Wenn die digitale Zukunft nur tröpfelt

Bad Urach Der Breitbandausbau in den Teilorten kommt nur schleppend in Gang. Immerhin sind Tiefbauarbeiten jetzt in Aussicht. Wie lange sich Anwohner noch gedulden müssen.

In diesem Jahr sollten die schnellen Breitbandnetze in Sirchingen nach der bisherigen Planung eigentlich übergeben werden. Ortsvorsteherin Dorothea Koch sprach bei der Vorstellung des Zeitplans Ende 2022 (damals noch durch „Komm.Pakt.Net“), erleichtert vom Licht, das am Ende des Tunnels zusehen sei. Inzwischen hat die OEW Breitband GmbH, ein Unternehmen der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke, die bestehenden Verträge und Aufgaben von „Komm.Pakt.Net“ übernommen, der Tunnel derweil scheint noch längst nicht durchschritten. An den sogenannten weißen Flecken, die in Sirchingen mit 209 Haushalten noch relativ häufig anzutreffen sind, hat sich seither wenig bis nichts getan. Heißt: Die digitale Zukunft tröpfelt hier bei Bandbreiten unter 30 MBit/s allenfalls aus der Leitung.

Kommunal statt privat

Gefördert wird der Breitbandausbau zu 50 Prozent vom Bund und zu 40 Prozent vom Land. Die letzten zehn Prozent übernimmt die OEW als kommunal getragenes Unternehmen. Es wurde ins Leben gerufen, um die Anträge auf Fördermittel, die Ausbauplanung und den Ausbau der Breitband-Infrastruktur aus einer Hand zu realisieren. Die Landesregierung Baden-Württemberg unterstützt Kommunen dort, wo sich für private Unternehmen der Ausbau der Netzinfrastruktur nicht lohnt. Dies ist besonders in Gemeinden mit geringer Einwohnerdichte und Zentralität der Siedlungen, wie etwa in Sirchingen und in Teilen von Hengen und Wittlingen, der Fall.

Doch wie so häufig steckt der Teufel im Detail. Markus Schell, Kommunalberater der OEW, stand kürzlich dem Bad Uracher Gemeinderat Rede und Antwort und rekapitulierte den Stand der aktuellen Dinge. Zunächst hätten sich Verzögerungen ergeben, weil im Jahr 2022 der Netzbetrieb neu ausgeschrieben werden musste. Zudem sei es zu starken Verzögerungen gekommen, da Telekommunikationsunternehmen trotz mehrfacher Nachfrage erst verspätet Rückmeldungen zu unterversorgten Adressen geliefert hätten. Im März 2024 konnte dann ein neuer Förderantrag auf Basis der aktuellen Adresslage abgegeben werden. Die Bewilligung sei jedoch erst ein Jahr später eingetroffen, so Schell. Die erneute Versorgungsabfrage bei privaten Telekommunikationsunternehmen traf demnach erst im Juni 2025 ein, weshalb man erst danach an die finale Umplanung gehen konnte.

Baustart Mai 2026?

In der Zwischenzeit sei aber die Planung durch das Unternehmen „Geo Data GmbH“ abgeschlossen und die Ausschreibungen der Tiefbauarbeiten werden jetzt auf den Weg gebracht. Im Ergebnis bedeutet das, dass mit einem Start der notwendigen Bauarbeiten zur Verlegung der schnellen Leitungen in den betroffenen Teilgebieten Sirchingens nicht vor Mai 2026 zu rechnen sei.

Hat man es in Sirchingen hauptsächlich mit weißen Flecken zu tun, sind es in Hengen und Wittlingen hellgraue Flecken, die es abzudunkeln gilt. Dort steht eine Bandbreite zwischen 30 und 100 Mbit/s zur Verfügung. Zum Vergleich: Von schwarzen Flecken spricht man, wenn die Infrastruktur beziehungsweise die Bandbreite eine Übertragung von einem Gbit/s erlauben würde. Befindet man sich in Sirchingen also noch in der Phase der Ausschreibung, ist man in Hengen und Wittlingen bereits einen Schritt weiter. Nach Informationen von Schell wird hier das beauftragte Unternehmen „Aytac Bau GmbH“ die Tiefbauarbeiten voraussichtlich Anfang November aufnehmen, beginnend mit den Außentrassen. Erst, wenn die dortigen Arbeiten abgeschlossen sind, ist die Kernstadt an der Reihe.

