„Ein riesigerFortschritt“

  • Nahost-Expertin Muriel Asseburg. Foto: Stiftung Wissenschaft und Politik

Die Einigung auf die Freilassung der israelischen Hamas-Geiseln ist nur ein erster Schritt, sagt Nahostexpertin Muriel Asseburg. Sie ordnet ein, wie es jetzt weitergehen muss – und welche Rolle US-Präsident Donald Trump dabei spielt.

Die Nahostexpertin Muriel Asseburg von der Stiftung Wissenschaft und Politik sieht nach der Gaza-Einigung noch große Hürden.

Frau Asseburg, rechnen Sie damit, dass nun tatsächlich Frieden zwischen Israelis und Palästinensern einkehrt?

Muriel Asseburg: Auch wenn US-Präsident schon vom „ewigen Frieden“ spricht: Wir sind noch sehr weit entfernt von einem Frieden oder auch nur einem Prozess, der auf eine friedliche Einigung zwischen Israelis und Palästinensern ausgerichtet ist. Was derzeit verhandelt wird, ist ja ein Ende des Krieges im Gazastreifen. Vom Westjordanland ist in Trumps 20-Punkte-Plan zum Beispiel gar nicht die Rede und für den weiteren Prozess gibt es nur eine vage Orientierung, keine konkreten Vorkehrungen.

Wo sehen Sie echte Fortschritte?

Immerhin gibt es nun erste konkrete Vereinbarungen für einen Geisel-Gefangenen-Austausch, eine Waffenruhe, einen israelischen Teilrückzug und humanitäre Hilfe. Das allein ist ein riesiger Fortschritt nach zwei Jahren Krieg, Zerstörung und Leid. Die weiteren Schritte, die es braucht, um zu einem Ende des Krieges zu kommen, die Situation dauerhaft zu stabilisieren und einen Wiederaufbau in Gaza einzuleiten, sind im Trump-Plan nur umrissen. Sie müssen jetzt ausbuchstabiert, operationalisiert und umgesetzt werden. Dazu gehört die Einrichtung eines unabhängigen palästinensischen Technokratenkomitees und eine internationale Präsenz.

Erwarten Sie, dass die Hamas sich entwaffnen lässt?

Das Umfeld für die Hamas hat sich entscheidend verändert, seitdem nicht nur Israel und der Westen, sondern auch arabische Staaten, inklusive Katar, und die Türkei auf eine Entwaffnung drängen. Unter diesem Druck hat die Hamas-Führung nicht mehr viel Spielraum und hat signalisiert, dass sie unter gewissen Umständen bereit ist, zumindest die größeren Waffen abzugeben. Dafür möchte sie auch die Unterstützung der anderen palästinensischen Gruppierungen haben. Noch ist nicht ausverhandelt, wie genau das umgesetzt werden kann: An wen werden welche Waffen abgegeben? Gibt es im Gegenzug Garantien für einen vollständigen israelischen Abzug aus dem Gazastreifen? Gibt es die Möglichkeit für verbleibende Hamas-Kader, den Gazastreifen sicher zu verlassen? Heute erscheint es zumindest nicht mehr unmöglich, dass dafür Einigungen gefunden werden können.

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