„Ich bin extrem dankbar dafür“
Moment Mal Bitte! Für Tin Tomic ist das Spiel des SSV Geißelhardt beim MTV Ludwigsburg II eine besondere Partie. Schließlich hat er dort fast zehn Jahre lang Volleyball gespielt.
Tin Tomic ist einer von drei Neuzugängen der Regionalliga-Volleyballer des SSV Geißelhardt. Dem 28-Jährigen wurde die Liebe zum Volleyball sozusagen in die Wiege gelegt. Sein Vater spielte in Bosnien bereits professionell Volleyball. Mit zehn Jahren folgte Tin Tomic den Spuren seines Vaters, trat in seiner Geburtsstadt Backnang in die Volleyball-Abteilung der TSG ein. Gleichzeitig spielte er auch Fußball, doch nach einigen Jahren entschied er sich für die Hallensportart. Zum einen, weil er erfolgreich war, gesichtet wurde und in Auswahlen spielte, zum anderen, weil er mit Markus Weiß einen Förderer hatte, der ihn auf einigen Stationen begleitete. Tin Tomic spielte in der 3. Liga mit dem MTV Ludwigsburg sowie in der 2. Bundesliga mit Ludwigsburg und dem SV Fellbach. Fast zehn Jahre lang war er für den MTV Ludwigsburg aktiv. An diesem Samstag (19 Uhr) kehrt er mit Geißelhardt zum MTV zurück. Der SSV tritt bei der zweiten Mannschaft der Barock Volleys an, deren Kapitän Tin Tomic war.
Herr Tomic, wie ist Ihre Gefühlslage vor dieser Begegnung?
Ich verspüre wirklich eine sehr große Vorfreude. Der MTV Ludwigsburg II besteht zu fast 90 Prozent aus ehemaligen Mitspielern, mit denen ich einen sehr langen Weg zurückgelegt habe. Mit manchen habe ich schon zu Oberliga-Zeiten zusammengespielt, mit anderen seit der Regionalliga. Zudem steht uns mit Sander Schaefers mein Trauzeuge gegenüber. Ihn habe ich damals von einem Wechsel von Sindelfingen nach Ludwigsburg überzeugen können. Ich erinnere mich an viele schöne Momente beim MTV Ludwigsburg, solange ich das letzte halbe Jahr ausklammere.
Sie sind im Januar 2025 freiwillig gegangen. Was ist passiert?
Den MTV Ludwigsburg hatte zuvor immer eine große Identifikation der Spieler mit dem Verein ausgezeichnet. Dann haben sich die Umstände deutlich verändert. Der Sport stand meiner Meinung nach nicht mehr im Fokus. Da war für mich klar, dass ich gehe. Ich hatte zwar Anfragen, auch von der zweiten Mannschaft, gegen die wir jetzt spielen, aber ich wollte bewusst etwas Abstand zum Verein und habe die Zeit für meine Familie genutzt. Zudem habe ich ab März meine Leidenschaft für Beachvolleyball wieder entdeckt.
Wie kam es zum Kontakt mit dem SSV Geißelhardt?
Mit Raphael Noz habe ich in Ludwigsburg zusammen gespielt. Er hatte vor mir in Geißelhardt zugesagt. Wir haben dann miteinander telefoniert. Daraufhin hat Raphael wohl Marian Epple darüber informiert, dass ich noch keinen neuen Verein habe. Jedenfalls hatte ich keinen Tag später eine Nachricht von Marian (lächelt).
War Ihnen der SSV Geißelhardt ein Begriff?
Ja, denn ich hatte in der Jugend mit der TSG Backnang bereits gegen den SSV Geißelhardt gespielt und kann mich an den ein oder anderen erinnern, der jetzt mein Teamkollege ist.
Wie haben Sie auf die Anfrage reagiert?
Ich wollte den SSV kennenlernen. Am Wichtigsten aber war mir, wieder Spaß am Volleyball zu haben. Den hatte ich zwischenzeitlich verloren. Ich war dann in der vergangenen Saison im Probetraining. Das war kurz vor dem VLW-Pokalfinale, das der SSV Geißelhardt dann gewonnen hat. Das Training war richtig gut, das hat mir gefallen.
In der Vergangenheit hat der SSV durchaus damit kokettiert, das Team aus dem Mainhardter Wald zu sein, also aus der Provinz. Wie haben Sie die Mannschaft erlebt?
