100 Jahre Geschichtsverein: „Schatz für alle“ bewahren
Festakt Vor 100 Jahren gründeten geschichtsbewusste Göppinger den Geschichts- und Altertumsverein. Jetzt wurde im Alten E-Werk zurückgeblickt und gefeiert.
Schwierige Zeiten lagen hinter dem Land und auch der Stadt, als sich im März 1925 auf Initiative von Oberbürgermeister Otto Hartmann, dem Oberamtmann August Feurer und dem Zeitungsverleger Johannes Illig geschichtsbewusste Göppinger zusammenfanden und den Geschichts- und Altertumsverein (GAV) aus der Taufe hoben, „zwischen zwei Weltwirtschaftskrisen und zwei Weltkriegen und der Katastrophe des Dritten Reiches“, wie Dr. Stefan Lang, der Vereinsvorsitzende einordnete.
Seither werden die Stadt- und Regionalgeschichte erforscht, Mitglieder und Interessierte regelmäßig zu Vorträgen und Exkursionen eingeladen. Jetzt feierten die Mitglieder des GAV das 100-jährige Bestehen mit zahlreichen Ehrengästen im Alten E-Werk „als Bauzeugen des frühen 20. Jahrhunderts“. Dr. Stefan Lang, seit mehr als zehn Jahren Vorsitzender des GAV, betonte in seiner Begrüßung „das beeindruckende Jubiläum unseres Vereines“, der „Teil der Stadtgeschichte“ sei und „immer auch ein Spiegel seiner Zeit“.
Den Gründern war es nicht nur darum gegangen, die Geschichte zu erforschen und zu vermitteln. Mit ihrer Sammlung von Altertümern, die ihnen bedeutsam waren als lebendige Zeugen der Stadtgeschichte, legten sie den Grundstock für das heutige Stadtmuseum im Storchen und für das Naturkundliche Museum in der ehemaligen Badherberge in Jebenhausen. Ungewöhnlich sei die enge Kooperation mit dem Kunst- und Geschichtsverein Geislingen. Lang betonte: „Seit 1991 geben wir gemeinsam unser Jahrbuch Hohenstaufen/Helfenstein heraus.“
Göppingens Erster Bürgermeister Johannes Heberle hob in seinem Grußwort die Bedeutung des GAV „als Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Wissensvermittlung“ hervor. Er betonte die Wichtigkeit der musealen Sammlungen für Göppingens Identität. Den „Schatz für alle“ gelte es „bestmöglich zu bewahren“. Auch die Sammlung Dr. Engel, die die Stadt 1925 gekauft hatte, damals „den Wert der herausragenden Sammlung erkannte“.
Schriftführer Dr. Dominik Gerd Sieber hatte zu einem Gang durch die 100-jährige Vereinsgeschichte schlaglichtartig eingeladen. Die Gründer hätten „Geschichte weit zurückgedacht“ und konnten ihre Sammlung von Altertümern ab 1931 in der alten Handelsschule (heute Spitalplatz) präsentieren. Die Pläne, den „Storchen“ als Museum zu eröffnen, vereitelte der zerstörerische Krieg.
Erst 1949, also nur kurze Zeit nach dessen Ende, wurde das Museum eröffnet – nicht ohne kritische Stimmen, die fragten, ob es nicht Wichtigeres gebe. Der Referent hob hervor, dass der Verein „eine tragende Rolle spiele, wenn es darum geht, Geschichte lebendig zu halten“. Dazu gehöre auch der ehrenamtliche „Archäologischer Arbeitskreis“ als „wertvolle Institution“.
„Die Stadt hat kein Geld“ – diese Schlagzeile stammt nicht etwa aus dem Jahr 2025 – so titelte die Lokalzeitung auch im Sommer 1925. Mit seinem Spaziergang durch das Jahr 1925 anhand von Berichten aus den Göppinger Zeitungen machte Dr. Stefan Lang augenscheinlich, dass es Themen gibt, die die Göppinger immer wieder beschäftigt haben. „Die Diskussion um eine Festhalle“ etwa. Damals war sie der Wunsch vieler Vereine, die darauf freilich weitere 30 Jahre warten mussten. Heute gehe es um den möglichen Verkauf der Stadthalle.
Oder die Klage über ein Weihnachtsfest, das es wieder einmal verregnet hatte – oder alkoholische Exzesse an Silvester. Damals wie heute ist die Stadt von ihrem Vereinsleben geprägt. Und damals wie heute spiegelten sich die „gemäßigten lokalpolitischen Auseinandersetzungen“ in den drei Göppinger Zeitungen wider.
Der Festakt wurde vom Hartmut-Zeller-Quartett mit Musik aus den späten Zwanzigern des 20. Jahrhunderts stimmungsvoll umrahmt.
Es gibt noch sehr viel zu erforschen und zu hinterfragen. Dr. Stefan Lang Vorsitzender des GAV
Verein spielt eine tragende Rolle, wenn es darum geht, Geschichte lebendig zu halten. Dr. Dominik Gerd Sieber Schriftführer des Vereins