Wettkampf Tina Föhre-Scheller arbeitet bei Bosch Tiernahrung in Wiesenbach und ist Weltmeisterin im Staplerfahren. Gerade tritt sie bei der WM in Aschaffenburg an. Woher kommt die Faszination?
Die aufgestapelten Gitterboxen, Holzpaletten und Kunststoffkisten überragen inzwischen den kleinen Frontelektrostapler, mit dem Tina Föhre-Scheller durch die Halle des Tiernahrungsherstellers Bosch in Blaufelden-Wiesenbach fährt. Den ungewöhnlichen Turm hat sie selber mit dem Gabelstapler zusammengestellt. Auf ihrem Handy hat sie ein Foto von einem anderen Kunststück. Das Bild zeigt die Spitze einer Stapelgabel, auf der ein Miniatur-Gabelstapler steht. An dessen magnetischen Gabeln bleiben Schrauben hängen, die Tina Föhre-Scheller hin und her räumt, indem sie ganz, ganz sachte den echten Gabelstapler bewegt.
Solche Dinge übt sie eigentlich immer nach Feierabend. In den letzten Tagen hat sie fürs Training aber extra freibekommen: Die 45-Jährige aus Rothenburg ob der Tauber ist seit 2024 Weltmeisterin im Staplerfahren und tritt in diesem Jahr wieder bei der „Forklift World Championship“ in Aschaffenburg an. Der StaplerCup läuft seit Donnerstag, 23. Oktober, bis Samstag, 25. Oktober.
Viele Möglichkeiten zu arbeiten
„Es ist spannend, die haben eine Menge Fantasie“, sagt sie, als sie an die Disziplinen bei der Weltmeisterschaft denkt: Parcours mit Slalom und Hindernissen, unebene Fahrflächen, Wippen oder Türmebauen. Welche Aufgaben sie wohl in Aschaffenburg bewältigen darf? „Wir sollen irgendwie Golf mit dem Gabelstapler spielen.“ Zumindest habe sie das in einem Teaser auf Instagram erkannt.
„Schon als ich zum ersten Mal im Gabelstapler saß, wusste ich: Das ist meins.“ An dieses erste Mal erinnert sie sich noch gut. Es war in der Zeit, als sie gerade erst bei Bosch angefangen hatte. An einem Tag war der Gabelstaplerfahrer nicht da, obwohl er dringend gebraucht wurde. „Ich habe ihm oft vorgehalten: Ich würde gern fahren, aber ich kann ja nicht. Dann hat er mir den Schlüssel vor die Füße geworfen“, erzählt Tina Föhre-Scheller und lacht.
Sie machte ihren Staplerschein und packte in den folgenden 25 Jahren in der Firma an – ihr Lieblingsfahrzeug begleitete sie die meiste Zeit über. „Gabelstapler sind wirklich meine Leidenschaft. Sie bieten unendlich viele Möglichkeiten, Dinge zu erledigen.“ Die Fahrzeuge könne man sehr vielfältig einsetzen.
Das passt zur Fahrerin, denn Tina Föhre-Scheller beschreibt sich selbst als einen Menschen, der Abwechslung braucht: „Ich bin einfach experimentierfreudig.“ Die 45-Jährige hat schnell herausgefunden, wie sie mit dem Gabelstapler Aufgaben meistern kann, für die andere lieber absteigen würden. Zum Beispiel, eine umgefallene Palette wieder aufzurichten. Das funktioniert gut, „wenn man mit Gefühl rangeht“. Oder schwere Traglasten auf der Gabel auszubalancieren.
Natürlich passieren auch Fehler. „Aber die macht man dann nur einmal“, stellt sie klar. Bei ihrer ersten Fahrt mit dem Hochstapler – „meinem Lieblingsgabelstapler“ – hat sie die Länge der Gabel unterschätzt und damit zwei Gitterboxen umgestürzt. „Danach weiß man‘s aber. Ich bin jemand, der aufpasst.“
Vor knapp sechs Jahren trat sie auf ihrem ersten Wettkampf an: die Qualifizierungsrunde in Neckarsulm für die deutsche Meisterschaft. Es folgte fast jährlich ein weiterer Qualifizierungswettkampf. „Man trifft dort auf lauter Leute, die genauso ticken, wie man selber“, freut sich Tina Föhre-Scheller. Jetzt zieren einige Pokale die Regale bei ihr daheim. „Ich hab auch überall Gabelstapler-Modelle herumstehen.“ Sie lacht. „Das gehört halt dazu.“
Herausforderung angenommen
Im vergangenen Jahr gewann sie die Gabelstapler-Weltmeisterschaft der Frauen. „Das hatte ich nicht erwartet. Ich war total überwältigt. Es war ein Hammer-Gefühl“, schwärmt sie. Wie sie auf die bevorstehende Weltmeisterschaft blickt? „Ich freue mich darauf, ich mag Herausforderungen.“ Aufgeregt sei sie aber trotzdem jedes Mal. „Auf der Arbeit schaut mir niemand auf die Finger. Bei der WM und bei der deutschen Meisterschaft sehen tausend Leute und Kameras zu. Das macht es schwieriger.“ Bevor der Wettkampf losgeht, helfe es ihr, zu beten. „Ich glaube, dass Gott mit mir ist“, sagt sie. Außerdem begleiten sie ihr Mann und ihre 18-jährige Tochter gerne zu Wettkämpfen.
In Aschaffenburg geht sie sowohl fürs Team Deutschland als auch einzeln an den Start. „Unter uns Kontrahenten ist es eine freundliche Atmosphäre. Es ist kein Gegeneinander, man freut sich miteinander. Es ist wie eine große Familie, alle haben die gleiche Leidenschaft.“ Tina Föhre-Schellers zweite Leidenschaft neben dem Staplerfahren ist ihr Engagement als Pfadfinderin bei den Royal Rangers. „Ich mag Outdoor und die Arbeit mit Kindern.“