Zwei Klangzauberer lassen es knistern

Bad Urach/Dettingen Jazz-Session der Extra-Klasse: Ausnahme-Saxophonist Jakob Manz und Piano-Partnerin Johanna Summer zaubern und improvisieren auf der Musiktage-Bühne in Sirchingen.

Ein Heimspiel für den Dettinger Jakob Manz – (noch) unbekanntes landschaftliches Terrain für die aus Plauen im Vogtland stammende Pianistin Johanna Summer: „Schön, dass Sie alle herauf auf den Hügel gekommen sind“, begrüßt die Musikerin das Publikum im Sirchinger Dorfgemeinschaftshaus. Sie meint damit die Albgemeinde, die dieser Tage nur über diverse Ausweichstrecken erreichbar ist. Was den Start des zweiten Musiktage-Abends außerhalb Bad Urachs prompt etwas verzögert hat.

Ausverkauft war der Gig der beiden Jazz-Jungstars trotz der zähen Anreise. Und wer die auf sich genommen hat, erlebt nicht nur gut aufgelegte Moderatoren („wie Jakob, das ist kein Hügel?“), sondern vor allem eine Jazz-Session der Sonderklasse. Jakob Manz, der Saxophon-Magier, Landesjazzpreisträger und europaweit als Shooting-Star gehandelte Jungmusiker, trifft Johanna Summer. Eine Pianistin, die eigentlich in der Klassik verwurzelt ist, während es Manz mit seiner Band gerne rockig mag. Kennengelernt haben sich die beiden im Bundesjazzorchester – vor allem abends nach den Proben, wo bei einem Bier gemeinsam gejammt wird, erzählt Johanna Summer. Beide merkten: „Wir sind sehr verschieden, als Menschen und als Musiker.“

Dennoch war irgendwann klar, dass es musikalisch gemeinsam auf die Reise gehen kann. Seit gut vier Jahren sind die beiden als Duo unterwegs. Erfolgreich. Denn das phasenweise zart-poetische, dann wieder wild-leidenschaftliche Klavierspiel der 30-jährigen Summer und der groovige Saxophon-Sound des einstigen Dettinger „Wunderkinds“ gehen eine spannende Fusion ein. Manchmal knistert es regelrecht, wenn das Piano mit dem Blasinstrument flirtet.

Als kongeniale Klangzauberer präsentieren sich die beiden, wenn Jakob Manz dem Ermstal eine besondere Liebeserklärung macht: Der Jungstar hat im „Im schönsten Wiesengrunde“ vertont – für ihn „das Dettinger Heimatlied“. Hier zeigt er, wie innig und melodiös Jazz-Improvisation klingen kann. Man will sich kaum satthören an diesem Klangfluss des Saxophons, den die junge Pianistin an den Tasten lyrisch-sensibel untermalt. Oder, wie der in Köln lebende Dettinger zu sagen pflegt: „Johanna macht die volle Magie darunter.“

Wie dem auch sei, das Volkslied, das in Sirchingen viele mitsingen können, hat es so auf das neue Album des Jazz-Duos geschafft. „Cameo“ heißt die Platte, die schon jetzt von den Kritikern gefeiert wird.

Manz und Summer glänzen mit Eigenkompositionen und außergewöhnlichen Bearbeitungen, einen großen Teil stellen sie beim Musiktage-Gig auf der Alb vor. Etwa den fast verträumt klingenden Opener „The Opposite“ aus Johanna Summers Feder. Oder das von Jakob Manz komponierte Obdachlosen-Drama „Desperation and Hope“, das seine Partnerin mit bedrohlich wirkenden Klavierläufen ausstattet. Man spürt die Kälte richtig.

Genretechnisch sind die beiden Künstler im Crossover-Modus unterwegs – sie bewegen sich zwischen Jazz, Klassik und Rock-Pop, zwischen auskomponierter Melodie und freier Improvisation. So wagt sich das Duo beispielsweise an eine Variante von Herbert Grönemeyers „Flugzeuge im Bauch“ : Eher langsam tasten sie sich an das Original heran, wobei Jakob Manz sein Saxophon immer wieder auf verspielt-verschnörkelte Ausflüge schickt.

Überhaupt wirkt der 24-Jährige (mittlerweile mit Größen wie Sarah Connor und Thomas Quasthoff auf Tour) deutlich gereift. Manz kann sich mit Verve durch aberwitzige Impros bewegen – er gibt mittlerweile aber auch den sensiblen Interpreten.

