„Scheitern gehört zum Leben eines jeden Menschen dazu“

  • Peter Rosenberger saß in seinem Büro im Rathaus selten am Schreibtisch, sondern lieber am Tisch. Am heutigen Freitag ist auch damit Schluss. Er wird seinen Büroschlüssel abgeben. Foto: Dagmar Stepper

Abschied vom Amt Nach 16 Jahren an der Horber Stadtspitze wird Peter Rosenberger zum Privatmenschen. Über die Höhen und Tiefen des Amts spricht er im zweiten Teil des Interviews.

Heute ist der letzte Arbeitstag von Oberbürgermeister Peter Rosenberger. Er wird im Rathaus Hände schütteln, seinen Büroschlüssel abgeben, sich von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verabschieden. Außerdem ist heute die Lange Nacht der Lichter in Horb. Sie zu eröffnen, wird Rosenbergers letzte Amtshandlung als Oberbürgermeister sein. 16 Jahre war er an der Stadtspitze, im zweiten Teil des Interviews mit der SÜDWEST PRESSE spricht der 53-Jährige über die Höhen und Tiefen seines Amtes und über sich als Privatmensch.

Die unerreichte schwarze Null: Wie schmerzhaft ist eine Haushaltsstrukturkommission?

Wir haben ja die Schwarze Null mal geschafft, das war ein tolles Gefühl. Vor allem auch, wie sich Horb als finanzschwache Stadt aus der Weltwirtschaftskrise 2008 herausgearbeitet hat. Aber es ist eben ein Auf und Ab, diese Wellen sind einfach da, sie kommen und gehen und es war nur logisch, dass es auch wieder anders sein wird. Diese aktuelle Phase mit der Rezession ist nun extrem, aber nach dem tiefen Tal kommt auch wieder der hohe Berg. Das ist die Hoffnung und ohne Hoffnung braucht man nicht zu arbeiten.

Schließung des Spitals, der Geriatrischen Reha, Kostenexplosion beim Freudenstädter Krankenhaus, Kinderarzt-Mangel: Viele Negativschlagzeilen in der medizinischen Versorgung ...

Beim Aufräumen habe ich in meinem Büro das Schild „Pro Krankenhaus Horb“ entdeckt, mit dem wir damals für den Erhalt gekämpft haben. Ich war damals zweiter Vorsitzender der Bürgerinitiative. Wir waren bekanntlich nicht erfolgreich. Aber es ist ein gutes Beispiel, wie sich Dinge ändern. Die Stadt hat eigentlich nichts zu tun mit der medizinischen Versorgung, das obliegt den freien Medizinern und dem Landkreis. Aber jetzt wird auf einmal auf das Rathaus geschaut. Das alles ist nicht unsere Aufgabe, noch nie gewesen, aber inzwischen ist es fast schon Standard in allen Kommunen, dass sie sich kümmern. Dass wir uns bemühen, Rahmenbedingungen zu schaffen, um Ärzte anzulocken und zu halten.

Die Windkraft ist eines der Themen, das Sie ebenfalls die ganze Zeit über begleitet hat. Sie sind ein bekennender Anhänger.

Wir brauchen einfach eine Chance, Geld zu verdienen und diese Chance zwei Millionen Euro jährlich einzunehmen, wird uns gerade eröffnet. Wir kriegen Windräder in der Stadt, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Es ist nur die Frage, wer macht Kasse und wer nicht. Entweder stehen sie auf privaten Flächen, wo nur der Eigentümer daran verdient, oder sie stehen auf städtischer Fläche und wir können damit die Kinderbetreuung stärken, wir können damit Straßen und Schulen bauen. Und wir kommen dem Ziel der klimaneutralen Kommune einen bedeutenden Schritt näher.

Es gibt ja auch die Momente, wo etwas vorangeht. Dazu gehören Spatenstiche. Wie viele waren es in Ihrer Amtszeit?

Zehn in einem Jahr? Aber da sprechen wir von unseren Spatenstichen, wir werden ja auch zu vielen eingeladen. Aber ja, es sind schöne Momente, weil von der Idee bis zum Spatenstich ist es meistens ein langer Weg, dem man die ganze Arbeit nicht ansieht. Und dann entsteht etwas Neues, vielleicht mit Arbeitsplätzen, das ist ja unser Ziel. Herausragend sind natürlich die Hochbrücke, das Kasernenareal, das Feuerwehrzentrum.