Ausbau dauert bis zu zwei Jahre

Wie lange der Ausbau der digitalen Infrastruktur in Sirchingen dauern werde, wollte Uwe Failenschmid (FWV) wissen. Er, Schell, veranschlage erst einmal zwei Jahre, „aber ich gehe davon aus, dass es schneller gehen wird“. Es werde zu diesem Thema auch noch eine Infoveranstaltung geben, kündigte er an. Anwohner der betroffenen Gebiete in Sirchingen, Hengen, Wittlingen oder der Kernstadt werden also noch mit dem Status quo und damit mit der nur träge tröpfelnden digitalen Zukunft leben müssen.

Kirche kämpft gegen Bedeutungsverlust

Stadtgespräch In der Rathausapotheke wurde offen über die Zukunft und die Bedeutung der Kirche diskutiert.

Bad Urach. Die Kirche wird in den nächsten Jahren kleiner - auch in Bad Urach. Da waren sich alle einig beim Stadtgespräch „Zukunft der Kirche – wohin geht’s?“ Und das sei mit einem Bedeutungsverlust verbunden. „Die Welt dreht sich nicht mehr um uns“, sagte der Landessynodale Michael Schradi.

Von einigen Lichtblicken wussten hingegen die Kirchengemeinderätinnen Andrea Schwenkel und Maike Herrmann, zu berichten, die zusammen mit Thomas Hackl (Vikar), Uthe Scheckel (Gemeinderätin) und Michael Schradi (Landessynodaler) auf dem Podium saßen, dass von Veronica Zwink und Albert Ebinger moderiert wurde.

Die „Atempause“, ein offenes Angebot in der Rathausapotheke, gehört ebenso dazu wie „Zeiten der Begegnung“, das sich eher an die ältere Generation wendet und der „Anders Feiern Gottesdienst“ im Bonhoeffer-Haus, der vor allem von jungen Familien besucht wird. All diesen Formen ist gemeinsam, dass sie sehr stark vom ehrenamtlichen Engagement leben, darauf weisen Schwenkel und Herrmann hin. „Kirche wird gebraucht“, sagen sie, damit zum Beispiel Menschen eine Stimme bekommen, die keine haben und Kinder und Jugendliche den Zugang zum Evangelium finden. Dafür wollen sie sich einsetzen, deswegen kandidieren sie auch erneut für den Kirchengemeinderat, der am 30. November gewählt wird.

Ehrenamtlichkeit ist ein Aspekt, der eng verknüpft ist mit der Zukunft der Kirche, wenn Pfarrerinnen und Pfarrer weniger werden. Woher aber kommen diese Personen, wenn die Anzahl der Kirchenmitglieder weiter zurückgeht? Wie können sie qualifiziert werden? Und wie können sie bei Problemen unterstützt werden?

Thomas Hackl hat da klare Vorstellungen. Vermehrt sei es die Aufgabe von Pfarrerinnen, Potenziale bei Gemeindemitgliedern zu erkennen, sie zu fördern und sie zu befähigen, selbst tätig zu werden. Das hat eine lange Tradition in der evangelischen Kirche. Das Priestertum aller Gläubigen wurde bereits von Martin Luther beschworen, darauf wies Schradi hin.

Die Botschaft, also das Evangelium weiterzugeben, da ist sich Hackl seiner Sache sicher, hat bereits das Potenzial, die Dinge zum Guten zu wenden. Nächstenliebe gehört für Uthe Scheckel dazu „als Gegenpol zu reiner Macht und Autokraten“. Kirche müsse sich auch gesellschaftspolitisch einmischen, betont sie: „Das sehe ich anders als Julia Klöckner.“

Schradi und Scheckel sehen die Kirche ebenso gefordert, sich rechtsextremen Tendenzen entgegenzustellen, und zwar auf allen Ebenen, auch vor Ort in den Kirchengemeinden. Das Wort des württembergischen Landesbischofs Gohl, dass die AfD für Christen und Christinnen nicht wählbar sei, könne nur der Anfang sein.

