Vertrauen ohne Kompetenzgerangel
Schule Julia Helber und Julia Kaplan teilen sich den Rektorinnenposten an der Gemeinschaftsschule Rangendingen-Hirrlingen. Die beiden Pädagoginnen berichten, wie sie das machen.
Julia Helber und Julia Kaplan haben nicht nur den gleichen Vornamen. Sie sind auch zu gleichen Teilen Rektorinnen der Gemeinschaftsschule Rangendingen-Hirrlingen. Vor einem knappen halben Jahr bekamen sie die Ernennungsurkunden, nachdem sie seit August 2024 als kommissarische Schulleiterinnen fungiert hatten.
534 Kinder und Jugendliche der Klassenstufen 1 bis 4 sowie 7 bis 10 besuchen die Joachim Schäfer Schule in Rangendingen. Weitere 100 Kinder (5. und 6. Klasse) gehen in Hirrlingen zur Schule. Beide Schulen zusammen bilden die Gemeinschaftsschule Rangendingen-Hirrlingen. Diese ist schon deshalb eine Besonderheit, als die beiden Schulträger in unterschiedlichen Landkreisen liegen: Hirrlingen ist die kleinste Gemeinde im Kreis Tübingen, Rangendingen gehört zum Zollernalbkreis.
Eine Kaffee-Idee
Als erfolgreiches Duo arbeiten Kaplan und Helber bereits seit August 2023 zusammen. Damals traten sie ihr gemeinsames Amt als stellvertretende Schulleiterinnen der Gemeinschaftsschule Rangendingen-Hirrlingen an, wie heute mit jeweils einer 50-Prozent-Stelle. Die 34-jährige Rottenburgerin Julia Helber erzählt, wie es dazu kam: Sie habe in ihrer Elternzeit bei Julia Kaplan in Mössingen einen Kaffee trinken wollen. „Dabei kam uns die Idee.“
„Wir teilen uns zu gleichen Teilen eine volle Stelle, das ist die Besonderheit“, sagt Julia Kaplan, die ebenfalls Kinder hat. Ein so lupenreines gleichberechtigtes Jobsharing gebe es bei einem Rektorenposten „eventuell noch ein Mal irgendwo“ im Bereich des Regierungspräsidiums Tübingen, so die 41-Jährige. „Da muss man ein blindes Vertrauen zueinander haben.“ Es gehe darum, „auf Augenhöhe gleichberechtigte Entscheidungen zu treffen“, ergänzt Helber. „Kompetenzgerangel“ gebe es bei ihnen nicht, aber sie hätten unterschiedliche Stärken und Schwächen.
Kaplan kam 2013 mit den Fächern Mathe, Informatik und Religion an die Joachim Schäfer Schule. Helber (Physik, Deutsch und Bio) stieß vier Jahre später dazu. Die Rottenburgerin hat Deutsch studiert, sie beschreibt sich als „textaffin, ich lese mich gern in Dinge ein“. Kaplan hat Mathematik studiert, sie mag den Umgang mit Statistiken und den an Schulen so wichtigen Deputaten (der Stundenzahl pro Lehrkraft). „Ich will immer schnell durcharbeiten“, so die 41-Jährige.
Helber nennt sich „eine Perfektionistin“. Kaplan wirft ein: „Ich guck deshalb noch mal drüber, bevor ich was wegschicke.“ Beide Frauen sagen, dass sie sich gut ergänzen. Und dass sie sich gut die Bälle zuspielen können.
Die beiden Frauen haben sich die Arbeit so aufgeteilt, dass Kaplan schwerpunktmäßig für die Klassenstufen 1 und 2 sowie 7 bis 10 zuständig ist. Helber hat dagegen die Klassenstufen 3 und 4 sowie 5 und 6 übernommen, weil sie schon drin war im Thema. Beim Übergang von der Grundschule auf eine weiterführende Schule seien gute Beratungsgespräche und Infoabende wichtig. Die Wahl der Schule „ist für Eltern eine große Entscheidung“, weiß Helber.
Die Entwicklung der Gemeinschaftsschule Rangendingen-Hirrlingen ist gut. 2024 hatte sie noch 470 Schülerinnen und Schüler, jetzt sind es 534. „Es gibt mittlerweile viele Kinder, die bei uns an der Schule bleiben“, so Kaplan, „einmal sogar eine komplette Klasse.“ Laut Helber kommt inzwischen eine große Zahl der Kinder von außerhalb.
Alles ist doppelt
Die Leitung der die Kreisgrenzen überschreitenden Schule sei nicht ganz einfach, sagen die beiden Rektorinnen. Für den Rangendinger Teil ist das Schulamt Albstadt zuständig, für den Hirrlinger Teil das Schulamt Tübingen. Mit den Gemeinden Hirrlingen und Rangendingen haben Kaplan und Helber es mit zwei Schulträgern zu tun, und es sind zwei Gebäude zu verwalten. Kürzlich bekamen beide Standorte einen neuen Computerraum, denn der Bildungsplan sieht Informatik-Unterricht sowohl in den Klassenstufen 5 und 6 als auch in den Stufen 8 und 9 vor. Kaplan: „Das ist alles doppelt.“
Auch privat unternähmen sie vieles gemeinsamen und harmonierten gut miteinander, sagen die beiden Rektorinnen, zum Beispiel bei den Rammertweible der Narrenzunft Dettingen. Einen ernsthaften Konflikt in ihrem Amt als Schulleiterinnen hätten sie einmal gehabt, ganz am Anfang: Damals habe sie, als es in einem Gremium um eine Stellenbesetzung ging, eine Verschwiegenheitserklärung unterschrieben, erzählt Helber. Das habe ihr gegenüber Kaplan einen unguten Wissensvorsprung verschafft.
Das Modell hat einen Nachteil
Die Konsequenz aus dieser Erfahrung: „Bei bestimmten Stellenbesetzungen sitzen wir beide drin im Gremium oder keine“, sagt Kaplan. „Wir wollen gemeinsam wie eine Person behandelt werden.“ Bei der Besetzung ihrer eigenen Stelle habe es zwar auch Gegenstimmen gegeben, „aber wir hatten viele Fürsprecher“, so Helber. „Sie fanden, dass die geteilte Rektorinnenstelle ein sehr fortschrittliches Modell ist.“ Kaplan verschweigt nicht, dass das 50:50-Modell auch einen Nachteil hat: „Wenn eine von uns aufstocken würde, um wieder mehr zu arbeiten, müssten wir uns trennen.“
Zum Unterrichten kommen die beiden Pädagoginnen vor lauter Verwaltungsarbeit kaum noch. Helber unterrichtet wöchentlich drei Schulstunden Physik, Kaplan gibt drei Stunden Wirtschaft. „Der Schülerkontakt im Unterricht oder in den Pausen fehlt uns schon, das hat man im Rektorat leider nicht mehr so“, sagt Julia Kaplan. Umso mehr freut sich Julia Helber, dass neulich zwei ehemalige Schülerinnen unvermittelt zu Besuch kamen, um zu schauen, wie es so geht. „Man ist ein prägendes Element im Leben der Jugendlichen, das ist schön.“
Wir wollen gemeinsam wie eine Person behandelt werden. Julia Kaplan Co-Rektorin