Posse Unternehmer Herrenknecht verteidigt, dass er Pflanzkübel an seinem Firmensitz entfernen ließ. Es fallen auch Kraftausdrücke.
Ja, sagt Martin Herrenknecht, er sei stur. Und: „Ich hab’ die Schnauze voll. Wir reden über Bürokratieabbau – und dann so etwas.“ Der Gründer des gleichnamigen Tunnelbohrmaschinenherstellers sitzt mit verschränkten Armen da und redet sich in Rage. Draußen auf dem Werksgelände im Schwanauer Ortsteil Allmannsweier werden jene Vortriebsmaschinen gebaut, die weltweit im Einsatz sind. Wenn es um Tunnelbau geht, ist die südbadische Herrenknecht AG Weltmarktführer. Die Bilder an der Wand hinter dem 83-jährigen Firmenpatriarchen künden vom unternehmerischen Erfolg.
Mehr als 2000 Mitarbeiter gibt es hier am Stammsitz der Herrenknecht AG. Die meisten kommen mit dem Auto zur Arbeit. Da fühle er sich auch für deren Sicherheit auf dem Arbeitsweg verantwortlich, sagt der Firmenchef der „Badischen Zeitung“. Deshalb hat er vergangene Woche in Allmannsweier Pflanzenkübel entfernen lassen, die dort zur Beruhigung des Verkehrs vor und hinter Parkbuchten aufgestellt worden waren. Herrenknecht betrachtet sie als „irrsinnige Verkehrshindernisse“ und eine Gefahrenquelle. Bei Nebel seien die kaum zu sehen. „Meine Absicht ist, meine Mitarbeiter zu schützen, die um halb sechs zur Arbeit fahren.“ Es fallen noch ein paar Kraftausdrücke.
Und auch wenn ihm womöglich Ärger droht, weil er eigenmächtig in den Straßenverkehr eingegriffen hat: Klein beigeben will Herrenknecht nicht. Für ihn steht fest: „Wenn die jetzt neue Kübel da hinstellen, dann sind die am nächsten Tag alle beim Landratsamt. Die wird der Herrenknecht wieder abbauen, damit die Sesselfurzer endlich mal merken, worum es geht in Deutschland. Die Kübel sind für mich ein rotes Tuch.“
Was sich da in der kleinen Gemeinde Schwanau südlich von Offenburg abspielt, wirkt wie eine Provinzposse. Es geht um vom Verkehr genervte Anwohner und einen lange schon von bürokratischen Hemmnissen im Land grundgenervten Unternehmer. Und es geht darum, wer hier im Ortsteil Allmannsweier die Regeln macht – die gewählten Gremien oder Martin Herrenknecht.
Streitobjekt sind zwei Straßen, die Stubenstraße und der Herrenweg, die sich durch den beschaulichen Ort als Durchgangsstraßen winden. Sie führen weiter zum Werksgelände der Herrenknecht AG und sind entsprechend viel befahren. Das Verkehrsaufkommen war weiter gestiegen, nachdem die Herrenknecht AG einen Firmenparkplatz hatten bauen lassen.
Eine Umgehungsstraße sollte den Verkehr im Ort schon vor Jahren beruhigen. Doch viele meiden den Umweg. Nach einem Beschluss des Gemeinderats wurde jüngst nachgebessert: In Stubenstraße und Herrenweg gelten jetzt eine neue Vorfahrtsregelung und Tempo 30. Und damit das tatsächlich eingehalten wird, wurden auf beiden Seiten abwechselnd Parkbuchten eingerichtet und mit sogenanntem Straßenmobiliar begrenzt – eben jenen Pflanzenkübeln, an denen sich Martin Herrenknecht stört.
Im Rathaus ist man genervt
Genervt wirkt man auch im Rathaus in Schwanau-Ottenheim. „Herr Herrenknecht ist bekannt dafür, öfter mal ein Statement setzen zu wollen“, sagt Hauptamtsleiter Michael Fertig. Die ganze Aktion verursache vor allem unnötigen Aufwand. Bürgermeister Marco Gutmann (parteilos) betont derweil seine Bereitschaft, eine Lösung zu finden. „Wenn das aber nicht funktioniert, bin ich in der Pflicht, Recht und Ordnung herzustellen.“ Rund 50.000 Euro hat die Gemeinde für das Projekt ausgegeben. Er schätze und respektiere Martin Herrenknecht und dessen Engagement für die Gemeinde, sagt Gutmann. „Es gibt allerdings eine klare rechtliche Anordnung und eine demokratische Entscheidung von Ortschafts- und Gemeinderat. Nicht nur die politischen Gremien, sondern auch die Anwohner stehen hinter den verkehrsberuhigten Maßnahmen.“
Das sieht auch Hauptamtsleiter Fertig so: „Uns erreichen jetzt Anrufe, dass dort wieder so schnell gefahren wird wie früher. Man muss doch auch an die Anwohner denken“, sagt Fertig. „Martin Herrenknecht hätte seinen Mitarbeitern vielleicht auch empfehlen können, die Umgehungsstraße zu nutzen.“
Wie die Sache ausgeht, ist offen. Vorerst hat die Gemeinde die Blumenkübel noch nicht wieder aufstellen lassen. Ein Teil davon steht auf dem Werksgelände der Herrenknecht AG, hübsch aufgereiht – ausgerechnet an der Umgehungsstraße. Das Ordnungsamt ist involviert, die Polizei hat die Staatsanwaltschaft informiert. Von einem Diebstahl geht diese aber nicht aus – aneignen will sich Herrenknecht die Kübel ja nicht. Der Unternehmer selbst hofft auf eine Art Runden Tisch, ein Treffen mit dem Bürgermeister, Vertretern von Gemeinderat und Landratsamt, der Polizei, seinem Betriebsrat. „Ich habe nichts gegen Tempo 30, aber die Kübel müssen weg“, betont er. Allenfalls werde er „Gummikübel“ akzeptieren. Kritik an der Aktion kann Martin Herrenknecht nicht verstehen. „Der normale Bürger hat keine Möglichkeit mehr, gegen diesen Unsinn zu kämpfen“, sagt er. Also zieht der streitbare Millionär in den Kampf gegen Blumenkübel.