Crailsheim wächst weiter – aber hat viel zu wenige junge Frauen

Analyse Die Stadt wird wohl in absehbarer Zeit 39.000 Einwohner haben. Das geht aus der Kita-Bedarfsplanung hervor. Und es gibt weitere Erkenntnisse.

Crailsheim sei eine „sehr erfolgreiche Stadt, die mit diesem Erfolg umgehen muss“. So lautete das vorweggenommene Fazit, mit dem Wolf Krämer-Mandeau vom Beratungsbüro „biregio“ aus Bonn kürzlich seinen Vortrag im Hauptausschuss des Gemeinderats begann. Im Fokus der Analyse stand eigentlich die Frage, wie viele und welche Betreuungsplätze in Kindertagesstätten künftig bereitgehalten werden müssen, um den Bedarf zu decken. Eine Antwort darauf lässt sich aber eben nur geben, indem man sich die Bevölkerungsentwicklung ganz genau anschaut. Krämer-Mandeau und seine Kollegen taten das im Auftrag der Stadt. Und sie haben dabei einige interessante und spannende Erkenntnisse zu Tage gefördert:

Die Geburtenzahlen in Bund und Land sind zuletzt zurückgegangen. Selbiges gilt zwar auch für Crailsheim, aber lange nicht so ausgeprägt. Krämer-Mandeau sagte es so: „Bei Ihnen gehen die Kinder nicht dramatisch in den Keller.“ Die Stadt habe eine vergleichsweise junge Bevölkerung, die Gruppe der 30- bis 45-Jährigen sei genauso stark wie die der Babyboomer. „Das haben wir sonst nur im Stuttgarter und Ulmer Umland“, so der Experte. „Im ländlichen Bereich ist das eine Besonderheit.“ Viele junge Menschen seien in den vergangenen Jahren zugezogen. Während der Kreuzberg derzeit eher überaltert sei, sei die Crailsheimer Innenstadt „extrem jung“.

Seit dem Jahr 2000 ist Crailsheim um mehr als 4000 Einwohner gewachsen – von 32.063 auf 36.308 Menschen. „Mit einer Zunahme um 13,2 Prozent liegt die Bevölkerungsentwicklung oberhalb des Landesschnitts von 7,7 Prozent“, heißt es in der Bedarfsanalyse. Zwischen 2018 und 2023 sind nur bei den Crailsheimerinnen und Crailsheimern über 60 Rückgänge zu verzeichnen. Ein fettes Plus gab es hingegen bei den Menschen zwischen 20 und 30. Man muss kein Bevölkerungsexperte sein, um zu wissen: Darunter gibt es viele potenzielle Jung-Eltern. Krämer-Mandeau geht außerdem davon aus, dass sich die momentan tiefen Geburtenzahlen eher wieder normalisieren und dass weiter viele Neubürger nach Crailsheim ziehen. Wie geht es also weiter mit dem Wachstum der Stadt? „Wir glauben, dass die Bevölkerungsentwicklung Richtung 39.000 geht“, sagte Krämer-Mandeau den Mitgliedern des Hauptausschusses.

Das klingt zwar alles positiv, aber der Gast aus Bonn sprach auch ein großes Problem an: die Männerlastigkeit der Stadtgesellschaft. Es ziehen vor allem junge Männer nach Crailsheim, viel weniger Frauen – was wohl unter anderem mit dem industrielastigen Jobangebot zusammenhängt. „Selbst bei den Kindern ziehen fast nur Jungs nach“, so Krämer-Mandeau. Er rechnete vor: „Ihnen fehlen 500 junge Frauen zwischen 20 und 30 Jahren.“ Die Verantwortlichen müssten dringend überlegen, was man tun könne, um mehr Frauen anzuziehen, denn „umherziehende alleinige Männer werden Sie nicht glücklich machen“. Seine Aufforderung „Seien Sie frauenfreundlich!“ ist freilich leichter gesagt als umgesetzt. Sehr gut bezahlte Arbeitsplätze seien ein Schlüssel, viele Ausbildungsplätze – und: „Frauen reagieren sehr stark auf die Betreuung vor Ort.“

