Wie inklusiv ist der neue Spielplatz?
Inklusion Jüngst wurde das neue Spielareal am Ende der Ostendstraße offiziell eröffnet und kam bei den Jüngsten bestens an. Nicht so bei einem Verein, der sich für die Teilhabe behinderter Menschen einsetzt.
Schon lange bevor er zu sehen war, war er zu hören: Der runderneuerte Spielplatz am Ende der Ostendstraße wurde am Dienstagnachmittag feierlich seiner Bestimmung übergeben, die jungen Besucher allerdings nahmen davon allenfalls am Rande Notiz.
Zu sehr waren sie damit beschäftigt, die neue Spiellandschaften lautstark zu erkunden und zu erobern. Mitunter fast schon etwas neidisch blickten die dazugehörigen Eltern auf den spielenden Nachwuchs, war ihnen in ihrer Kindheit ein solch vielfältig bestückter Spielplatz wohl zumeist vergönnt.
Verschiedene Zonen
Und tatsächlich eröffnet der Platz zahlreiche Möglichkeiten, sich kindgerecht auszutoben und die Motorik beim Klettern, Rutschen, Schaukeln, beim Balancieren oder beim Hangeln zu schulen.
Die Geräte und Aufbauten sind dabei von einer hölzernen, organischen und naturnahen Ästhetik und Formsprache bestimmt, das etwa neun Ar umfassende Areal ist zudem eingeteilt in verschiedene Aktivitäts- aber auch Ruhezonen. So wie etwa in einem hinteren Schattenbereich, wo ein Gemälde der Grabenstetter Künstlerin Sara Pütter dazu einlädt, in aller Ruhe die tierische Szenerie am und im Fluss zu erkunden oder verschiedene Strukturen zu ertasten.
Rund vier Monate hat es vom Rückbau des bisherigen, in die Jahre gekommenen, Spielplatzes bis zur Neugestaltung und Eröffnung des modernisierten Kinderparadieses gedauert. Verantwortlich hierfür zeichnete das Bad Uracher Unternehmen „Janko Spielgeräte GmbH“. Rund 80.000 Euro hat die Stadt investiert, 40.000 Euro davon trägt das Regionalentwicklungsprogramm LEADER Mittlere Alb. „Ich bin sicher, dass er sehr gut angenommen wird“, zeigte sich Bad Urachs Bürgermeister Elmar Rebmann während seiner kurzen Ansprache von der Wirkweise des Platzes überzeugt. Und der erste Eindruck am Dienstagnachmittag gab ihm recht.
Die Stadt bewirbt den neuen Spielplatz als ersten inklusiven der Stadt. Wie weit her es mit der Teilhabemöglichkeit etwa von Kindern im Rollstuhl ist, dahinter setzten Natalie Henkel, selbst Rollstuhlfahrerin, Inklusionsbeauftragte der Stadt Metzingen und mit Ute Waidelich im Vorstand des Metzinger Vereins „Leben, wie ich es will“, am Dienstag aber ein dickes Fragezeichen. Der Verein setzt sich ein für ein selbstbestimmtes Leben von Menschen mit Behinderungen. Ausgerüstet mit Plakaten, darauf unter anderem zu lesen: „Spielplatz für alle? Nur die Rolli Kids wurden vergessen!“, suchten sie zusammen mit ihren vier Mitstreitern das Gespräch mit Bürgermeister Rebmann.
Der Spielplatz sei zwar toll gestaltet und etwa durch breite Zugänge und einen rollbaren Bodenbelag auf den Wegen für alle zugänglich, doch damit erschöpfe sich die Teilhabemöglichkeit auch schon, kritisierten sie zahlreiche Mängel im Sinne der Inklusion. Einen Rollstuhl über die ausgelegten Hackschnitzel hin zu den Spielgeräten wie Schaukeln oder die Rutsche zu schieben sei ein Ding der Unmöglichkeit, es sei etwa an Spielhäusern zudem versäumt worden, niederschwellige Lösungen wie Rampen anzubringen. Im Ergebnis hätten Rolli-Kinder das Nachsehen, der Platz sei für sie also äußerst eingeschränkt bespielbar. Rückendeckung erhielten die beiden von der Kreisbehindertenbeauftragten, Ramona Mathes.
Bereit, nachzubessern
Natalie Henkel beklagte auch gegenüber den Spielplatzmachern, dass Betroffene bei der Planung nicht einbezogen worden seien. Zudem findet sie, dass der Begriff „inklusiv“ geradezu inflationär benutzt werde, vor allem wenn damit, wie im vorliegenden Fall, nur ein barrierefreier Zugang beschrieben werde. Wahre Teilhabe, also mitten drin im Spielgeschehen zu sein, sehe anders aus. Wie es besser gehen kann, zeige der vor rund einem Jahr eröffnete Spielplatz am Hermann-Löns-Platz in Metzingen. An dessen Planung waren unter anderem auch Bürger beteiligt.
„Ich nehme die Kritik an und wir sind bereit nachzubessern“, kündigte Bürgermeister Rebmann im Gespräch an, nachjustieren zu wollen.
Unter anderem sollen spezielle Matten die Hackschnitzel ersetzen und damit die Erreichbarkeit der Spielgeräte ermöglichen. Zugleich lud er den Verein dazu ein, die Stadt bei künftigen Spielplatzprojekten, die im Zusammenhang mit der Gartenschau verwirklicht werden sollen, zu beraten, indem sie ihre Erfahrungen miteinfließen lassen.
Ich bin sicher, dass er sehr gut angenommen wird.Elmar RebmannBürgermeister der Stadt Bad Urach