Leiharbeit und Aushebelung von Gesetzen

  • 200 bis 250 Lkw werden pro Nacht das Lager in Hengen ansteuern. Wolf von Dewitz

In einem Bericht von sol.de vom 28. August 2020 zum neuen Amazon-Verteilzentrum in Völklingen (Saarland) im Herbst 2020 heißt es: „Amazon-Zentrum in Völklingen-Wehrden startet mit Leiharbeiter-Quote von 70 Prozent. 110 Jobs soll es bei Amazon in Wehrden geben. Bei lediglich 25 bis 30 davon soll es sich in der Startphase um Direktanstellungen handeln. Die restlichen Arbeitsplätze besetze der Internet-Riese über eine Zeitarbeitsfirma.“

attac.at berichtet 2019, dass nur 16 von 150 Beschäftigten in Großebersdorf (Österreich) direkt angestellt sind und der Rest durch Leiharbeiter gedeckt sei.

Können wir hier in Anbetracht der gewaltigen und dramatischen Nachteile von Leiharbeit ernsthaft von „Perspektive für unsere jungen Leute sprechen?“. Möchten die Verantwortlichen wirklich dafür sorgen, dass auch in Hengen Arbeitsplätze geschaffen werden mit fehlender Planungssicherheit für die Zukunft einer Familie oder dass Beschäftigte sich täglich sozial ausgegrenzt fühlen, weil sie nicht zur Stammbelegschaft gehören (Zwei-Klassen-Gesellschaft) oder dass Arbeitnehmer schlechter bezahlt werden für gleiche Arbeit? Ist dieses System auf Kosten der Belegschaft auf der einen Seite und einem gigantischen Umsatz von 638 Milliarden im Jahr 2024 auf der anderen Seite erstrebenswert?

Ausgerechnet der SPD-Politiker Elmar Rebmann bewirbt das Vorhaben als ,,Perspektive für unsere jungen Leute“. Wohingegen seine Partei eigentlich für ,,gleichen Lohn für gleiche Arbeit“ oder ,,gegen Missbrauch der Leiharbeit durch Lohndumping“ steht.

Hinzu kommen etliche schwerwiegende Verstöße bei Amazon in Deutschland beim Datenschutz, wettbewerbsfeindliche Praktiken („Dem Konzern werden illegale Praktiken vorgeworfen, die die Preise für Händler und Verbraucher in die Höhe treiben“, berichtet die Tagesschau am 21. November 2024) so wie Steuerschlupflöcher und Steuertricksereien unter anderem durch Verlustverschiebungen. Amazon soll auf drei Viertel seiner aus dem EU-Umsatz erzielten Gewinne keine Steuern gezahlt haben, berichtet ntv am 12. Mai 2021. Kaum eine Firma hat von der Corona-Krise so profitiert, wie Amazon. Amazon hat es geschafft, sich so arm zu rechnen, dass es für sein Europageschäft im Jahr 2020 nicht einen Cent Körperschaftssteuer zahlen musste.

Unter anderem herrschen miese Arbeitsbedingungen (siehe unter anderem kununu.com oder einen Bericht von Panorama 3). Erst kürzlich besuchte eine SPD-Delegation den Amazon-Logistikstandort in Winsen (Niedersachsen) und berichtete, dass „erheblicher Handlungsbedarf besteht, um faire und gesunde Arbeitsbedingungen zu gewährleisten“ (Bericht auf süderelbe.de vom 27. September 2025). Darüber hinaus ist Amazon bekannt für einen schlechten Umgang mit Subunternehmern – unbezahlte Krankheitstage trotz Nachweis, unwirksame Kündigungen, Lohnabzüge ohne Begründung, Arbeitsunfälle und Verstöße gegen das Arbeitszeit- und Mindestlohngesetz, Sozialversicherungsbetrug und Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung und vieles mehr, bis hin zu „schwerer struktureller Kriminalität“ (Zitat aus einem Brief des Zolls an das Bundesfinanzministerium).

Übrigens: Laut internen Strategiepapieren will Amazon in den USA 600.000 Arbeitsplätze automatisieren (Bericht von focus.de vom 21. Oktober 2025). Außerdem: Amazon zerstört durch sein Steuer-, Lohn- und Preisdumping den lokalen Handel und lokale Arbeitsplätze. Nach Schätzungen werden in den USA für jeden von Amazon geschaffenen Arbeitsplatz zwei Arbeitsplätze vernichtet. Hierzu kann sich gerne jeder sein eigenes Bild machen...

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