Und was waren die schönsten Augenblicke in Ihrer 16-jährigen Amtszeit?

Wenn man gemeinsam feiert. Also erstmal feiere ich sehr, sehr gerne. Ich fand es toll, wie die Bürger mitgegangen sind, als Michael Jung die erste olympische Goldmedaille gewonnen hat oder das HOR-Kennzeichen zugelassen wurde. Und natürlich die Gartenschau, da ist so ein richtiges Wir-Gefühl entstanden. Und persönlich: Ich bin in Horb zweimal Papa geworden.

Nicht OB von Mannheim, nicht Landrat in Esslingen: Gehört Scheitern zum Leben eines Politikers dazu?

Scheitern gehört zum Leben eines jeden Menschen dazu. Aber es macht etwas mit einem, vor allem wenn das Scheitern öffentlich ist. Wobei ich Mannheim überhaupt nicht als Scheitern sehe, ich habe das als persönlichen Erfolg gesehen. Du bist in ein Rennen gegangen, in dem du wenig Chancen hattest und hast ein echt gutes Ergebnis erzielt, also da war ich sogar stolz auf mich. Aber wenn dann das Kind aus der Schule heimkommt und fragt: „Papa, wieso bist du ein Loser?“ Dann weiß man, dass zu Hause die Eltern darüber gesprochen haben. Und da könnte man jeden einzelnen Menschen mal fragen: Wie oft hast du dich schon mal irgendwo beworben und bist nicht genommen worden?

Sie sind ja erst 53 Jahre alt. Wo dürfen wir in Zukunft den Namen Peter Rosenberger lesen?

Auf dem Klingelschild an meinem Haus in Bildechingen (er lacht). Nein, als Kreisrat bin ich ja noch gewählt und damit bin ich auch weiterhin im Regionalverband. Und hab da schon so ein paar kommunalpolitische Ämter, die ich auch im Namen der Stadt weiter begleiten will. Da will ich auch weitermachen, solange meine Expertise gewünscht wird. Aber ab dem 11. Oktober bin ich Privatmensch.

Taucht Ihr Name vielleicht bei der CDU im Landtagswahlkampf auf?

Am 8. März sind Landtagswahlen und ich bin gern Wahlkämpfer für eine gute Sache. Ich bin ein Unterstützer von Manuel Hagel, weil ich glaube, dass es dem Land guttut, wenn wir wieder jemand junges und dynamisches als Spitzenkandidaten haben.

Was geben Sie der neuen Stadtspitze mit auf den Weg?

Ich wünsche Michael Keßler und Ralph Zimmermann, dass sie gut miteinander können. Das ist nämlich ganz wichtig, dass man als ein Team agieren kann und da muss man sich gegenseitig vertrauen können. Und ich wünsche ihnen Ausdauer, vor allem Gesundheit, ein glückliches Händchen, das braucht man ab und zu, und ganz viele wohlwollende Unterstützer. Meine Schützenhilfe braucht Michael Keßler nicht, aber ich flankiere gerne, wenn er fragt. Ich bin ja nicht weg.

Sie bleiben Horb erhalten: Was wünschen Sie sich als ganz normaler Bürger, was werden Sie mit Interesse verfolgen?

Mich interessiert, was weiterhin passiert. Ich werde nur die Perspektive wechseln und eine andere Brille aufhaben. Ich hoffe auf eine ganz tolle Ortsdurchfahrt, das muss ein ganz großer Wurf werden. Weil sich mit der Fertigstellung der Hochbrücke so viele Chancen für die Altstadt ergeben.

Was haben Sie sich jetzt auch noch vorgenommen: Eine Weltreise, einen Marathon laufen, ein Buch schreiben?

Ein Buch werde ich bestimmt nicht schreiben. Das ist ja heutzutage schon inflationär, mit 27 Jahren seine Memoiren zu schreiben. Aber ich bin tatsächlich Camper geworden. Ich habe seit letztem Jahr ein gebrauchtes Wohnmobil, das hätte ich mir früher nie vorstellen können. Ich habe das immer eher belächelt. Jetzt habe ich es ausprobiert und es gefällt mir. Da kann ich entspannen und Kraft schöpfen.

VORHERIGER ARTIKEL NÄCHSTER ARTIKEL