Auf der Suche nach dem Vertrauensverlust der Kirche komme man an dem Thema „sexualisierte Gewalt“ nicht vorbei. „Da sind Menschen zerbrochen, die nie wieder aufrecht gehen können und ganz viele haben weggesehen“, sagte Schradi. Eine ehrliche Aufarbeitung und Prävention wurde angemahnt.

Ein Blitzlicht warf Pfarrerin Katja Pfitzer auf die Seelsorge. Eine ureigene Kompetenz der Kirche, die eher im „Verborgenen“ stattfindet. „Da ist Kirche nach wie vor gefragt“, so Pfitzer. Immer wieder wenden sich Menschen in Krisensituationen an sie, bei Krankheit, Trauer, Trennung vom Partner oder Partnerin. In diesen oft schweren und belastenden Situationen ist Empfindsamkeit gefordert, „man muss zuhören können. Aber es gilt auch Ressourcen zu finden, die dem Menschen helfen, gut mit dieser Situation umzugehen“, so Pfitzer. Nicht immer gelinge das und so brauche es auch eine gesunde Distanz.

Aus der anschließenden Plenumsrunde kamen ganz konkrete Vorschläge, wie sich Kirche vor Ort weiterentwickeln kann. Ein Vorschlag war die sogenannte „Winterkirche“. Dort wird nur ein Drittel der Kirche genutzt.

Zur Form des Gottesdienstes gab es die Anregung, statt der Predigt einen Impuls zu geben, wozu die Gemeinde ins Gespräch kommen solle. Eine Zuhörerin bat darum, in der Amanduskirche weniger von der Kanzel zu predigen.

Und immer wieder wurde der Wunsch nach mehr Gemeinschaft geäußert. Bunt und vielfältig solle die Kirche der Zukunft sein. Etwas, was die Teilnehmer auf dem Podium mit den Zuhörern teilten.

Erfolgsautor gastiert in Schlossmühle

Literatur In der Stadtbücherei ist am Dienstag eine Lesung mit Stern-Reporter Jan-Philipp Sendker.

Bad Urach. Am Dienstag, 14. Oktober, stellt Jan-Philipp Sendker seinen neuen Roman „Akikos lange Reise“ vor. Die Lesung beginnt um 19.30 Uhr in der Stadtbücherei Schlossmühle.

Akiko hat sich getraut, wovon andere in ihrer Firma kaum zu träumen wagen: Ihren sicheren und gut bezahlten Job zu kündigen. Seitdem ist sie frei – und erst einmal orientierungslos. Akiko macht sich allein auf die Suche nach ihrem Vater, der die Familie kurz nach ihrer Geburt verließ. Sie reist in das ländliche Japan, weit weg von der pulsierenden Großstadt Tokio. Akikos Reise ins ländliche Japan enthüllt die Stärke, die in ihren Wurzeln liegt – und die Überraschungen, die auf dem Weg liegen.

Jan-Philipp Sendker war viele Jahre Amerika- und Asienkorrespondent für den „Stern“. Nach einem weiteren Amerika-Aufenthalt kehrte er nach Deutschland zurück. Sein erster Roman „Das Herzhören“ wurde zum Bestseller und machte Sendker über die Grenzen Deutschlands hinweg bekannt. Mit „Akikos stilles Glück“ wechselte er den Schauplatz nach Tokio. Mit weltweit über 4 Millionen verkauften Büchern ist er einer der aktuell erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren. Er lebt mit seiner Familie in Potsdam.

Info Karten und Informationen zur Veranstaltung erhält man in der Stadtbücherei Schlossmühle, Telefon (0 71 25) 15 65 80 oder in der Buchhandlung am Markt, Telefon (0 71 25) 1 40 16.

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