DownTown Hechingen Vielen behinderten Menschen fehlt das Vermögen, sich sprachlich auszudrücken. Das versperrt Wege in die Gesellschaft.
Der Verein DownTown Hechingen veranstaltet am Samstag, 18. Oktober, einen Fachtag für „Unterstützte Kommunikation“ mit Vorträgen von Experten und Workshops. Weitere Anmeldungen dürften schwierig werden, die Veranstaltung ist seit Juli ausgebucht, es existiert eine lange Warteliste.
Nachfrage aus dem ganzen Land
Teilnehmen werden Eltern und Angehörige behinderter Menschen, aber auch solche, die nicht direkt betroffen sind. Außerdem Erzieher, Lehrer, Therapeuten aus dem ganzen Land, die im Beruf täglich mit Behinderten zu tun haben. Sie erwarten Einblicke, Tipps, Anleitungen und werden sich über ihre Erfahrungen austauschen.
Unterstützte Kommunikation – darunter kann man sich außenstehend zunächst nur vage etwas vorstellen. Es geht darum, dass sich viele Menschen mit Handicap sprachlich nur unzureichend oder überhaupt nicht ausdrücken können. „Ist das ein Problem?“, fragt wiederum der Außenstehende.
„Sogar ein riesengroßes“, sagt Ulrike Kapala, Vorsitzende des DownTown-Vereins. „So wie alle Menschen haben Behinderte Gefühle und Wünsche, viele von ihnen können sie aber nicht mitteilen. Stellen Sie sich mal vor, man stellt Ihnen jeden Tag Linsen hin, Sie hassen Linsen, können es aber nicht ausdrücken. Genauso oder noch schlimmer ist, dass jemand nicht erzählen kann, was ihm oder ihr in der Schule, bei der Arbeit, im Kindergarten passiert ist, was man erlebt hat. Kann auch sein, Sie sind glücklich oder müde oder wollen jetzt in Ruhe gelassen werden – können das aber nicht mitteilen.“
Kommunikation, fährt Ulrike Kapala fort, sei der „absolute Schlüssel“ für Inklusion. „Wenn ich jemand die Möglichkeit geben kann, zu reden, kann er auch am allgemeinen Leben teilhaben“– freilich nicht überall und in allen Bereichen. „Eine Behinderung bleibt eine Behinderung“, darüber sei man sich im Klaren.
Bei Ratzgiwatz integriert
Die vor drei Jahren gegründete Hechinger Selbsthilfegruppe hat in dieser relativ kurzen Zeit viel erreicht. Ein „grandioser Erfolg“ für die Eltern von Kindern mit Down-Syndrom seien jedes Jahr die Ferienspiele Ratzgiwatz, berichtet die Vorsitzende. „Die behinderten Kinder hocken nicht in einer eigenen Gruppe zusammen, sondern sind in die anderen Gruppen eingebunden. Sie machen überall ganz selbstverständlich mit. Das klappt fantastisch. Da findet mal eine Woche Normalität für betroffene Familien statt.“
Weiter nehmen inzwischen behinderte Kinder an der musikalischen Früherziehung der Grundschule Stetten teil und es wurde eine Tanzgruppe, das DownTown-Dance-Team gegründet, die im Jugendzentrum Hechingen probt und an Veranstaltungen des JuZ teilnimmt. Die Mädchen, man erinnert sich, hatten unter anderem einen gefeierten Auftritt bei der Eröffnung des Hechinger Tischlein-deck-dich-Marktes im Juli.
Noch ein langer Weg
„Eben das ist unser Ziel, dass wir bei anderen andocken können, dass wir ins Vereinsleben reinkommen“, so Ulrike Kapala.
Doch es gibt noch viel zu tun: „Wir sind bekannt, aber stoßen an Grenzen. Das System an sich hat sich ja nicht dadurch verändert, dass es einen Verein wie den unseren gibt. Menschen mit Behinderung haben keine Lobby, sie sind in der Schule oder im Kindergarten oder in Werkstätten immer für sich. Wir würden uns ein Miteinander auf allen Ebenen wünschen und da arbeiten wir drauf hin.“ Aber das benötige immense Anstrengung, viel Willen und noch eine lange Zeit. „Es ist eine große Aufgabe.“
Umso mehr freut sich Kapala über die breite Unterstützung, die ihre Gruppe im Vorfeld bei der Organisation des Fachtages erhalten hat. Mit im Boot ist die Gesellschaft Unterstützte Kommunikation e. V.; das Landratsamt hilft mit einem finanziellen Beitrag, die Lebenshilfe Zollernalb und die Weiherschule Zollernalb stellen Räume für die Referate und Workshops zur Verfügung, der Ferienspielverein Ratzgiwatz übernimmt die Kinderbetreuung.
„Das ist eine große Gemeinschaftsanstrengung. Wir kriegen das nur hin, weil alle mitmachen. Dafür sind wir sehr dankbar.“