Als einen positiv verrückten Haufen! Ich hatte auch sehr gute Gespräche mit Patti (Trainer Patrick Dahlke, Anm. d. Red.). Ich habe schon gemerkt, dass der SSV ein bisschen anders ist als andere Vereine. Es ist ein kleiner Verein, alles geht sehr familiär zu. Lukas Feuchter ist in der Abteilungsleitung involviert, Tobias Bauer ist Vereinsvorstand. Auch daran kann man das Herzblut erkennen, dass von diesen Menschen in den Verein fließt.
In Ludwigsburg hatten Sie drei- oder viermal pro Woche Training, beim SSV wird nach wie vor zweimal pro Woche trainiert. Haben Sie lange gebraucht, um zuzusagen?
Nein. Dass ich etwas weniger Zeit pro Woche mit dem Volleyball verbringe, kommt mir in meiner jetzigen Lebensphase entgegen. Entscheidend aber war etwas anderes: Ich bin extrem dankbar dafür, wie schnell und gut ich hier aufgenommen wurde. Dabei hatte ich schon etwas Bedenken.
Warum?
Für viele beim SSV Geißelhardt ist die Regionalliga komplettes Neuland. Ich wollte nicht nur den Spaß am Volleyball wiederfinden, sondern mir geht es auch darum, meine Erfahrung und mein Wissen weitergeben zu können. Ich wusste nicht, wie die Spieler darauf reagieren, wenn ich als Neuer dann parallel zum Coach viel im Training spreche. Aber meine Furcht war völlig unbegründet, denn ich habe schnell gemerkt: Die Spieler wollen das, sie sind wissbegierig.
Der Saisonauftakt bestätigt das. Der SSV Geißelhardt war als Aufsteiger in der Regionalliga bislang sehr erfolgreich.
Ja, technisch und taktisch haben viele einen Sprung nach vorne gemacht. Wir haben eine gewisse spielerische Qualität, auch, aber nicht nur wegen Neo und Marian Epple. Ein Paul Stieper gehört ebenso dazu, der bislang eher unter dem Radar vieler Beobachter geflogen ist. Deshalb bin ich überzeugt davon, dass wir in dieser Saison erfolgreich sein können. Die TG Schwenningen ist für mich der klare Favorit, aber auch gegen diesen Gegner sehe ich uns nicht chancenlos. Und dann sind da noch die TSG Tübingen und der TSV Georgii Allianz Stuttgart. Das sind zwei sehr gut eingespielte, erfahrene Mannschaften. Das Spiel jetzt in Ludwigsburg wird auch ein gewisser Gradmesser.
Ein bisschen überraschend ist der Erfolg von außen betrachtet schon, schließlich haben bislang einige Spieler verletzungs- oder urlaubsbedingt gefehlt.
Ja, Lukas Feuchter hat sich den Mittelfuß angebrochen und Raphael Noz hat einen Syndesmosebandteilriss. Dazu war Kim Schweizer im Urlaub, er kommt jetzt zurück. Lukas wird demnächst wieder einsteigen. Gegen Offenburg musste unser Libero Luca Zimmermann krankheitsbedingt passen. Da hat Robin Vogel die Libero-Rolle übernommen. E hat das zwar früher gespielt, aber zuletzt nicht trainiert. Jeder stellt sich aber in den Dienst der Mannschaft. Auch das zeigt den besonderen Teamzusammenhalt.
Sie haben mit dem MTV Ludwigsburg schon vor mehreren Hundert Zuschauern gespielt. In Mainhardt ist die Steinbühlhalle schon fast traditionell voll, wenn der SSV spielt. Ist das für Regionalliga-Verhältnisse tatsächlich so außergewöhnlich?
Ja, mich hat das auch positiv überrascht. Ich habe in Ludwigsburg vor vielen Zuschauern gespielt, sowie in größeren Hallen wie der Rundsporthalle, also dort, wo die Bundesliga-Basketballer früher ihre Heimat hatten. Das waren besondere Spiele, als Event aufgezogen. Dass hier in Mainhardt so viele Menschen zuschauen, ist beachtlich. Ich war beim VLW-Pokalfinale gegen Esslingen als Zuschauer dabei, habe mich in eine Ecke gequetscht und dort auf dem Boden gesessen. Das war schon besonders und laut (lächelt).
Jetzt in Ludwigsburg werden es sehr wahrscheinlich nicht ganz so viele sein. Haben Sie besonders viel Zeit nach der Begegnung eingeplant?
Natürlich! Ich werde mit vielen ehemaligen Weggefährten sprechen und das ein oder andere Kaltgetränk wird auch dabei sein.