Integration durch Ehrenamt
Soziales Seit zehn Jahren leisten die Neu-Ulmer Malteser Integrationshilfe für Menschen mit Migrationshintergrund. Es gibt Kurse und Nachhilfe – aber auch den Weg zu eigenem Engagement.
Nisreen Al Haddad lebt seit sieben Jahren in Deutschland. Ursprünglich stammt sie aus dem Jemen, hat das Land wegen des Kriegs verlassen. Schnell begann sie, Deutsch zu lernen. Dann kam die Corona-Zeit, die sie - ohne Sprachkurs und Kontakte - zurückwarf. „Ich hab wieder so viel Deutsch vergessen“, erinnert sich die heute 43-Jährige. Auch bei ihrem Job im Altersheim hatte sie wenig Gelegenheit, die Sprache zu üben, da sie dort am frühen Morgen allein Frühstück zubereitete.
Sie begann im Internet zu recherchieren und stieß auf die Neu-Ulmer Malteser mit ihren vielfältigen Angeboten an Kursen, Nachhilfe und ehrenamtlichen sozialen Projekten. Gleich das erste Treffen mit Dienststellenleiterin Pia Eble habe sie positiv in Erinnerung, sagt Al Haddad. „Sie hat einfach gesagt, dass ich kommen soll, dass es viele Möglichkeiten gibt.“ Von nun an besuchte sie den Nachhilfetreff am Donnerstag, wo sie mit ehrenamtliche Helferinnen Deutsch trainierte und für Prüfungen büffelte.
„Wie ein Treffen mit Freunden“
„Es war nicht wie Unterricht. Eher wie ein Treffen mit Freunden.“ Gleichzeitig begann sie, sich bei der Aktion Vespertüten zu engagieren: Einmal die Wochen werden von den Maltesern Lebensmitteltüten gepackt und an bedürftige Seniorinnen und Senioren ausgegeben. „Alle sind dort sehr nett. Es fühlt sich nicht an wie Arbeit. Und man trifft viele Leute und lernt viel.“
Vor zehn Jahren startete die Integrationsarbeit für Menschen mit Migrationshintergrund bei den Neu-Ulmer Maltesern. „Damals kamen sehr viele Menschen neu ins Land, wir haben Kennenlerntreffen angeboten, ein Café“, erinnert sich Eble. Mittlerweile habe sich der Schwerpunkt der Arbeit in Richtung Bildungsangebote verlagert, neben Hilfe in Deutsch etwa auch Nachhilfe in Mathe, zur Unterstützung von Berufsschulunterricht. Wichtig sei ihnen dabei auch, Menschen dazu zu bringen, sich selbst zu engagieren, sagt Eble. „Integration durch Ehrenamt – das geht hervorragend. Und es ist uns Maltesern wichtig.“ Denn auf diese Weise würde nicht nur eine sinnstiftende Aufgabe übernommen, sondern man könnte Kontakte knüpfen, die Sprache verbessern und viel über Alltag und Kultur in Deutschland erfahren.
So sieht es auch Irada Seidova. Die 40-Jährige stammt ursprünglich aus Aserbaidschan, lebte 15 Jahre in der Ukraine, bevor sie nach dem dortigen Kriegsausbruch nach Deutschland flüchtete. „Ich verdanke den Maltesern alles“, sagt sie. Hier habe sie ihre erste Schritte in der deutschen Sprache gemacht, Menschen kennengelernt und sich ebenfalls im Projekt Vespertüten engagiert. „Ich kam her und hatte gleich so ein warmes Gefühl. Die Malteser sind wie meine Heimat.“ Mittlerweile engagiert sich die Sozialarbeiterin, die viele Sprachen spricht, auch außerhalb der Malteser, hilft älteren Menschen beim Ausfüllen von Formularen und bei Behördengängen. „Wenn ich etwas für andere tun kann, ist es auch für mich gut.“
Ali, der seit sechs Jahren in Deutschland lebt, fand zum Vespertüten-Projekt der Malteser, als er aktiv ein Ehrenamt suchte. „Wenn man nach Deutschland kommt, muss man auch selbst etwas tun und sich engagieren“, sagt der 43-Jährige, der eigentlich anders heißt, aber Schwierigkeiten mit seinem Herkunftsland befürchtet, wenn er seinen Namen nennt. Er sei überzeugt: Integration funktioniere, wenn sich beide Seiten bemühen, Deutsche und Neuankömmlinge. Er selbst habe bei seinem Ehrenamt viele wertvolle Leute kennengelernt. „Es ist dort fast wie in einer Familie.“ Mittlerweile sei er beruflich so eingespannt, dass er bei den Maltesern aufhören musste. „Aber sobald es wieder geht, komme ich wieder.“