Kultur braucht neue Köpfe

Wimsen Seit fast zwei Jahrzehnten stellt Didi Schrade das Kulturprogramm in der Wimsener Mühle auf die Beine. Jetzt sucht er einen Nachfolger.

Die Wurzeln der Wimsener Mühle reichen bis ins 11. Jahrhundert zurück. Zu schade wäre es, dieses historische Gebäude einfach nur vor sich hin siechen zu lassen. Dass diese nicht nur erhalten bleibt, sondern auch mit Leben gefüllt wird, darum kümmert sich der Förderverein seit inzwischen zwei Jahrzehnten mit großem Erfolg. Denn das Kulturprogramm, bei dem im wahrsten Sinne des Wortes etwa 200 Konzerte mit annähernd 30.000 Besuchern über die Bühne gingen, ist nicht nur ein Aushängeschild für die Mini-Teilgemeinde der Stadt Hayingen, sondern auch ein Beweis dafür, dass man mit einer erlesenen Programmauswahl sogar im kleinsten Weiler auf der Schwäbischen Alb Gäste vom Kaiserstuhl, aus München oder Nürnberg und sogar aus der Schweiz begrüßen darf.

Echte Größen auf der Bühne

Und hier kommt Didi Schrade ins Spiel. Bekannt von seiner Cover-Rockband „Hokuspokus“ und seinem Faible für die Rolling Stones war er die ersten drei Jahre bei den Events ausschließlich auf der Bühne zu sehen und wurde dann zum Programmchef. Stolze 17 Jahre lockte der 71-Jährige Größen wie Chris Jagger, Ben Waters, Miro Nemec, Axel Zwingenberger, Boppin`B, Elaiza, Lydie Auvray und im Kabarettbereich unter anderem Alfons, Django Asül, Maxi Schafroth, Lisa Fitz und Wolfgang Krebs nach Wimsen.

Doch jetzt wird dem alten Kultur-Hasen der Aufwand etwas zu stressig. Verträge machen, Hotels buchen und die Pressearbeit sind nur ein Bruchteil von dem, was so ein ehrenamtlicher Manager wuppen muss. Viel herausfordernder ist das Timing, wenn zum Beispiel eine Band aus England, die man unbedingt gerne im Repertoire hätte, nur fünf Tage lang auf Deutschland-Tour ist und gerade an diesem Samstagabend eine Hochzeit in der Kulturmühle geplant ist. Daher wünscht er sich einen würdigen Nachfolger. Was der können muss: Laut Schrade sollte er Orga-mäßig was drauf haben und sich insbesondere in der Phase der Programmplanung sieben bis acht Stunden pro Woche freischaufeln können. „Danach wird’s dann wieder etwas ruhiger – zumindest meistens“, sagt er mit einem Augenzwinkern.

Wenn jemand interessiert ist, aber nicht alles alleine stemmen möchte, bietet Didi Schrade seine Unterstützung im Hinblick auf die Programmgestaltung an. Am liebsten würde er sich jetzt aber anderen Hobbys widmen. Was muss man wissen zur Planung? Das Publikum ist in der Regel über 60 Jahre alt, aber breit gefächert. Von Folk über Rock bis hin zu Blues und Kabarett kommt alles gut an. „Ich war immer bemüht, alle Spektren abzubilden“, sagt der Engstinger. Heavy Metal und Hard Rock empfiehlt er hingegen nicht.

Dennoch wird im Gespräch mit dem Experten klar, warum ihm diese Aufgabe so viele Jahre lang Freude bereitet hat. So kam etwa einmal mittags um 13 Uhr ein Anruf von Ben Waters, der in Luxemburg festsaß, weil der Van mit Benzin statt Diesel betankt wurde. Ein Werkstattbesuch war unabdinglich. Dank seines Netzwerkes konnte Schrade kurzerhand Joe Vox aus Reutlingen gewinnen, um das Publikum ab 20 Uhr zu unterhalten. Der Hauptact traf gegen 22 Uhr mit quietschenden Reifen und völlig verschwitzt in kurzen Hosen ein und stürmte die Bühne. Trotz purem Adrenalin ein gelungener Abend.