Auf verblüffend gefühlvolle Einlagen folgen immer wieder rasante Stücke. Ein Höhepunkt: Das energiegeladene „The Turmoil“ mit einem virtuosen Jakob Manz an der Blockflöte. Am Ende? XXL-Beifall, Bravorufe. Ohne eine zweite Zugabe lässt das Publikum die jungen Musiker nicht ziehen.

Mit Liebe gebacken, mit Freude geteilt

Bempflingen Carolin Schneider backt Kuchen, Tartelettes oder auch Hochzeitstorten und präsentiert ihre Kunstwerke auf ihrem Instagram-Kanal. Wieso Macarons Diven sind und wie man sie zähmen kann.

Bekanntlich sind es ja die kleinen Dinge, die das Leben ausmachen. Ein nettes Wort, das den Tag erhellt, ein gutes Gespräch, das nachhaltig im Kopf bleibt oder süße, wunderschöne Naschereien. Denen ist auch Carolin Schneider verfallen: Sie knetet, backt, dekoriert und rührt seit knapp zehn Jahren, stellt Macarons, Torten oder Pralinen her und bestückt mit ihren Bildern einen erfolgreichen Instagram-Kanal.

Beruflich hat Carolin Schneider eigentlich gar nichts mit Kulinarik zu tun. Sie ist tätig als „Maskottchen und Glücksbringer“, wie sie ihren Job bei der Outletcity AG im HR nennt, also im Personalwesen. Beim Backen aber, da „kann ich meinen Hang zu Perfektionismus und mein Auge für Ästhetik ausleben“, erzählt die 37-Jährige lachend.

Perfekt angeordnet, symmetrisch und farblich abgestimmt sind die Gebäcke auf „carolinas_sweets“, immer ins rechte Licht gerückt, vor einem pastellfarbenen Hintergrund. Wobei nicht nur alles Gold ist, was glänzt: „Macarons sind das, was ich bisher am häufigsten in die Tonne geworfen habe. Die Dinger sind richtige Diven.“ Wehe, die Temperatur, die Länge der Rührzeit oder die Menge an Eiweiß variiert, dann werden sie nichts. Ein Tipp von der leidgeprüften Bäckerin: Penibel ans Rezept halten, aufs Gramm genau, daran scheitern nämlich viele.

Ihr Wissen über die launischen Baisergebäcke gibt Carolin Schneider seit 2025 in stets gerne besuchten und ausgebuchten Kursen in der Trost-Mühle in Bempflingen weiter. Und das, obwohl sie erst ihre Zweifel hatte, wie sie erzählt. Macarons sind schwierig herzustellen, selbst für geübte Bäckerinnen und Bäcker, man braucht eine hohe Frustrationstoleranz, so Schneider. Aber wenn jemand Herausforderungen gerne annimmt, dann sie – also wagte sie auf Nachfrage von Andrea Trost, die die Mühle betreibt, den Schritt und stieg als Kursleiterin ein.

Die Grundkenntnisse übers Backen, die hat Carolin Schneider schon von Kindesbeinen an über viele gemeinsame Stunden mit ihrer Mutter gelernt, aber den Sprung in Richtung Konditorei schaffte sie ganz allein. Vieles hat sie sich selbst über Social-Media beigebracht oder auch aus Kursen mitgenommen. „Man kann mit Übung, Fingerspitzengefühl und dem richtigen Werkzeug ganz vieles nachmachen, was man in der High-Class-Patisserie so findet“, so Schneider.

Das möchte sie auch über ihren Instagram-Kanal weitergeben: Es soll eine Inspiration für andere sein, „dass die sich da auch mal herantrauen.“ Und auch, wenn die 37-jährige Eningerin „Fine Dining“, also gehobene Gastronomie, liebt, widmet sie sich auch gerne den einfachen Dingen. Besonders gut kann sie laut eigenen Angaben nämlich vor allem Nusszopf und Baumkuchen, obwohl sie ein „großer Fan von Schnick-Schnack“ ist. Wenn die junge Frau mit sicherer Hand Muffins drapiert, mit geübtem Schwung die Glasur aufträgt und sorgsam mit der Pinzette Blüten auf den kleinen Leckereien anbringt, spürt man die Liebe zum Handwerk, oder sollte man es nicht eher Kunst nennen? Am liebsten würde die begeisterte Hobby-Zuckerbäckerin mal ein eigenes Backbuch herausbringen, denn auch die Fotos ihrer Kreationen macht sie mit Begeisterung selbst. Aber das Ganze hauptberuflich zu machen, da scheut sie sich davor, sagt sie im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE.

