Komfortabel trotz Krise
Baden-Baden ist nahezu pleite, das Regierungspräsidium untersagte der Stadt eine weitere Kreditaufnahme. In Standorten der Auto- und Zuliefererindustrie herrscht Heulen und Zähneklappern: In Stuttgart beispielsweise halbieren sich die Gewerbesteuereinnahmen innerhalb von zwei Jahren. Die Neu-Ulmer Oberbürgermeisterin Katrin Albsteiger spricht angesichts der städtischen Finanzlage von einer „schier unlösbaren Aufgabe“. Verglichen damit ist Ulm noch die Insel der Seligen.
Sicher, Ulm hat auch eine Sparrunde hinter sich. Investitionen in Höhe von 65 Millionen Euro wurden verschoben und gekürzt. Das ist schmerzhaft, beispielsweise bei der Neugestaltung der Fußgängerzone oder der Landesgartenschau. Dennoch war diese Sparrunde vergleichsweise harmlos. Während andere Städte vor dem Kollaps stehen, leidet Ulm an einem Schnupfen.
Maß halten ist notwendig
Der allerdings darf sich nicht ausweiten. Das heißt auch: Der Geldsegen aus dem Infrastrukturprogramm des Bundes und die sich abzeichnenden Steuermehreinnahmen dürfen nicht dazu führen, dass das Sparpaket vom Sommer bei den Haushaltsberatungen im Herbst wieder aufgeschnürt wird. Die Versuchung ist ja groß: Es gibt Millionen aus Berlin, die Gewerbesteuer fließt – wie in jedem Jahr – üppiger als von Finanzbürgermeister Martin Bendel prognostiziert, die Wünsche und Notwendigkeiten sind schier endlos. Dass die Einnahmen weiter so hoch bleiben, ist jedoch keineswegs sicher. Deutschland befindet sich in einer strukturellen Krise, und die Signale aus der regionalen Wirtschaft sind äußerst verhalten. Angesichts rasant steigender Ausgaben und Kosten muss Ulm weiter Maß halten.
Wichtig ist zunächst, Begonnenes und Geplantes abzuarbeiten. Das Investitionsprogramm für die nächsten Jahre ist gewaltig, finanziell wie im Personaleinsatz. Das alles fristgerecht fertig zu stellen und dabei flüssig zu bleiben, ist als Herausforderung schon mehr als genug.
Das heißt freilich nicht, sich nur auf laufende Projekte wie die B10-Erneuerung und die Landesgartenschau zu fokussieren. Aufgabe des Gemeinderats und der Stadtverwaltung ist es, sich jetzt Gedanken zu machen für die Zeit danach, Ideen und Visionen zu entwickeln, die Ulm weiter nach vorn bringen. Damit die Stadt auch in Zukunft so gut dasteht. Selbst und gerade in Zeiten von Krisen.