Verkehr Ein asphaltierter Feldweg zwischen Wolpertshausen und Reinsberg erhitzt die Gemüter. Immer wieder werden Schilder „Verbot für Kraftfahrzeuge“ gestohlen.
Er ist zwei Kilometer lang und schnurgerade. Er beginnt an der Straße Ökopark in Wolpertshausen und endet an der Kreisstraße 2569 rund 500 Meter östlich von Reinsberg. Er ist gesäumt von einer langen Baumreihe, landwirtschaftlichen Gebäuden, zwei Windrädern und einem Wäldchen. Mehrere Sitzbänke laden zum Verweilen ein. Wer in die Landschaft schaut, sieht Dörfer, Felder und Wiesen, die Hänge des Bühlertals und die Waldenburger Berge. Der Feldweg, um den es hier geht, ist bei Spaziergängern überaus beliebt. Doch auch Autofahrer wissen ihn zu schätzen – als Abkürzungsstrecke.
Kinder und Hunde in Gefahr
Der Konflikt zwischen Autofahrern und Fußgängern tritt bei der jüngsten Wolpertshausener Gemeinderatssitzung öffentlich zutage. Gemeinderätin Daniela Messerschmidt will wissen: „Ist das nun ein Feldweg oder eine öffentliche Straße?“ Bürgermeister Jürgen Silberzahn stellt klar: „Es ist ein Feldweg.“ Messerschmidt: „Auf Wolpertshausener Seite steht ein Schild ,landwirtschaftlicher Verkehr frei‘. Auf Reinsberger Seite: nichts, kein Schild. Wenn Autofahrer mit 100 km/h angeschossen kommen und man sie dann zur Rede stellt, bekommt man eine Gosche an den Kopf geknallt, was ich hier zu spazieren habe. Die Situation ist einfach unklar. Nicht jeder Zugang ist als Feldweg deklariert.“ Jürgen Silberzahn betont: „Wir hatten schon verschiedene Schilder aufgestellt. Aber die verschwinden.“ Daniela Messerschmidt weist noch einmal auf die Gefahr hin. Auf dem Feldweg seien auch Kinder unterwegs und frei laufende Hunde, die vorneweg springen und nicht folgen. „Das Auto bremst, das Kind lebt noch“, schildert die Gemeinderätin ihre Beobachtungen. „Ich kann die Autofahrer nicht anzeigen, wenn sie mir erklären, dass sie von Reinsberg kommen und dort ja kein Verbotsschild steht.“
Jürgen Silberzahn verweist auf Paragraph 1 der Straßenverkehrsordnung: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.“ Daran sollten sich die Autofahrer dringend halten. „Ich kann das Schild wieder aufstellen, aber damit ist das Problem nicht gelöst“, sagt Silberzahn, der von einem baldigen erneuten Diebstahl ausgeht. „Ich gebe dem Schild höchstens sechs Wochen.“
Auf Nachfrage unserer Zeitung sagt der Bürgermeister, dass auch an anderen Stellen in der Gemeinde schon Verkehrsschilder gestohlen worden seien. Nicht zuletzt auf Tempo-30-Schilder hätten es die Diebe abgesehen. Zur Anzeige gebracht habe man die Schilder-Diebstähle nicht, denn die Aufklärungs-Chance sei „verschwindend gering“.
Niedrige Aufklärungsquote
Die Polizei indes rät betroffenen Kommunen, die Diebstähle anzuzeigen. „Die Polizei kann nur tätig werden, wenn sie Kenntnis über eine Straftat erlangt, deshalb ist es für das polizeiliche Handeln wichtig, dass entsprechende Diebstähle zur Anzeige gebracht werden“, schreibt Jonas Ilg, Sprecher des Polizeipräsidiums Aalen, das für die Landkreise Hall, Rems-Murr und Ostalb zuständig ist. In der Polizeistatistik werde der Schilder-Diebstahl nicht direkt erfasst, sondern der Diebstahl von „Verkehrsbauten“, zu denen neben Schildern etwa auch Verkehrsleitpfosten oder Leitplanken gehören. Im gesamten Präsidiumsbereich kam es im vergangenen Jahr 2024 zu 34 Anzeigen wegen Diebstahl von Verkehrseinrichtungen, im Jahr 2023 waren es 39 Fälle, so Ilg. Die Aufklärungsquote lag hier bei 8,8 Prozent (2024) und bei 7,7 Prozent (2023). Im Jahr 2022 gab es im Fünfjahresvergleich die höchste Zahl an Anzeigen mit 50, hier lag die Aufklärungsquote bei immerhin 14 Prozent.
Dennoch Anzeige erstatten?
Wie sieht der Polizeisprecher den Sachverhalt am Wolpertshausener Feldweg? Begeht ein Kfz-Fahrer eine Ordnungswidrigkeit, wenn er den Feldweg von der Seite des nicht vorhandenen, gestohlenen Schildes befährt? Wer haftet, wenn es zu einem Unfall kommt? „Grundsätzlich sind Verkehrsschilder ja dazu da, Regelungen im Straßenverkehr zu treffen. Wenn ein Schild gestohlen ist, ist dieses nicht vorhanden, weshalb sich Verkehrsteilnehmer dann an die allgemein gültigen Verhaltensweisen im Straßenverkehr halten sollten“, antwortet Ilg. Eine generelle Aussage zur Strafbarkeit könne von Seiten der Polizei nicht getroffen werden, da dies im Einzelfall durch Gerichte entschieden werden müsse.
Übrigens wurde auch auf Wolpertshausener Feldweg-Seite das Verbotsschild bereits mehrfach gestohlen beziehungsweise umgeworfen, bestätigt eine Anwohnerin. „Ich gehe auf dem Weg oft mit dem Hund spazieren, aber ich fahre dort auch gern mit dem Auto“, gesteht sie lächelnd.