Nicht nur, dass es in Deutschland sehr strenge Vorgaben gibt, was den Verkauf von Hochzeitstorten und Co. angeht (man braucht einen Konditoren-Meistertitel) – Carolin Schneider ist sich nicht sicher, ob das überhaupt jemand bezahlen würde. Denn für eine waschechte Schneider-Torte „braucht es ganz schön lange, weil ich einfach Perfektionistin bin“, gibt sie lachend zu. Und natürlich soll auch der Spaß und die Leidenschaft am Hobby nicht verloren gehen.

Aktuell wirft die 37-Jährige ihren Ofen nur noch einmal die Woche an, es gab aber auch schon Zeiten, in denen sie an drei von sieben Tagen in der Küche zugange war. Fast egal, was Carolin Schneider backen will – sie besitzt beinahe jedes Werkzeug, das man brauchen kann. Über 140 Backformen warten im Schrank auf ihren Einsatz, „ich bin halt schon ein bisschen bekloppt.“ Diese Selbsteinschätzung ist zwar hart, aber vielleicht auch berechtigt, denn so langsam geht es auf die Weihnachtszeit zu.

Und das heißt im Hause Schneider: 300 bis 500 Pralinen wollen hergestellt und in einer eigenen Kollektion, individuell gestalteten Boxen und mit handgeschriebenen Karten den Weg zu Freunden und Familie finden. Aber auch sonst ist die Eningerin „immer die, die etwas mitbringt und immer verantwortlich fürs Dessert. Das ist zwar immer ein toller Anlass, etwas auszuprobieren, aber man kommt dadurch halt selten einfach so stressfrei und ohne Vorbereitung irgendwo hin zu Besuch.“ Für Hochzeitstorten braucht sie zum Teil mehrere Tage, denn neben Vollzeitjob hat sie nur die Abende zum Backen. Fluch und Segen zugleich also, wenn man so gut die Gaumen verwöhnen kann. Aber es gibt für Carolin Schneider eben nichts Schöneres als funkelnde Augen, ein begeistertes Lächeln und ein genießerisches „Mmmmhmm.“

Wenn die digitale Zukunft nur tröpfelt

Bad Urach Der Breitbandausbau in den Teilorten kommt nur schleppend in Gang. Immerhin sind Tiefbauarbeiten jetzt in Aussicht. Wie lange sich Anwohner noch gedulden müssen.

In diesem Jahr sollten die schnellen Breitbandnetze in Sirchingen nach der bisherigen Planung eigentlich übergeben werden. Ortsvorsteherin Dorothea Koch sprach bei der Vorstellung des Zeitplans Ende 2022 (damals noch durch „Komm.Pakt.Net“), erleichtert vom Licht, das am Ende des Tunnels zusehen sei. Inzwischen hat die OEW Breitband GmbH, ein Unternehmen der Oberschwäbischen Elektrizitätswerke, die bestehenden Verträge und Aufgaben von „Komm.Pakt.Net“ übernommen, der Tunnel derweil scheint noch längst nicht durchschritten. An den sogenannten weißen Flecken, die in Sirchingen mit 209 Haushalten noch relativ häufig anzutreffen sind, hat sich seither wenig bis nichts getan. Heißt: Die digitale Zukunft tröpfelt hier bei Bandbreiten unter 30 MBit/s allenfalls aus der Leitung.

Kommunal statt privat

Gefördert wird der Breitbandausbau zu 50 Prozent vom Bund und zu 40 Prozent vom Land. Die letzten zehn Prozent übernimmt die OEW als kommunal getragenes Unternehmen. Es wurde ins Leben gerufen, um die Anträge auf Fördermittel, die Ausbauplanung und den Ausbau der Breitband-Infrastruktur aus einer Hand zu realisieren. Die Landesregierung Baden-Württemberg unterstützt Kommunen dort, wo sich für private Unternehmen der Ausbau der Netzinfrastruktur nicht lohnt. Dies ist besonders in Gemeinden mit geringer Einwohnerdichte und Zentralität der Siedlungen, wie etwa in Sirchingen und in Teilen von Hengen und Wittlingen, der Fall.