Womit wir wieder bei der Bedarfsplanung für Kita-Plätze angekommen wären. Das Bonner Büro attestiert der Stadtverwaltung „immense Anstrengungen“ in diesem Bereich. Diese seien fortzusetzen. Und es müsse, so das Ergebnis der Analyse, künftig ein größerer Schwerpunkt auf die Schaffung von Krippenplätzen für Kinder unter drei Jahren gelegt werden, während es eher einen Überschuss an Ü-3-Plätzen geben werde. Die Experten schlagen vor, die Entwicklung im Bereich der Drei- bis Sechsjährigen in den nächsten Jahren zu beobachten, statt neue Gebäude zu bauen. Der Bedarf im U-3-Bereich sei zunächst zu decken, indem man Ü-3-Plätze umwandle. Ab 2030 werde solches Abpuffern aber nicht mehr reichen. „Daher ist schon heute eine neue Planungsphase notwendig“, heißt es in dem Papier.

Horst Herold, der stellvertretende Leiter des Ressorts Bildung & Wirtschaft, betonte, man sei sehr gut aufgestellt und werde die Situation genau beobachten. Im Krippenbereich werde sich sowieso etwas tun: „Wir haben zwei freie Träger, die sich in Crailsheim etablieren möchten.“

„Ich stelle Fragen“

Kandidatenporträt Stadtrat Peter Gansky will Oberbürgermeister in Crailsheim werden. Dabei setzt er auf pragmatische Lösungen, Bürgerbeteiligung und eine klare Linie in der Finanzpolitik.

Kurz vor dem Fränkischen Volksfest hatte der langjährige Stadtrat und Fraktionsvorsitzende der Bürgerliste Crailsheim (BLC) seine Kandidaturabsicht für das Oberbürgermeisteramt mit drei kleinen Anzeigen im Stadtblatt publik gemacht. Ist er seitdem im Wahlkampfmodus? „Nein“, sagt Peter Gansky. „Ich will nicht mit allen Mitteln oder harten Bandagen kämpfen. Ich will da sein. Bereit sein.“ Eine Spaß-Kandidatur betreibe er keinesfalls. Seine Motivation, gegen den Amtsinhaber Dr. Christoph Grimmer anzutreten, der für eine zweite Amtszeit kandidiert, ist diese: „Es gehört sich einfach, dass sich ein Stadtrat aufstellen lässt. Ich habe schließlich 25 Jahre kommunalpolitische Erfahrung als Stadtrat.“

Bei der Oberbürgermeisterwahl vor acht Jahren hatte er bereits vor, seinen Hut in den Ring zu werfen. „Damals waren genügend geeignete Kandidaten da, deshalb habe ich gar nicht erst kandidiert.“ Seit dieser Legislaturperiode besitzt die Bürgerliste, die Gansky gegründet hat, Fraktionsstatus. Das bestärkt ihn in seiner Kandidatur.

Im Kreistag für dieBasis

Ein Nein-Sager sei er nicht, stellt Gansky klar, auch wenn er im Gemeinderat öfter gegen den Trend abstimmt. „Ich stelle Fragen.“ Im Kreistag vertritt er seit vier Jahren die Basisdemokratische Partei Deutschland, „dieBasis“. „dieBasis steht für eine neue Art von Politik, für Achtsamkeit, Schwarmintelligenz, Bürgerforen und Bürgerentscheide. Wir hören die Bürger an und nehmen sie ernst.“ Diese Art von Kommunalpolitik will der 64-Jährige, der verheiratet ist und drei erwachsene Söhne hat, auch in Crailsheim praktizieren, sollten ihm die Bürgerinnen und Bürger am 2. November das Vertrauen aussprechen. Um dieses wirbt er mit dem Slogan „Verantwortung übernehmen und Bürgernähe leben“.

„Verantwortung übernehmen, das bin ich gewohnt.“ Auch sei er es gewohnt, die Rollen zu wechseln und anderweitig Verantwortung zu übernehmen, sagt der Pfarrer a. D., der als Religionslehrer an der Kaufmännischen Schule in Crailsheim arbeitet. „So einen Berufswechsel könnte ich mir jetzt noch mal gut vorstellen.“

Pinnwand mit Gedanken

Seit dem vergangenen Wochenende hängen weitere Plakate in Crailsheim, die das Schwarz-Weiß-Bild eines OB-Kandidaten vor gelbem Hintergrund zeigen. Ganskys Wahlwerbung zeigt große Ähnlichkeit zu der des Oberbürgermeisters. „Das waren schon bei der Kommunalwahl 2024 unsere Farben“, betont Gansky. Und wie in Grimmers Wahlprogramm hat auch Peter Gansky fünf Themenbereiche definiert, die er in seinem Werbeflyer als Pinnwand seiner Gedanken und Ideen präsentiert.

