Woran soll in Deggingen gespart werden?

  • Der Gemeinderat Deggingen diskutierte intensiv über das Investitionsprogramm für die kommenden Jahre. Wegen der Diskussion um Sparmaßnahmen wird am 27. November eine gesonderte öffentliche Sitzung abgehalten werden. Foto: Markus Sontheimer

Finanzen In der jüngsten Gemeinderatssitzung in Deggingen wurde über das Investitionsprogramm vorberaten. Nach Ansicht des Kämmerers müssen viele Projekte gestrichen werden – doch der Gemeinderat tut sich schwer.

Was kann man noch auf die lange Bank schieben?“, fragt Kämmerer Peter Piehlmaier die Degginger Gemeinderäte, die vor sich das Investitionsprogramm der Gemeinde bis 2029 liegen haben. So einige große Vorhaben stehen innerhalb der nächsten vier Jahre an: Der Bau einer Kalthalle sowie die Sanierung des Bauhofs, weitere Maßnahmen zur Sanierung der Grundschule in Reichenbach, der Glasfaserausbau, Sanierung von Straßen, der Hochwasserschutz in Reichenbach oder auch die neue Ortsmitte in Deggingen.

Zuvor gibt der Kämmerer dem Gremium einen Überblick über die aktuelle Finanzlage der Gemeinde. Aktuell belaufen sich die liquiden Mittel laut Piehlmaier auf rund 6,5 Millionen Euro. Wolle die Gemeinde alle schon beschlossenen Maßnahmen umsetzen, „dann ist nächstes Jahr das ganze Geld weg“, fasst er zusammen. Denn man müsse zusätzlich Kredite in Höhe von rund 600.000 Euro aufnehmen, um alles bezahlen zu können. Auch die Gewerbesteuer sei im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen, von 3,1 Millionen im Jahr 2024 auf zirka zwei Millionen in diesem Jahr. Ohne Streichungen käme es – so die Rechnungen von Piehlmaier – zu weiteren Kreditaufnahmen in Höhe von rund fünf Millionen Euro. „Die Verschuldung könnte sich dadurch verachtfachen“, prophezeit er. Ein Plus für die Gemeindekasse komme vor allem aus den Grundstückserlösen von den Baugebieten Birkhof und in der Riegelstraße.

Der Kämmerer blickt in seiner Ansprache auch auf die Finanzen der benachbarten Bad-Gemeinden: „Wie sollen die noch ihren Pflichtaufgaben nachkommen?“, fragt er. Für Bürgermeister Markus Schweizer ist klar: „Unser Haushalt gerät zusehends in Schieflage.“ Steueranpassungen seien unausweichlich. Der Schultes macht daher einige Vorschläge, wo gespart werden könnte. Beispielsweise könne man die Sanierung der alten Degginger Grundschule zurückstellen. Für diese hat Piehlmaier rund 2,5 Millionen Euro angesetzt. Da das Gebäude aktuell noch von einer Kindergartengruppe und der Bodelschwingh-Schule genutzt werde, könne man mit einer Sanierung warten. Auch beim Hochwasserschutz in Reichenbach sieht er Einsparpotenzial. Er wolle die Planungen am Fischbach priorisieren. „Es ist unmöglich, als kleine Gemeinde beide Projekte zu verfolgen“, so Schweizer. Er könne sich vorstellen, die Projekte hintereinander durchzuführen. Als Letztes nannte er den Einbau neuer Fenster in der Reichenbacher Grundschule. Dieser sei durch keine Fördermittel gedeckt, könnte aber in einem zweiten Bauabschnitt zusammen mit der Fassade realisiert werden. Gemeinderatsmitglied Gustav Bund regt an, sich beim Thema Hochwasserschutz noch einmal die Engstellen der Dolen anzuschauen und diese eventuell zu beseitigen. Wenn so eine Verbesserung am Fischbach eintrete, müsse man am Eichholz vielleicht gar nichts mehr machen. Auch Gemeinderat Joachim Traub befürwortet den Vorschlag, den Fischbach zu priorisieren und schlägt das Motto „Fischbach first“ dazu vor. Reichenbachs Ortsvorsteherin Klothilde Maier-Brandt stimmt der Idee ebenfalls zu, will aber die neuen Fenster für die Reichenbacher Grundschule nicht aufschieben. Diese ließen sich aufgrund des Mechanismus kaum bis gar nicht mehr öffnen, seien jedoch Fluchtwege. Die Entscheidung dazu wurde vertagt.

Nach längerer Diskussion beschließt der Gemeinderat dann einstimmig, die Sanierung der alten Grundschule in Deggingen aus dem Investitionsprogramm herauszunehmen, den Hochwasserschutz am Eichholz ebenfalls. Dafür bleiben die Planungskosten für den Fischbach drinnen. Auf den Vorschlag von Gemeinderat Stefan Heilig hin nimmt Schweizer noch die beiden Punkte „Erlebbarmachung Fils“ sowie einen geplanten Fußgängersteg über die Fils ebenfalls mit auf.

Doch Kämmerer Peter Piehlmaier ist von diesen Vorschlägen nicht begeistert. Alle Projekte seien nur geschoben und nicht gestrichen worden. „Warum reden Sie sich die Situation so schön? Die Situation ist beschissen“, macht er deutlich und verweist erneut auf die notwenigen Kredite und den Aufbrauch der liquiden Mittel. Der Gemeinderat riskiere so eine höhere Verschuldung. Außerdem habe er die Sorge, dass solch ein Haushalt im kommenden Jahr nicht genehmigt werde.

Joachim Traub fühlt sich jedoch von Piehlmaier zu Unrecht kritisiert, seien alle Projekte doch Vorschläge seitens der Verwaltung gewesen und nicht vom Gemeinderat. Warum man nun „einen Rüffel“ für die Entscheidungen bekomme, verstehe er nicht. Bürgermeister Schweizer verteidigt die Verwaltung, vieles sei noch vor seiner Amtszeit beschlossen worden, manche Problematiken wie die Sanierung des Bauhofs diskutiere man schon seit Jahren.

Am Ende der Sitzung entscheiden sich der Gemeinderat und die Verwaltung dazu, für die vom Kämmerer geforderten Sparmaßnahmen eine gesonderte, öffentliche Sitzung abzuhalten. Diese wird am Donnerstag, 27. November, stattfinden. Bürgermeister Schweizer hält abschließend fest: „Es war kein Pappenstiel, was wir jetzt beschlossen haben. Doch alles zusammenzustreichen bringt die Gemeinde auch nicht voran.“

Unser Haushalt gerät zusehends in Schieflage. Markus Schweizer Bürgermeister

Gegenseitige Kritik im Gemeinderat.

VORHERIGER ARTIKEL NÄCHSTER ARTIKEL