Tod im alten Steinbruch
TV-Krimi In ihrem ersten Fall als Zweiergespann ermitteln die Kommissare Winkler und Schnabel in einem Dresdner Jugendheim.
Kinderheime, Jugendämter und andere staatliche Fürsorgeinstitutionen haben es wahrlich nicht leicht im deutschen Fernsehkrimi: Missbrauch, Korruption und nicht selten Gewalt sind dort an der Tagesordnung. Auch im Jugendheim „Siebenschläfer“, das dem neuen „Tatort“ aus Dresden seinen Titel gibt, liegt einiges im Argen, wie Kommissarin Leonie Winkler (Cornelia Gröschel) und ihr Vorgesetzter Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) im Lauf des arg konstruierten Krimis herausfinden. Am Ende darf Schnabel zwar den Alibisatz „Die meisten Heime leisten eine hervorragende, ganz wichtige Arbeit“ sagen, außerdem ist pflichtschuldig von finanziellen Engpässen in den öffentlichen Kassen die Rede. Doch das reißt die wohlfeile Klischeezeichnung von der höchst fragwürdigen Unterbringungsanstalt für Jugendliche auch nicht mehr raus.
Im Sonntagskrimi „Tatort: Siebenschläfer“ (12.10., Das Erste) ermitteln Winkler und Schnabel nach der Kündigung ihrer Kollegin Gorniak (Karin Hanczewski) als Zweiergespann und bekommen es mit einem verzwickten Fall zu tun: Die 16-jährige Lilly-Marie (Dilara Aylin Ziem) und ihr Freund Pascal (Florian Geißelmann) sind aus dem „Siebenschläfer“ abgehauen, am nächsten Tag ist das Mädchen tot und der Junge auf der Flucht. Hat Pascal, dem Jugendpsychiater Lukas Brückner (Hanno Koffler) eine schwere psychische Störung bescheinigt, seine Freundin in einem See im alten Steinbruch ertränkt oder hat die depressive 16-Jährige Suizid begangen, wie erste Vermutungen nahelegen? Bei den Ermittlungen im „Siebenschläfer“ wird Schnabel ganz still, was Winkler natürlich auffällt, und siehe da: Der Kommissar hat in seiner Kindheit selber ein paar Jahre in einem Kinderheim verbracht, und das war noch in der DDR, wo Missbrauch und Gewalt in staatlichen Erziehungsanstalten tatsächlich an der Tagesordnung waren.
Schnabels Heimaufenthalt passt jedenfalls auffällig gut in die Dramaturgie des von Thomas Sieben inszenierten Krimis und dient gleichzeitig dazu, der Figur des nervösen Ermittlers eine neue Facette zu verleihen – schließlich spielt der Mann nach dem Ausscheiden Gorniaks jetzt eine größere Rolle im „Tatort“ aus Dresden.
Dass der Schriftzug „Mörder“ am Tor des Jugendheims auftaucht und die engagierte Betreuerin Jasmin Hoffmann (Aysha Joy Samuel) fast von einem Lieferwagen überfahren wird, verleiht den Ermittlungen mehr Dringlichkeit: Die Polizei sucht mit Hochdruck nach dem untergetauchten Pascal, der kurz bei einer früheren Betreuerin im Schrebergarten auftaucht und die Frau schwer verletzt. Winkler und Schnabel befragen die Heimleiterin, den zuständigen Mitarbeiter im Jugendamt und die Mutter des mutmaßlichen Mordopfers, die beklagt, ihre Tochter sei ihr vom Staat weggenommen worden. Als es einen weiteren Todesfall gibt, steigt der Druck auf die Ermittler, die ungeheuerlichen Zuständen im „Siebenschläfer“ auf die Spur kommen, und kurz vor Schluss wird in diesem „Tatort“ noch eine weitere maßgebliche Figur einfach mal so aus dem Hut gezaubert.