Zu jedem Themenblock sind Fragen formuliert. „Sie ärgern sich über Staus oder haben Angst, Rad zu fahren? Busfahren und Parken sollte erschwinglich sein? Und all die maroden Straßen nerven Sie schon lange?“, heißt es etwa unter der Überschrift „Mobilität und Verkehr“. Ganskys Antworten auf diese Fragen sind: Straßen früh sanieren, statt teuer zu erneuern, zentrale Ampelsteuerung auf einem Zentralrechner, mehr Grün als Rot an den Ampeln, kostenlos auf dem Volksfestplatz parken, Radwege sinnvoll verbinden und besser planen, genügend E-Ladesäulen errichten und den ÖPNV bürgernah planen und betreiben.

Kritiker des Hangar-Kaufs

In der Rubrik „Kultur und Lebensgefühl“ outet er sich als Kritiker des Hangar-Kaufs als Stadthalle – was wenig überraschend ist, da er sich mehrfach klar zu diesem Thema positioniert hat. Nun stellt Gansky einen Bürgerentscheid zum Bau einer Kulturhalle in Aussicht. Ein weiteres Streitthema aus dem Gemeinderat taucht in seinem Wahlprogramm auf: „Wer braucht und möchte ein Klimawäldchen?“ Der Beschluss, einen „Smart Forest“ auf dem Berliner Platz anzulegen, wurde kürzlich erneut vom Rat gefasst, nachdem das Thema per BLC-Antrag nochmals auf die Tagesordnung gekommen war.

Ebenfalls deutliche Worte findet der Oberstudienrat in den Ratssitzungen regelmäßig für die Kinderbetreuung und die Ganztagsbetreuung an Schulen. Im Flyer fragt er: „Sehen Sie als Mutter/Vater im Schichtdienst, wie Kinderkrippen einseitig ein Lebensmodell subventionieren, Sie aber unbeachtet bleiben?“ Gansky spricht sich für die schnelle Sanierung von Kindergärten, Krippen und Schulen aus und stellt klar: „Kinderkrippen: Ja. Aber erziehende Mütter/Väter nicht vergessen.“ Und er sagt gleichzeitig: „Frühkindliche Bildung bei Mama/Papa.“

Für eine attraktive Innenstadt hat Gansky konkrete Vorschläge: Stühle auf dem Markt- und Schweinemarktplatz, mobile Bepflanzung und Beschattung, genügend große Mülleimer und Trinkwasserbrunnen für den Hitzesommer. Die Frage „Braucht es eine teure Freiraumplanung?“ beantwortet er mit einer weiteren Frage: „Kann man vieles nicht kostengünstig verändern?“ Kritisch hinterfragen will er zudem das „kostspielige“ Stadtmarketing.

Nach 25 Jahren als Stadtrat weiß Gansky, dass ein verantwortungsvoller Umgang mit Finanzen unerlässlich ist. „Mit der Entscheidung zum Bau der Klärschlammverwertungsanlage in Dinkelsbühl haben wir 20 Millionen Euro versenkt. Das war die Dimension einer Stadthalle“, sagt er. (Anm. d. Red.: Die Klärschlammverwertungsanlage (KSV) musste Insolvenz anmelden, was die beteiligten Kommunen finanziell zum Teil bis heute belastet.) Seither überlege er stets genau, wofür welche Summen ausgegeben werden – und frage lieber noch einmal kritisch nach. Ein genaues Studium der Sitzungsvorlagen ist für ihn selbstverständlich, oft macht er sich zuvor ein Bild von den Gegebenheiten vor Ort.

Den prüfenden Blick, den er als Stadtrat hat, will er als Oberbürgermeister nicht ablegen. Dass er keine Verwaltungsausbildung mitbringt, sieht er nicht als Problem. „Ich bin in meinem jetzigen Beruf ein Quereinsteiger und wäre es auch als OB“, sagt Gansky – und fügt lachend an: „Und quer denken kann ich auch.“

„Was für eine unglaubliche Ehre! Wow!“

Award Die Eventscheune Gut Ludwigsruhe in Langenburg wird zur besten Eventlocation Deutschlands gekürt.