Immer wieder gerne erinnert er sich auch an Chris Jagger, den Bruder von Mick. Immerhin hat er Schrade den Spitznamen „the fast driver“ verliehen. Begeistert von der Region, wollte der Programmchef der Band die Schönheit der Schwäbischen Alb vorstellen. Er holte die Musiker in Reutlingen am Bahnhof ab, chauffierte sie durchs Lautertal und hinauf gen Hayingen. Irgendwann meinte Jagger: „Wenn du weiterhin so fährst, dann kotze ich dir ins Auto.“

Als Eventmanager wird es eben nicht langweilig. Dies durfte Didi Schrade auch bei der italienischen Nacht, die kürzlich veranstaltet wurde, einmal wieder erfahren. Die sollte nämlich draußen stattfinden, weitere Tickets hätte es für die eigentlich fast ausverkaufte Veranstaltung an der Abendkasse geben sollen. Doch Petrus fand das irgendwie doof und öffnete alle Schleusen. Es galt für das Team, zu improvisieren. Kurzerhand musste der Abend nach drinnen verlegt werden. Besonders herausfordernd war dabei die Tatsache, dass am Abend zuvor eine private Feier in der Mühle stattgefunden hatte und die Dekoration kurzfristig entfernt werden musste. Für Didi Schrade kein Problem, er denkt in Lösungen, und die Gäste bemerken sowas im besten Falle nicht einmal. So soll es auch in Zukunft bleiben.

Mit 1,88 Promille auf dem E-Scooter

Justiz Trunkenheit im Verkehr in zwei Fällen: Das Amtsgericht verurteilt einen Münsinger zu einer dreimonatigen Bewährungsstrafe.

Münsingen. „Ich habe doch nichts Schlimmes getan.“ Gleich mehrfach äußerte der 46-jährige Angeklagte am Donnerstagnachmittag vor dem Amtsgericht Münsingen seine Sicht der Dinge. Eine Sichtweise, die weder Richterin Julia Felbinger, noch Staatsanwalt Lukas Bleier teilten.

Was war geschehen? Der gelernte, aber derzeit arbeitslose Schweißer war am Abend des  12. Juli dieses Jahres mit einem E-Scooter zur MTB-Tankstelle in der Lichtensteinstraße gefahren, um dort Tabak zu kaufen. Sein Pech: Während der Hinfahrt um 20.43 Uhr fiel sein Fahrstil einem Polizisten auf, der zwar außer Dienst war, aber dennoch seine Kollegen benachrichtigte.

Hoher Promillewert

Als der 46-Jährige nach seinem Einkauf wieder die Tankstelle verließ, fuhr er den Polizisten um 20.50 Uhr förmlich in die Arme. Den beiden Beamten fiel der Alkoholgeruch beim Angeklagten auf. Nach einem Atemalkoholtest brachten sie ihn in die Albklinik, wo ihm eine Blutprobe abgenommen wurde. Dabei wurde ein Wert von 1,88 Promille gemessen. Folglich lautet die Anklage der Staatsanwaltschaft auf vorsätzliche Trunkenheit im Verkehr in zwei Fällen. Mit diesem Alkoholwert sei er, unterstrich Bleier, ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs, also auch eines E-Rollers, gewesen.

Die Schutzbehauptung des Angeklagten, dass er den E-Scooter nicht gefahren, sondern nur geschoben habe, wurde durch die Aussage eines Polizisten und durch ein Video widerlegt, das die Überwachungskameras der Tankstelle aufgezeichnet hatten. Im Verlauf der Verhandlung wurde deutlich, dass der dreifache Familienvater ein Problem mit Alkohol hat. Dies zeigen die zahlreichen, darunter auch einschlägigen Eintragungen im Bundeszentralregister. Gerade in jüngster Zeit, seit Ende 2024, sei der Angeklagte „mit hoher Frequenz in Erscheinung getreten“, wie Julia Felbinger nüchtern konstatierte. Die Richterin verurteilte den 46-Jährigen zu einer dreimonatigen Haftstrafe, die sie zur Bewährung aussetzte.

100 Arbeitsstunden

Zusätzlich zu seiner Bewährungsstrafe muss der Münsinger 100 Stunden gemeinnützige Arbeit bei der Organisation „Schwitzen statt sitzen“ ableisten. Als weitere Auflage ordnete Felbinger an, dass er mindestens drei Gespräche mit einem Suchtberater führen müsse, um sein Alkoholproblem in den Griff zu kriegen. Seinen Führerschein, den er bereits Ende des vergangenen Jahres nach einer Trunkenheitsfahrt mit dem Auto verloren hatte, kann er frühestens in einem Jahr wieder neu beantragen.

< VORHERIGE SEITE NÄCHSTE SEITE >