvorsitzende des bisherigen Gremiums, unter Verweis auf den Flyer des Kultusministeriums auf. Es sei nachvollziehbar, dass die Gemeinde darüber nachdenke, wie sie das bisherige Modell umgestaltet, da sie das stark bezuschusse. Der Staat bezahle bei einer Ganztagsbetreuung die Kosten, das entlaste sowohl die Gemeinde als auch die Eltern und böte Vorteile, so die Weitingerin. Doch es gebe eben ein Risiko: Denn all jene Eltern, die bisher nur für zwei oder drei Tage Betreuung bräuchte, müssten sich dann entscheiden: Partizipieren sie am Ganztagsmodell oder kümmern sie sich eigenverantwortlich um eine andere Betreuungslösung?
Und die Umfrage, die sie anlässlich der Umstellung des Betreuungsmodells gemacht hätten, zeige: Die meisten Eltern brauche nur zwei oder drei Tage Betreuung. Koch berichtet, dass sieben Eltern die Stellungnahme in einem persönlichen Treffen entworfen haben und sechs weitere Mütter oder Väter dieser ihre Unterstützung bekundet haben.
Nadine Zschirpe, stellvertretende Elternbeirätin der Grundschule und Elternbeirat der Awo, stellt klar, dass die Sparmaßnahmen nicht fair für alle verteilt werden, Eltern seien höher belastet. Sie zählt auch: Eltern treffe oftmals auch die höhere Grundsteuer, überall stiegen Gebühren, Vereinsangebote würden in Folge der Sparmaßnahmen wahrscheinlich auch teurer, das Lehrschwimmbecken werde nicht saniert... Sie betont, dass die Gebührenerhöhungen die Eltern schwer treffe, in den letzten fünf Jahren hätten Eltern Preissteigerung von 100 bis 150 Euro pro Monat bei den Kindergartengebühren erfahren. Und die Gebührenumstellung auf das tageweise Modell bei der Awo-Betreuung käme einer versteckten Preiserhöhung gleich. In das Modell sind Anregungen der Eltern eingeflossen.
Aber was ist damit, dass die Kinderbetreuung ein Drauflegegeschäft ist und Verbände eigentlich empfehlen, dass die Elternbeiträge 20 Prozent der Kosten decken? „20 Prozent sind vollkommen utopisch“, so die Rohrdorferin. Sie ergänzt, dass die Elternschaft dem Vorschlag, aufzuzeigen, wo ansonsten gespart werden könnte, gerne nachkommen würden. Doch das könnten sie nicht. Denn es werde bereits überall gespart. Auch Koch bekräftigt: „Wir Eltern können keine Vorschläge geben, weil wir nicht so tief in der Materie stecken.“ Um Geld bei Betreuungskosten zu sparen, könnten Kommunen meist nur auf offenen oder geschlossenen Ganztag umstellen. Und was wäre mit einer Schließung des Weitinger Schulstandorts? „Wir haben uns klar abgestimmt, dass wir uns dazu nicht äußern“, stellt Koch klar. Denn sonst werde der Elternbeirat verantwortlich gemacht, wenn irgendwann die Entscheidung falle, den Weitinger Standort zu schließen. Es sei nicht die Entscheidung der Eltern, so die 44-Jährige, sondern die von Gemeinderat und Schulträger.