Wärmepumpe oder Fernwärme?

  • Was gilt für mein Haus? Auf ausgehängten Karten konnten sich Neu-Ulmer jetzt im Edwin-Scharff-Haus anschauen, was die Wärmewende mit sich bringt. Foto: Niko Dirner
  • Das Interesse an der Veranstaltung war groß, hunderte Hausbesitzer brauchen eine Alternative zu Gas- oder Ölheizung. Foto: Niko Dirner

Energie Der kommunale Wärmeplan zeigt auf, wie bis 2040 Gas und Öl in Häusern und Betrieben ersetzt werden sollen. Dazu gab es eine Infoveranstaltung der Stadt Neu-Ulm und der SWU.

Was die Sanierung von Gebäuden und mehr Effizienz beim Heizen bedeute, das wisse sie, sagt die Frau. Aber Suffizienz? „Meint das, dass ich mir einen Pulli mehr anziehen soll?“ Ja, antwortet Dr. Wolfram Dietz. Es gehe auch um Räume, die den ganzen Tag geheizt, aber nicht genutzt werden. Der Experte vom Augsburger Bifa-Institut räumt dazu gleich ein: „Solche Sparmaßnahmen sind gesellschaftlich schwierig zu diskutieren.“ Außerdem lasse sich dadurch der aktuelle Wärmebedarf von Neu-Ulm von 1300 Gigawattstunden im Jahr nur um 15 Prozent reduzieren. Um das Ziel zu erreichen, die Wärmeversorgung bis 2040 komplett auf regenerative Quellen umzustellen, brauche es andere Schritte.

Wie das klappen soll, wollten am Donnerstagabend (15.10.) rund 70 Neu-Ulmerinnen und Neu-Ulmer wissen – so gut besucht war die Bürgerinformationsveranstaltung zum kommunalen Wärmeplan. Der Grund dafür wurde klar, als Dietz aus seinen Erhebungen berichtete, dass die meisten Gebäude (84 Prozent), also die meisten der 753.000 Haushalte, nach wie vor mit einer Öl- und vor allem mit Gasheizungen erwärmt werden – alles Anlagen mit einem Ablaufdatum: Ab 2045 dürfen Heizungen in ganz Deutschland nicht mehr mit fossilen Brennstoffen betrieben werden. Nur bis Ende Juni 2028 dürfte man noch eine neue Öl- oder Gasheizung einbauen, allerdings müsste diese nach und nach mit einem höheren Anteil an regenerativen Energieträgern befeuert werden.

Vorsicht bei Stromheizungen!

Die Lösung heiße: Wärmepumpe, jedenfalls für die meisten Häuslebesitzer. Oder ein Anschluss an die Fernwärme. Ob diese bereits CO2-neutral ist, sei sogar unerheblich, machte Roland Mäckle von der Regionalen Energieagentur deutlich. Der Experte, der für das neutrale, kostenfreie und individuelle Beratungsangebot der Agentur warb, stellte auch klar, dass es durchaus andere Möglichkeiten gebe: „Festholz oder Pellets sind nicht verboten.“ Sogar eine Stromheizung sei möglich, allerdings müsse dafür das Gebäude sehr gut gedämmt werden – das verschwiegen die Verkäufer von Infrarot-Heizungen oft, bei der jüngsten Baumesse in Neu-Ulm habe er das selbst wieder erlebt.

Der kommunale Wärmeplan, betonte auch Dietz, zeige zwar auf, wie die lokale Wärmeversorgung dekarbonisiert werden soll. Für Privatleute oder Unternehmen würden damit aber keine verbindlichen Vorgaben gemacht, sondern Hinweise gegeben, was wo möglich oder geplant ist. Was private Wärmepumpen angehe, so sei jede Variante erlaubt, sagte Dietz. In der Nähe der Donau seien „tendenziell“ Grundwasser-Wärmepumpen möglich. Erd- oder Luftwärme-Kollektoren könnten praktisch überall installiert werden. Für die Industrie könnte grüner Wasserstoff, der ab 2032 verfügbar sein soll, eine Lösung sein. 30 Prozent des Wärmebedarfes sollen die SWU mit zentralen Anlagen über ihr Fernwärmenetz bereitstellen. Dafür soll etwa die Wärme des Donauwassers genutzt werden. Auch das Klärwerk Steinhäule lasse sich entsprechend anzapfen. Das Gros der benötigten Leistung fürs Fernwärmenetz soll aber von einer bei Ludwigsfeld geplanten, bis in sieben Kilometer Tiefe reichende Geothermie-Anlage kommen. Vor allem auf diese neue Technik stütze sich die Dekarbonisierungsstrategie, der Wärmetransaktionsplan der SWU, erklärte Vertreter Reinhard Wunder. Die Ergebnisse von Bodenuntersuchungen sollen alsbald vorgestellt werden.

„Bezahlbarkeit im Fokus“

Obschon für die Anlage, wie er auf Nachfrage einräumte, durchaus hohe Investitionen erforderlich seien, stehe ein guter Preis für die Fernwärme an oberster Stelle: „Fernwärme muss bezahlbar bleiben“, sagte Wunder, oder: „Die Wärmeversorgung muss bezahlbar bleiben“ oder „Bezahlbarkeit steht im Fokus“. Denn ohne eine ausreichende Zahl an Kunden lohne sich der Ausbau nicht: „Die Fernwärme lebt von der Gemeinschaft. Wir können ein Angebot machen, Sie müssen das aber auch annehmen.“

60 Kilometer lang ist das Netz in Neu-Ulm und Senden bisher, pro Jahr soll nun jeweils ein Kilometer dazugebaut werden. Auf jeden Fall angeschlossen werden sollen Teile der Innenstadt, etwa entlang der Ludwigstraße, aber auch das Gebiet östlich der Memminger Straße in Ludwigsfeld sowie das neue Gewerbegebiet Schwaighofen-Süd. Geprüft wird ein möglicher Ausbau des Netzes für Offenhausen und Pfuhl sowie für das gesamte Gewerbegebiet Starkfeld südlich von Offenhausen etwa mit Daimler Buses. In Steinheim sei ein lokales Netz basierend auf einer Hackschnitzelanlage geplant. Keine Hoffnung auf Fernwärme hingegen können sich etwa Hausbesitzer in Burlafingen machen. Damit Eigentümer verlässlich wissen, ob und wenn ja, wann sie Fernwärme bekommen oder nicht, werden die SWU laut Wunder alsbald eine Online-Suchfunktion anbieten.

VORHERIGER ARTIKEL NÄCHSTER ARTIKEL