Doch wie so häufig steckt der Teufel im Detail. Markus Schell, Kommunalberater der OEW, stand kürzlich dem Bad Uracher Gemeinderat Rede und Antwort und rekapitulierte den Stand der aktuellen Dinge. Zunächst hätten sich Verzögerungen ergeben, weil im Jahr 2022 der Netzbetrieb neu ausgeschrieben werden musste. Zudem sei es zu starken Verzögerungen gekommen, da Telekommunikationsunternehmen trotz mehrfacher Nachfrage erst verspätet Rückmeldungen zu unterversorgten Adressen geliefert hätten. Im März 2024 konnte dann ein neuer Förderantrag auf Basis der aktuellen Adresslage abgegeben werden. Die Bewilligung sei jedoch erst ein Jahr später eingetroffen, so Schell. Die erneute Versorgungsabfrage bei privaten Telekommunikationsunternehmen traf demnach erst im Juni 2025 ein, weshalb man erst danach an die finale Umplanung gehen konnte.

Baustart Mai 2026?

In der Zwischenzeit sei aber die Planung durch das Unternehmen „Geo Data GmbH“ abgeschlossen und die Ausschreibungen der Tiefbauarbeiten werden jetzt auf den Weg gebracht. Im Ergebnis bedeutet das, dass mit einem Start der notwendigen Bauarbeiten zur Verlegung der schnellen Leitungen in den betroffenen Teilgebieten Sirchingens nicht vor Mai 2026 zu rechnen sei.

Hat man es in Sirchingen hauptsächlich mit weißen Flecken zu tun, sind es in Hengen und Wittlingen hellgraue Flecken, die es abzudunkeln gilt. Dort steht eine Bandbreite zwischen 30 und 100 Mbit/s zur Verfügung. Zum Vergleich: Von schwarzen Flecken spricht man, wenn die Infrastruktur beziehungsweise die Bandbreite eine Übertragung von einem Gbit/s erlauben würde. Befindet man sich in Sirchingen also noch in der Phase der Ausschreibung, ist man in Hengen und Wittlingen bereits einen Schritt weiter. Nach Informationen von Schell wird hier das beauftragte Unternehmen „Aytac Bau GmbH“ die Tiefbauarbeiten voraussichtlich Anfang November aufnehmen, beginnend mit den Außentrassen. Erst, wenn die dortigen Arbeiten abgeschlossen sind, ist die Kernstadt an der Reihe.

Ausbau dauert bis zu zwei Jahre

Wie lange der Ausbau der digitalen Infrastruktur in Sirchingen dauern werde, wollte Uwe Failenschmid (FWV) wissen. Er, Schell, veranschlage erst einmal zwei Jahre, „aber ich gehe davon aus, dass es schneller gehen wird“. Es werde zu diesem Thema auch noch eine Infoveranstaltung geben, kündigte er an. Anwohner der betroffenen Gebiete in Sirchingen, Hengen, Wittlingen oder der Kernstadt werden also noch mit dem Status quo und damit mit der nur träge tröpfelnden digitalen Zukunft leben müssen.

Reisebericht mit Wanderexpertin

VHS In ihrem Vortrag erzählt Nina Rühlig von ihrer Wanderung auf dem Zöllnerpfad.

Dettingen. Mit dem Titel „Die raue Schönheit der Bretagne: Eine Küstenwanderung auf dem Zöllnerpfad“ nimmt Wanderexpertin Nina Rühlig am Donnerstag, 16. Oktober, um 20 Uhr das Publikum mit auf eine Reise an die bretonische Küste.

Der Zöllnerpfad verläuft auf über 2000 Kilometern entlang der gesamten bretonischen Küste, überwiegend direkt am Meer entlang, teils atemberaubend nah an den Felsen. Der Fernwanderweg GR34 verläuft über Strände und durch Buchten, quert Ortschaften und passiert historische Monumente, Kapellen und Menhire.

Nina Rühlig ist – mit Rucksack und Zeltgepäck – rund 230 Kilometer dieses wunderschönen Weges auf der Crozon-Halbinsel sowie dem Cap Sizun gewandert und hat dort eine tolle Zeit erlebt, die sie einmal mehr von der Bretagne begeistern konnte. Selbstverständlich kommen zu den Landschaftsaufnahmen auch die Geschichte sowie die Menschen vor Ort nicht zu kurz.

