Die Renaissance der Feldkreuze

  • Das Feld- oder auch Wegkreuz an der Landstraße zwischen Stetten und Burladingen (bei der Schutzhütte) wurde neu aufgestellt. Eine stattliche Zahl von Mitbürgerinnen und Mitbürger nahmen an der Weihe teil. Was neuerdings überraschenderweise gar keine Seltenheit ist. Die „Wegzeichen“ des Glaubens erfahren allerorten eine neue Wertschätzung, weiß Pfarrer Sigmund Schänzle als ein Fachmann auf diesem Gebiet. Privatfotos
  • Schutz und Segen, für alle, die hier innehalten. Matthias Badura

Dieser Tage wurde in Stetten ein Feldkreuz errichtet und geweiht. Auf der Alb kein ganz ungewöhnlicher Vorgang, aber in einer Zeit, in der sich immer mehr Menschen vom Glauben abzuwenden scheinen, eher doch ein Kuriosum?

Nein, sagt der Zwiefaltener Pfarrer Sigmund Schänzle, der die Weihe vornahm. „Flurkreuze und Bildstöcke erleben seit einigen Jahren eine gewaltige Renaissance. Wir stellen fest, dass diese Wegzeichen an Wegrändern, Weggabelung oder exponierten Orten wieder renoviert und gepflegt, teils neu errichtet werden.“

Der Geistliche muss es wissen, denn er gehört als Stiftungsrat der 2006 gegründeten Stiftung „WegZeichen - LebensZeichen - GlaubensZeichen“ der Diözese Rottenburg-Stuttgart an. „Es geht uns darum, die Wegzeichen, die in der Natur stehen, wieder in den Blick zu nehmen. Und zu fragen, warum sie aufgestellt wurden – als Bitte um Segen oder, um an ein Unglück zu erinnern, das sich an der Stelle ereignete. Diese Symbole sind Zeugnisse bäuerlicher Kulturlandschaft und tiefer Volksfrömmigkeit, sie spiegeln die Suche nach dem Schutz Gottes und erzählen Lebensgeschichten.“

Der Pfarrer macht in dem Zusammenhang auf die jüngeren Kleinkreuze aufmerksam, die man heute vielerorts an Autostraßen sieht – dort wo jemand bei einem Autounfall ums Leben kam. Schänzle bezeichnet sie als „moderne religiöse Wegzeichen.“ „Zugleich wollen die Menschen damit ihren Glauben ausdrücken. Aus dem Grund unterstützt unsere Stiftung solche Projekte, etwa auch Stelenwege, die an vielen Stellen entstehen.“

Opfer von Zerstörungswut

Andererseits: Die Symbole, die zum Innehalten und Nachdenken einladen, seien auch der Zerstörungswut und Vandalismus ausgesetzt. „Sie stellen scheinbar eine Provokation für manche Leute dar. Aber ich halte es in unserer zunehmend säkularen Gesellschaft für wichtig, solche christlichen Zeichen zu setzen.“ Deshalb sei er gerne nach Stetten gekommen, „weil es mich freut, dass junge Menschen den Mut haben, solche Zeichen zu setzen.“

Zur Geschichte in Stetten. Ein das ursprünglich an derselben Stelle stand, wurde von den Brüdern Anton, Franz und Fidel Schäfer errichtet. Der Anlass und der genaue Zeitpunkt sind leider nicht mehr feststellbar.

Nachdem dieses Flurkreuz bei einem Autounfall zerstört wurde, erneuerten es die Geschwister Schäfer. 2019 ließ der 2020 verstorbene Fidel Schäfer noch eigens eine Eiche fällen und einlagern, damit das Kreuz ein weiteres Mal erstellt werden kann.

Nach seinem Tod im Jahr 2020 übernahm Familienmitglied Michael Speidel die Verantwortung und führte Schäfers Wunsch bis zur Vollendung aus. So wurde in diesem Frühjahr das eingelagerte Eichenholz im Burladinger Zimmereibetrieb Scheu zugesägt. Zimmermann Thomas Ruf fertigte daraus das jetzt eingeweihte Kreuz. Zum Schutz des Korpus vor Witterungseinflüssen brachte zudem der Stettener Flaschner Harald Arnold ein Kupferdach an. Mit Unterstützung zahlreicher Helfer, Gönner sowie des Landwirts Elmar Heinzelmann konnte das Glaubenssymbol schließlich aufgerichtet werden.

Noch lange gefeiert

Weil es nicht nur ein würdiger, sondern ein freudiger Anlass war, feierte man nach der Weihe, der viele Stettener Mitbürgerinnen und Mitbürger beiwohnten noch lange und ausgiebig in gut gestimmter Runde.

Warum vollzog Sigmund Schänzle den geistigen Akt? Nicht so sehr, weil er als Mitglied seiner Stiftung als Fachmann gelten darf. Vielmehr kam die Verbindung zwischen dem Geistlichen, der daheim in Zwiefalten zwölf Gemeinden betreut, und Stetten durch persönliche Verbindungen zustande. Schänzle und Michael Speidel (siehe oben) sind langjährige Jagdkameraden.

Ja, auch Schänzle geht auf die Pirsch. Für ihn als Priester stellt das keinen Widerspruch dar. „Es geht bei der Jagd nicht darum, irgendwelche Streckenlisten zu steigern und wild um sich zu schießen, es geht um Hege und Pflege des Wildbestandes und darum, die Schöpfung zu bewahren und sie wertzuschätzen.“

Schänzle erinnert an den Heiligen Hubertus und die sich um ihn rankende Legende: „Hubertus war auch Jäger – und er hat den Hirsch bei dieser Begegnung eben nicht geschossen!“

Volksfrömmigkeit In Stetten wurde ein Kreuz neu errichtet und geweiht. Ein altertümlicher Brauch? Nein, sagt der Zwiefaltener Münsterpfarrer Sigmund Schänzle, der die Zeremonie vornahm.

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