Fahrschulen sind skeptisch
Führerschein Reformvorschläge sollen dafür sorgen, dass der Führerschein künftig wieder günstiger wird. Aktuell liegt der Durchschnittspreis im Land bei 3400 Euro.
Für viele Jugendliche in ländlichen Regionen ist das Szenario alltäglich: Der Bus fährt nur einmal pro Stunde – ohne Führerschein ist man kaum mobil. Doch in den vergangenen Jahren ist der Erwerb des Führerscheins immer teurer geworden. Für einen Führerschein der Klasse B zahlt man in Baden-Württemberg gerade durchschnittlich 3400 Euro. Für viele ist das zu teuer - Mobilität wird zunehmend zum Privileg. Um dem entgegenzuwirken, veröffentlichte das Verkehrsministerium Reformvorschläge, die den Führerscheinerwerb künftig günstiger machen sollen. Zwei Göppinger Fahrschulen geben ihre Einschätzung zur Wirksamkeit dieser Maßnahmen.
Die Gründe, für die steigenden Führerscheinkosten sind vielseitig: „Fahrzeuge, Mieten, Sprit“, zählt Serkan Esmer von der Fahrschule Speedy auf. „Aktuell wird alles teurer, davon sind wir als Fahrschule leider auch betroffen.“ Dennoch gehe in der Debatte ein wichtiger Aspekt unter: „Die Generation der Fahrschüler änderte sich ebenfalls. Viele sind unzuverlässig und nehmen nicht regelmäßig Fahrstunden“, erklärt Serkan Esmer.
Auch Timo Stahl von der Fahrschule Stahl bestätigt: „Ich bin seit 35 Jahren Fahrlehrer und merke einen deutlichen Wandel bei Motivation und Ehrgeiz. Viele bringen das Grundhandwerkszeug einfach nicht mehr mit.“ Man wolle die Schülerinnen und Schüler nicht schlecht reden, betont er, „Aber das ist eben auch ein Teil der Wahrheit, der in der Debatte oftmals untergeht.“
Dass der Theorieunterricht in Zukunft nicht mehr verpflichtend in Präsenz stattfinden soll, sehen die Göppinger Fahrschulen eher kritisch. Zwar sei es, laut Serkan Esmer ein guter Ansatz – so könne man sich die teuren Mieten sparen – allerdings berge es auch viele Risiken. „In einer guten Fahrschule wird den Schülern die Verantwortung vermittelt, die im Straßenverkehr auf sie zukommt. Gerade für Menschen mit sprachlichen Defiziten ist es hilfreich, mit dem Fahrlehrer persönlich zu sprechen und ihn wahrzunehmen“, erklärt Timo Stahl.
Positiver sehen die Göppinger Fahrschulen die geplanten Simulatorstunden – allerdings mit Einschränkungen. Durch diese erhoffen sich die Fahrschulen, Kosten für einen Schaltwagen einsparen zu können. Allerdings erklärt Serkan Esmer: „Auch die Simulatoren muss man bezahlen, zudem braucht man Räumlichkeiten, in denen die Schüler lernen können und Lehrer, die den Schülern das Schalterfahren mit Simulatoren beibringen – das sind neue Kosten, die auf uns zukommen.“ Außerdem könne man das Fahren mit dem Simulator nicht mit dem Fahren auf der Straße und in echten Verkehrssituationen vergleichen. „Den Schülerinnen und Schülern wird es künftig noch schwerer fallen, sich mit Schaltwagen im Straßenverkehr zurechtzufinden.“
Den Vorschlag, dass die Anzahl der verpflichtenden Sonderfahrten gekürzt werden soll, halten die Fahrlehrer für nicht besonders sinnvoll. Timo Stahl erklärt: „Oft haben Fahranfänger ohnehin schon ein geringes Selbstbewusstsein – mit jeder Minute weniger Fahrunterricht wird dieses Selbstbewusstsein weiter abnehmen.“ Serkan Esmer ergänzt: „In Zukunft werden die Fahrschüler zusätzliche Fahrten ablehnen, wenn diese keine Pflicht mehr sind – sogar wenn diese eigentlich nötig wären.“ Grundsätzlich sehen die Fahrlehrer in den Reformvorschlägen als einen Schritt in die richtige Richtung. Eine Idee wäre es laut Timo Stahl, die Assistenzsysteme im Theorieunterricht nicht mehr ausführlich zu besprechen oder die Schaltwagenstunden nicht mehr verpflichtend zu machen. Timo Stahl ist skeptisch: „Es bleibt abzuwarten, inwiefern die Reformvorschläge überhaupt umgesetzt werden – wir von den Fahrschulen wurden bis jetzt noch über keine Änderungen informiert.“