Nina Rühlig ist Autorin der Wanderführer „Portugal: Fischerweg“ und „Frankreich: Vogesendurchquerung“, hält Vorträge über ihre Wanderreisen und gibt Seminare zu den Themen Ausrüstung, Organisation und Vorbereitung von Mehrtagestouren. Über ihre Fernwandererfahrungen konnte sie zudem bereits zweimal in der SWR-Sendung „Expedition in die Heimat“ berichten.

Nina Rühlig wandert bevorzugt mehrtägig und hat auf ihren Touren schon unterschiedlichste Regionen durchquert. Im Sommer 2022 war sie für sieben Wochen alleine in den Pyrenäen unterwegs und hat dort auf ihrem Weg vom Atlantik bis ans Mittelmeer 930 Kilometer mit Rucksack und Zelt zurückgelegt. Weitere mehrtägige Touren in den vergangenen Jahren haben sie oft durch Frankreich geführt und auch heimatnah im Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb ist sie gerne unterwegs. Ihren ersten (und einzigen) 4000er hat sie während einer fünftägigen Treckingtour im Atlasgebirge in Marokko bestiegen. Sie lebt seit über 20 Jahren in Rottenburg am Neckar und ist – wenn sie nicht wandert, darüber redet oder schreibt - freiberuflich mit den Themen Energie, Klima und Nachhaltigkeit beschäftigt.

Der Vortrag der Volkshochschule Dettingen findet im Bürgerhaus am Anger statt. Es gibt eine Abendkasse oder man meldet sich online unter www.vhsrt.de.

Kirche kämpft gegen Bedeutungsverlust

Stadtgespräch In der Rathausapotheke wurde offen über die Zukunft und die Bedeutung der Kirche diskutiert.

Bad Urach. Die Kirche wird in den nächsten Jahren kleiner - auch in Bad Urach. Da waren sich alle einig beim Stadtgespräch „Zukunft der Kirche – wohin geht’s?“ Und das sei mit einem Bedeutungsverlust verbunden. „Die Welt dreht sich nicht mehr um uns“, sagte der Landessynodale Michael Schradi.

Von einigen Lichtblicken wussten hingegen die Kirchengemeinderätinnen Andrea Schwenkel und Maike Herrmann, zu berichten, die zusammen mit Thomas Hackl (Vikar), Uthe Scheckel (Gemeinderätin) und Michael Schradi (Landessynodaler) auf dem Podium saßen, dass von Veronica Zwink und Albert Ebinger moderiert wurde.

Die „Atempause“, ein offenes Angebot in der Rathausapotheke, gehört ebenso dazu wie „Zeiten der Begegnung“, das sich eher an die ältere Generation wendet und der „Anders Feiern Gottesdienst“ im Bonhoeffer-Haus, der vor allem von jungen Familien besucht wird. All diesen Formen ist gemeinsam, dass sie sehr stark vom ehrenamtlichen Engagement leben, darauf weisen Schwenkel und Herrmann hin. „Kirche wird gebraucht“, sagen sie, damit zum Beispiel Menschen eine Stimme bekommen, die keine haben und Kinder und Jugendliche den Zugang zum Evangelium finden. Dafür wollen sie sich einsetzen, deswegen kandidieren sie auch erneut für den Kirchengemeinderat, der am 30. November gewählt wird.

Ehrenamtlichkeit ist ein Aspekt, der eng verknüpft ist mit der Zukunft der Kirche, wenn Pfarrerinnen und Pfarrer weniger werden. Woher aber kommen diese Personen, wenn die Anzahl der Kirchenmitglieder weiter zurückgeht? Wie können sie qualifiziert werden? Und wie können sie bei Problemen unterstützt werden?

Thomas Hackl hat da klare Vorstellungen. Vermehrt sei es die Aufgabe von Pfarrerinnen, Potenziale bei Gemeindemitgliedern zu erkennen, sie zu fördern und sie zu befähigen, selbst tätig zu werden. Das hat eine lange Tradition in der evangelischen Kirche. Das Priestertum aller Gläubigen wurde bereits von Martin Luther beschworen, darauf wies Schradi hin.

