Interpretationen mit großer Hingabe
Konzert Mit Klassikern der Romantik eröffnen der Cellist Leonard Elschenbroich und der Pianist Alexei Grynyuk den 39. Gschwender Musikwinter. Ihre Bühne ist die evangelische Kirche.
Mit Klassik beginnt der 39. Gschwender Musikwinter. Zu Gast sind der Cellist Leonard Elschenbroich und der Pianist Alexei Grynyuk. Zart einschwingend begannen die beiden Musiker in der evangelischen Kirche die Cellofassung von César Francks A-Dur-Violinsonate. In sehr zurückhaltendem Tempo ging es hin zum ersten Höhepunkt, ehe der eigentlich bewegte Teil des Eingangssatzes anhebt. Sehnende, an Wagner erinnernde Vorhalte bestimmten das weitere musikalische Geschehen – allerdings im Gegensatz zu Richard Wagners „Tristan“-Motivik von Momenten der Spannungsauflösung gefolgt.
Das recht langsam genommene Tempo des Beginns erwies sich als idealer Kontrast zum erregt-leidenschaftlichen Tonfall des zweiten Satzes. Selbst im Seitengedanken blieb eine nervöse Bewegung erhalten. Schön gelangen Passagen des Duettierens zwischen den beiden Instrumenten.
Feinsinnig wirkte die Wiedergabe des dritten Satzes. Elschenbroich traf den erzählerischen Ton des einleitenden Recitativo-Abschnitts sehr schön. Daraus entwickelte sich ein Vor-sich-hinsingen und schließlich der innige Cellogesang des Fantasia-Teils. Ideal war die Steigerung angelegt, die zum Ende hin sanft zurückgenommen wurde.
Wie ein unbeschwertes Aufklaren erschien schließlich das Finale. Beide Musiker unterstrichen das gesangliche Moment dieses Satzes, hoben aber auch Rückblicksmomente schön hervor.
Persönlich bekannt
Elschenbroich leitete das nächste Werk, Samy Moussas „Ring“ kurz ein. Er habe den Komponisten in Berlin kennengelernt. Der Werktitel beziehe sich nicht auf Richard Wagners „Ring des Nibelungen“-Musikdrama, sondern auf den Quintenzirkel.
„Moussa sieht sein Werk mehr als Versuch eines Abbilds des Kosmos.“ Es wandere in variierender Form durch alle zwölf Töne des Quintenzirkels. Dabei greifen Violoncello und Klavier thematisch ineinander. Der Beginn des Violoncellos allein ließ zunächst an fast serielles Werk denken.
Doch mit der Harmonisierung durch das Hinzutreten des Klaviers zeigte sich mehr und mehr ein Eintauchen in romantischen Klanglandschaften, die bisweilen an einen Ausschnitt an Franz Liszts „Mazeppa“-Komposition erinnerten. Wunderbar brachte Grynyuk etwa perlende Tonkaskaden im Klavierdiskant zum Leuchten. Das Schwelgen in romantischen Klängen wich dann wieder der Spröde des Beginns, um in erregtem Pulsieren zu enden.
Das zweite große Werk des Abends war nach der Konzertpause Sergej Rachmaninows Cellosonate in g-Moll. Pulsierend ging es nach der langsamen Einleitung zu ausladender Melodik weiter. Das Seitenthema wurde von Klavier wie Violoncello melancholisch-sehnsuchtvoll gesanglich ausgestaltet. Ein aufgewühlt gespielter Verarbeitungsteil der Themen schloss sich an.
Ruhelos klang das Scherzo. Die Musiker nutzten die Musik für starke Gegenüberstellungen: hier Springbogenspiel, dort kantables Legato. Das Trio-Thema erschien wieder sehnsüchtig im Tonfall. Sehr innig begann Grynyuk dann den langsamen Satz, was Elschenbroich mit seinem Cellospiel aufgriff. So ließ das Duo mehr und mehr einen wunderschönen Gesangsbogen entstehen.
Auch das Finale von Rachmaninows Cellosonate brachte ein befreites Aufspielen. Im Gegensatz zu Francks Werk war hier aber mehr die große Geste und das Triumphale bestimmend. Sehr gelungen wirkten auch Momente von Doppelmelodik mit dem Thema im Klavier und einer zweiten Melodie im Violoncello.
Dem schloss sich ein Wandern durch die Tonarten an, ehe es zur Wiederholung der Themen kam. Rachmaninow lässt das Werk dann scheinbar auspendeln, bringt aber noch eine Schlusssteigerung in beschleunigtem Tempo, was die beiden Musiker wundervoll vorführten.
Für den lang anhaltenden Beifall bedankte sich das Duo mit einem der „Vier ernsten Gesänge“ von Johannes Brahms mit der Gesangsstimme im Violoncello. Mit dem zweiten Gesang: „Ich wandte mich und sahe an, alle, die Unrecht leiden unter der Sonne“ nahm das Duo auch Bezug zur politischen Lage in der Welt, unterstrichen vom Umstand, dass Grynyuk aus der Ukraine kommt. Es wurde zu einer tief empfunden gespielten Zugabe.
Info Beim Gschwender Musikwinter geht es am Samstag, 18. Oktober, weiter mit einem Konzert in der Jazzclub-Reihe. In der Gemeindehalle wird die Sängerin und Kora-Spielerin Sona Jobarteh mit ihrer Band ab 20 Uhr zu hören sein. Weitere Informationen dazu finden sich unter www.musikwinter.de.