Mein Hund, der Kapitalismus und ich

  • Ob es das wohl braucht? Na ja! Andreas Arnold

Nirgends kann man dem unbescholtenen Bürger so leicht Geld aus der Tasche ziehen wie beim Thema Haustier. Zumindest dann, wenn man den Kapitalismus nah genug an sich heranlässt. Glitzerschühchen für den neuen Vierbeiner? Einen von Hand gestrickten Ringelpullover in herbstlichem Kastanienbraun? Und am besten auch noch eine eigene elektrische Zahnbürste? Irgendwo verschwimmt zwangsläufig die Grenze zwischen dem, was Sinn ergibt, und dem, was nur noch dazu dient, auf Instagram geteilt zu werden. Bisweilen sind wir als Menschheit ja auch beim Thema Zucht dazu übergegangen, kleinen Hunden möglichst kleine Schädel und möglichst große Augen anzuzüchten, damit die Likes und die Klicks ins Siebenstellige schießen. Aber gut, der moralische Fingerzeig sei dahingestellt. Als angehende Hundemama sehe ich mich aktuell unter anderem mit folgenden Produkten konfrontiert: ein Napf, der per App meldet, wenn das Wasser leer ist oder ein ganzer Futterautomat, der morgens pünktlich um 8 Uhr ein wenig Trockenfutter ins Näpfchen purzeln lässt. Es gibt sogar „Hunde-Deos“ – damit die Fellnase nicht so sehr nach Hund riecht. Was ich noch nicht gefunden habe, ist die Leine, die den Hund automatisch ausführt. Oder braucht mein Hund vielleicht eine eigene Klangschalenmeditation? Es ist alles großer Murks, der einem als unabdingbar verkauft wird und impliziert, man sei nur dann eine gute Hundemama, wenn das Hündchen in Designersofas schläft. Welch Humbug! Adoptiere ich einen Hund oder einen Lifestyle? Vielleicht ist die größte Anschaffung gar nicht der Hund – sondern die Selbstbeherrschung.

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