Die Botschaft, also das Evangelium weiterzugeben, da ist sich Hackl seiner Sache sicher, hat bereits das Potenzial, die Dinge zum Guten zu wenden. Nächstenliebe gehört für Uthe Scheckel dazu „als Gegenpol zu reiner Macht und Autokraten“. Kirche müsse sich auch gesellschaftspolitisch einmischen, betont sie: „Das sehe ich anders als Julia Klöckner.“

Schradi und Scheckel sehen die Kirche ebenso gefordert, sich rechtsextremen Tendenzen entgegenzustellen, und zwar auf allen Ebenen, auch vor Ort in den Kirchengemeinden. Das Wort des württembergischen Landesbischofs Gohl, dass die AfD für Christen und Christinnen nicht wählbar sei, könne nur der Anfang sein.

Auf der Suche nach dem Vertrauensverlust der Kirche komme man an dem Thema „sexualisierte Gewalt“ nicht vorbei. „Da sind Menschen zerbrochen, die nie wieder aufrecht gehen können und ganz viele haben weggesehen“, sagte Schradi. Eine ehrliche Aufarbeitung und Prävention wurde angemahnt.

Ein Blitzlicht warf Pfarrerin Katja Pfitzer auf die Seelsorge. Eine ureigene Kompetenz der Kirche, die eher im „Verborgenen“ stattfindet. „Da ist Kirche nach wie vor gefragt“, so Pfitzer. Immer wieder wenden sich Menschen in Krisensituationen an sie, bei Krankheit, Trauer, Trennung vom Partner oder Partnerin. In diesen oft schweren und belastenden Situationen ist Empfindsamkeit gefordert, „man muss zuhören können. Aber es gilt auch Ressourcen zu finden, die dem Menschen helfen, gut mit dieser Situation umzugehen“, so Pfitzer. Nicht immer gelinge das und so brauche es auch eine gesunde Distanz.

Aus der anschließenden Plenumsrunde kamen ganz konkrete Vorschläge, wie sich Kirche vor Ort weiterentwickeln kann. Ein Vorschlag war die sogenannte „Winterkirche“. Dort wird nur ein Drittel der Kirche genutzt.

Zur Form des Gottesdienstes gab es die Anregung, statt der Predigt einen Impuls zu geben, wozu die Gemeinde ins Gespräch kommen solle. Eine Zuhörerin bat darum, in der Amanduskirche weniger von der Kanzel zu predigen.

Und immer wieder wurde der Wunsch nach mehr Gemeinschaft geäußert. Bunt und vielfältig solle die Kirche der Zukunft sein. Etwas, was die Teilnehmer auf dem Podium mit den Zuhörern teilten.

Erfolgsautor gastiert in Schlossmühle

Literatur In der Stadtbücherei ist am Dienstag eine Lesung mit Stern-Reporter Jan-Philipp Sendker.

Bad Urach. Am Dienstag, 14. Oktober, stellt Jan-Philipp Sendker seinen neuen Roman „Akikos lange Reise“ vor. Die Lesung beginnt um 19.30 Uhr in der Stadtbücherei Schlossmühle.

Akiko hat sich getraut, wovon andere in ihrer Firma kaum zu träumen wagen: Ihren sicheren und gut bezahlten Job zu kündigen. Seitdem ist sie frei – und erst einmal orientierungslos. Akiko macht sich allein auf die Suche nach ihrem Vater, der die Familie kurz nach ihrer Geburt verließ. Sie reist in das ländliche Japan, weit weg von der pulsierenden Großstadt Tokio. Akikos Reise ins ländliche Japan enthüllt die Stärke, die in ihren Wurzeln liegt – und die Überraschungen, die auf dem Weg liegen.

Jan-Philipp Sendker war viele Jahre Amerika- und Asienkorrespondent für den „Stern“. Nach einem weiteren Amerika-Aufenthalt kehrte er nach Deutschland zurück. Sein erster Roman „Das Herzhören“ wurde zum Bestseller und machte Sendker über die Grenzen Deutschlands hinweg bekannt. Mit „Akikos stilles Glück“ wechselte er den Schauplatz nach Tokio. Mit weltweit über 4 Millionen verkauften Büchern ist er einer der aktuell erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren. Er lebt mit seiner Familie in Potsdam.

Info Karten und Informationen zur Veranstaltung erhält man in der Stadtbücherei Schlossmühle, Telefon (0 71 25) 15 65 80 oder in der Buchhandlung am Markt, Telefon (0 71 25) 1 40 16.

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