Zum Glück nur eine Übung
Mit lautem Heulton erreicht das Einsatzfahrzeug der Feuerwehr die Hauseinfahrt. Das Sirenengeheul signalisiert: Achtung! Hier besteht eine Gefahr. Fast 100 Schaulustige stehen auf der Wiese vor dem Hauseingang in der Straße „Rosenbühl 24“.
Die Feuerwehrtruppe und das anrückende Rettungsteam fühlt sich von der Menschenmenge jedoch weder beobachtet noch gestört. Markus Schirle, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Bühlertann, steht mit Manuela Weber vom DRK-Kreisverband Schwäbisch Hall-Crailsheim mit Mikrofon auf der Wiese und klärt auf: „Wir führen hier eine öffentliche Feuerwehrhauptübung aus. Wir erklären Ihnen, welche Aufgaben das Einsatzteam bewältigen muss, um Menschenleben zu retten.“ Ein Garagenbrand habe sich ausgebreitet und mehreren Menschen im Haus sei der Weg ins Freie verschlossen. Es gebe vermutlich Verletzte, die medizinische Hilfe bräuchten und weitere Hausbewohner seien vor dem Rauch auf den Balkon geflüchtet.
Die Schaulustigen beobachten gespannt die bis ins Detail geplanten Abläufe. Während einige Feuerwehrleute den Schlauch ausrollen und sich Schutzmasken überziehen, tragen andere Feuerwehrmänner eine Leiter zum Balkon, um den dort ausharrenden Personen einen schnellen Rettungsweg zu ermöglichen. Es dauert nicht lange, bis die erste Hausbewohnerin die Stufen aus eigener Kraft nach unten klettert.
Obwohl eine Rettungssanitäterin gleich zur Stelle ist, scheint die Dame keine medizinische Erstversorgung zu benötigen. Aber der Schock steht ihr noch ins Gesicht geschrieben. Mit einer weiteren Mikrofon-Ansage lenkt Schirle den Blick der Menge auf den Hauseingang. Ein paar Feuerwehrleute haben sich in das Haus gewagt, um zwei männlichen Bewohnern zu helfen.
Manuela Weber kommentiert die Szene. „Die Feuerwehrleute tragen einen verletzten Mann nach draußen, der eine starke Brandwunde am rechten Bein hat. Er muss sofort mit der Trage abtransportiert werden und vom Sanitätsteam ärztlich versorgt werden.“ Weber weiß als Ausbilderin für Rettungssanitäter und -sanitäterinnen beim Roten Kreuz, wie wichtig die erste Versorgung von geborgenen Personen ist. „Personen, die nicht ansprechbar sind, haben Vorrang“, betont sie.
So sei sofortiges Handeln bei einer vermutlichen Kohlenmonoxidvergiftung und einer damit einhergehenden Bewusstlosigkeit überlebenswichtig. Der junge Mann, der von einer Sanitäterin und ihrem Kollegen auf der Trage abtransportiert wird, rührt sich nicht. Eventuell macht ihm nicht nur der eingeatmete Rauch zu schaffen, sondern auch die tiefe Brandwunde am Bein. Sie ist zum Glück nur aufgemalt, sieht für Außenstehende trotzdem zum Fürchten aus.
„Durch den Verlust der Haut und ihrer Schutzfunktion ist bei Verbrennungsopfern die Wärmeregulation des Körpers gestört. Bei der Erstversorgung muss eine weitere Auskühlung vermieden werden“, erklärt Weber. Mehrere Feuerwehrleute blenden derweil die Dramen aus, die sich nur wenige Meter um sie herum abspielen. Sie sind auf eine andere Aufgabe fokussiert, wie Schirle weiß. „Sie suchen gezielt die Garage nach brennbaren Materialien und Flüssigkeiten ab.“
Eigene Leute überwachen
Etwas abseits des Geschehens sprechen zwei Feuerwehrleute miteinander. Einer der Männer hält etwas Rotes in DIN-A4-Größe in der Hand, das aus der Ferne wie ein Klemmbrett mit Notizblock aussieht. „Das ist ein Gerät zur Unterstützung der Atemschutzüberwachung, die für eine Solleinsatzzeit von 30 Minuten geeignet ist“, erläutert Schirle.
Die 30 Minuten werden bei der Feuerwehrhauptübung jedoch nicht ausgereizt. Der Einsatz endet erfolgreich in weniger als 25 Minuten. Schirle freut sich, dass die Feuerwehrhauptübung gut ankam: „Die Feuerwehr leistet für die Bevölkerung wichtige Dienste. Das umschließt nicht nur die Brandbekämpfung.“
Einsatz Die Freiwillige Feuerwehr Bühlertann probt am Sonntag für den Ernstfall. Schaulustige können sich dabei ein Bild von der Arbeit der Feuerwehr machen, die nicht ungefährlich ist.
Durch den Verlust der Haut ist die Wärmeregulation des Körpers gestört. Manuela Weber Ausbilderin