Langenburg/Hannover. Beim Location Award 2025 in Hannover ist die Eventscheune Gut Ludwigsruhe in der vergangenen Woche als „beste Eventlocation Deutschlands“ ausgezeichnet worden. Darüber informiert die Veranstaltungsstätte aus Langenburg in einer Pressemitteilung. „Der Location Award gilt als das Gütesiegel für herausragende Veranstaltungsorte im deutschsprachigen Raum“, heißt es darin. „Frank Lienert und Dirk Alberts haben den Oscar der Eventbranche 2010 ins Leben gerufen, um besondere Veranstaltungsorte mit einer ehrlich-kritischen Auszeichnung zu honorieren.“

Der Location Award wird in vier Kategorien verliehen: Tagungs- & Eventhotel, Tagungslocation, Eventlocation und Newcomer. Bei den Eventlocations 2025 wurden hinter der Eventscheune Gut Ludwigsruhe der Seepavillon in Köln und der WDL Luftschiffhangar in Mülheim an der Ruhr zweite Sieger. Für Bewerber ist die Teilnahme kostenlos, Gleiches gilt für die Auszeichnung als Nominierte beziehungsweise Gewinner. Eine unabhängige Expertenjury kürt die Nominierten und Gewinner.

Veranstaltungsorte aus ganz Deutschland waren auch in diesem Jahr wieder aufgerufen, sich mit einem Kurz-Video zu bewerben, das der Jury innerhalb weniger Augenblicke ein „Wow“ entlockt. Alle Nominierten der vier Kategorien trafen sich am 13. Oktober zur feierlichen Preisverleihung im Karriere-Campus Hannover.

Ihre Freude brachte die Eventscheune Gut Ludwigsruhe in den sozialen Medien wie folgt zum Ausdruck. „WOW – Wir haben gewonnen!“, heißt es da. Und: „Was für eine unglaubliche Ehre! Wir sind überwältigt, stolz und zutiefst dankbar.“

„Reduzierung derzeit nicht vorgesehen“

Bahnverkehr Wie geht es mit dem IC zwischen Stuttgart und Nürnberg weiter, wenn der ICE-Sprinter kommt?

Crailsheim. Mit dem Fahrplanwechsel der Bahn im Dezember ändert sich immer einiges. Neu ist beispielsweise der ICE-Sprinter zwischen Stuttgart, Nürnberg und Berlin, der allerdings nicht im Landkreis Schwäbisch Hall hält, sondern nur durchfährt. Zudem soll ab Ende 2026 zwischen Aalen und Crailsheim ein stündlicher Takt eingeführt werden, ergänzt durch einen zweistündigen Regionalexpress mit Anbindung an den Flughafen Stuttgart.

Nun äußert die Interessengemeinschaft Schienenkorridor Stuttgart–Nürnberg mit Sitz in Schwäbisch Gmünd, der der Haller Landrat Gerhard Bauer vorsitzt, die Befürchtung, dass die Verbesserung im Fernverkehr die bestehende IC-Verbindung zwischen Stuttgart und Nürnberg (über Schorndorf, Schwäbisch Gmünd, Aalen, Ellwangen, Crailsheim und Ansbach) gefährdet.

Nachfrage bei der Deutschen Bahn. Gibt es Überlegungen, die Verbindung einzustellen? „Im Fahrplan 2026 werten wir die IC-Linie Stuttgart–Nürnberg durch die besseren Anschlüsse nach Berlin auf, was sich hoffentlich in der Nachfrage durch die Reisenden niederschlagen wird“, betont ein Sprecher. Die Linie stehe vor allem in Konkurrenz zum günstigen Deutschlandticket. „Eine Reduzierung der IC-Linie zwischen Stuttgart und Nürnberg ist derzeit nicht vorgesehen – auch nicht im Fahrplan 2026“, so der Sprecher weiter.

Das Aber klingt so: Grundsätzlich richte die DB Fernverkehr AG ihr Fahrplanangebot stets an der Nachfrage durch die Reisenden aus. „Langfristige Zusagen analog des staatlich finanzierten Nahverkehrs sind im eigenwirtschaftlich organisierten Fernverkehr grundsätzlich schwierig“, teilt der Sprecher noch mit, „da das Angebot immer auch von den aktuellen Rahmenbedingungen abhängig ist.“

Mehr zum Thema auf Seite 15

< VORHERIGE SEITE NÄCHSTE SEITE >