Mehr Augen sehen besser

  • In der jährlichen Sitzung des Kindergartenausschusses wurde die Situation der Kinderbetreuung in Hülben skizziert. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Hülben Die Kinderbetreuung entwickelt sich weiter: Wie man mit dem Projekt „MoVeIn“ im Gottlob-Lang-Kindergarten verhaltensauffälligen Kindern helfen möchte.

Der Gottlob-Lang-Kindergarten in Hülben, Anfang 2023 eröffnet, ist mit seinen acht Gruppen nach wie vor eine der größten Kinderbetreuungseinrichtungen im Landkreis. Dennoch sind auch dort, zumindest im U3-Bereich, die Plätze knapp. Nicht umsonst gibt es in der Gemeinde zusätzlich den Hüle-TigeR, einen interkommunalen Waldkindergarten und Tagesmütter.

All diese Einrichtungen werden jährlich in der „Bedarfsplanung Kinderbetreuung“ genauer unter die Lupe genommen, um rechtzeitig auf Entwicklungen reagieren zu können, wenn Betreuungsplätze knapp werden. In Hülben ist die Lage im U3-Bereich zwar noch angespannt, „die Geburtszahlen sind aber leicht rückläufig“, wie Bettina Scheu, die innerhalb der Gemeindeverwaltung für den Bedarfsplan zuständig ist, im Kindergartenausschuss erklärte. Die Gemeinde könne dem Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in allen Fällen gerecht werden, wenn auch nur knapp. Deswegen werde aktuell geprüft, ob sich im Hüle-TigeR nicht ein weiterer Platz einrichten lasse. Zudem werde zum Jahresende hin eine weitere Tagesmutter nach Hülben ziehen, sodass dort weitere drei bis fünf Plätze entstehen könnten. Dennoch wurden die Hülbener Einrichtungen aufgefordert, vorerst keine auswärtigen Kinder im U3-Bereich aufzunehmen. Bei den älteren Kindern, im Ü3-Bereich, reichen die Plätze derzeit aus, sodass kein Handlungsbedarf besteht.

Marion Lüer, die Leiterin des evangelischen Gottlob-Lang-Kindergartens, lieferte Zahlen. Maximal könnten 173 Kinder in ihrer Einrichtung betreut werden, derzeit besuchen aber „nur“ 132 Kinder die Einrichtung. Dies sei zu diesem Zeitpunkt im Jahr ganz normal, bis zu den nächsten Sommerferien werden 162 Kinder angemeldet sein. „Vier der acht Gruppen sind komplett ausgebucht“, sagte Lüer - eben im U3-Bereich.

Keine Juniorklasse

Lüer erzählt in ihrem jährlichen Bericht im Ausschuss auch, wo ihr sonst noch der Schuh drückt. So bedauert sie sehr, dass es an der Peter-Härtling-Schule in diesem Jahr aus Personalmangel keine Juniorklasse gibt. Darin sollten eigentlich Vorschulkinder, die noch einen besonderen Förderbedarf haben, auf den Wechsel in die Schule vorbereitet werden. Außerdem bemängelt Lüer, dass sich der Oberkirchenrat ab 2026 aus der Finanzierung der Einrichtung zurückzieht. Mit diesen zusätzlichen Einnahmen habe sich der Kindergarten Extras wie einen Erste-Hilfe-Kurs für Kinder, einen Beamer oder einen Ausflug per Bus leisten können, nun stelle der Elternbeirat Überlegungen an, wie man zusätzliche Einnahmen generieren könne.

Kirchenpflegerin Angela Kuder hat die Hoffnung auf einen Zuschuss noch nicht aufgegeben, wenn womöglich auch nicht in der Höhe wie zuletzt. „Der Antrag beim Oberkirchenrat ist jedenfalls gestellt“, sagte sie.

Marion Lüer gibt auch einen Einblick in die inhaltliche Arbeit im Kindergarten. Grundsätzlich laufe es ruhig, alle Personalstellen seien besetzt, was die Arbeit für die Kolleginnen erleichtere. Neu ist seit Sommer das Projekt „MoVeIn“ (Modellversuch Inklusion), das sie den Vertretern der Kirchengemeinde und aus dem Gemeinderat kurz vorstellte.

Von 2020 bis 2024 habe es in Baden-Württemberg acht Modelleinrichtungen gegeben, an denen erprobt und untersucht wurde, wie Inklusion in Kindergärten besser gelingen könne. Basierend auf diesen Ergebnissen, wurden dann landesweit alle Kindergärten eingeladen, sich an „MoVeIn“ zu beteiligen. „Wir haben uns beworben und haben den Zuschlag bekommen“, so Lüer.

Zunächst wurden die Kolleginnen im Zeitrahmen März bis Juli dieses Jahres vom „Forum frühkindlicher Bildung“ geschult. Im Team habe man sich dann gemeinsam zunächst auf das Thema „Verhaltensauffällige Kinder“ festgelegt und sich dabei für die Methode „Beoachten und dokumentieren“ entschieden. „Wir beobachten die Kinder natürlich schon immer, ziehen aber jetzt andere Rückschlüsse aus dem, was wir sehen“, erklärte Lüer. Im Kleinteam einer Gruppe kommt es zu einer sogenannten Hypothesenbildung zur Frage „Warum handelt das Kind so, wie es handelt?“, daraus wird dann eine Handlungsplanung für die Erzieherinnen abgeleitet. Wichtig ist dabei, dass jedes Mitglied des Kleinteams das Kind beobachtet, „denn Wahrnehmung ist subjektiv, jeder sieht etwas anderes.“ In die Handlungsplanung fließt die Summe aller Beobachtungen mit ein.

„Zunächst ist das ein Mehraufwand“, bestätigt Marion Lüer, „aber es ist ein sehr rentabler Mehraufwand, das lohnt sich.“ Denn die Arbeit mit verhaltensauffälligen Kindern werde im Nachgang einfacher, wenn man die Ursache für ihr Verhalten erkennen und vielleicht sogar beheben könne.

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