Windräder: Der Lärm ist zurück, der Brummton auch
Frust Anwohner in Baiereck klagen wieder: Wir können nicht schlafen. Betreiber und Genehmigungsbehörde glauben an eine Lösung des Problems.
Der Ärger über die Windräder oberhalb von Baiereck ist zurück. Seit vorigen Dienstag laufen die Anlagen wieder, nachdem ein Testlauf ergeben hatte: Der Brummton ist weg. Die Erfahrungen jetzt: „Am Dienstag und Mittwoch war es wirklich erträglich“, sagt Vincent Krapf, der Ortsvorsteher von Nassachtal-Diegelsberg, „das hat die Bürger hoffen lassen.“ Aber dann kam die Nacht von Donnerstag auf Freitag, „da sind wir eines Besseren belehrt worden“, klagt Krapf. „Es war furchtbar laut, und der Brummton war wieder so, wie mit dem alten Getriebe. Kein Unterschied.“ Bis Sonntagabend seien die Windräder laut gewesen, am stärksten eben Donnerstagnacht und Samstag tagsüber. Krapf hört die Bürger sagen: Es war wie an Weihnachten voriges Jahr, da stand Baiereck Kopf wegen des Windradlärms, und er selbst sagt das als Anwohner auch. Krapf hört die Befürchtung: „Es geht wieder von vorne los.“
Eine Mail nachts um drei
Der Brummton ist das eine. Die Windräder erzeugen auch ein Geräusch, „wie wenn ein Flugzeug über Baiereck steht“, sagt Krapf. Ein Bürger habe ihm am Samstagnachmittag gesagt: Wie wenn man in einem Industriegelände steht. Und wie es jetzt in den Nächten war: „Die Leute sagen, sie können nicht schlafen“, berichtet Krapf. Er habe Mails nachts um 3 Uhr bekommen. Von Leuten, die trotz geschlossenem Fenster vom Windradlärm aufgewacht seien. Krapf berichtet von jeder Menge Anrufe, Mails und Beschwerden über Whatsapp: so viele, dass er keine ruhige Minute gehabt habe. Und, auch das ein Punkt: Ganz viele Hunde und Tiere seien nervös gewesen. So wie Professor Frank Kameier von der Hochschule Düsseldorf, mit dem die Baierecker in Kontakt sind, es bei Windradlärm auch sage.
„Wir nehmen das sehr ernst“
Dass es nicht wieder losgeht, das wollen auch Jupp Jünger vom Landratsamt, zuständig für die Genehmigung der Windräder, und Projektleiter Dr. Matthias Pavel vom Anlagenbetreiber Uhl. Sie kennen die Beschwerdeflut, bei Jupp Jünger ist sie auch eingegangen. „Das war ab Donnerstagabend bis Sonntagmittag“, sagt er. Und für sie beide war es auch ein Wechselbad der Gefühle. Er sei in den ersten drei Tagen mehrfach vor Ort gewesen, sagt Jünger, und habe sich gefreut, „da war alles völlig unauffällig.“ So sei es auch noch gewesen, als Pavel am Donnerstag um 20 Uhr nach den Windrädern geschaut hatte. Und dann kam es anders. „Total bedauerlich und ärgerlich“, sagt Jünger. Er sei dankbar für die Rückmeldungen, „wir nehmen das sehr ernst“. Zusammen mit dem Anlagenbetreiber werte man gerade aus, woran es liegen könnte. Wenn man Aussagekräftiges habe, werde man das weitere Vorgehen besprechen und umfassend informieren. Jünger wagt die Aussage: „Wir finden heraus, woher es kommt. Und wir finden dafür eine Lösung.“
Ton auch in unauffälliger Nacht
Karsten Wakolbinger findet es super positiv, „dass wir ernst genommen werden“. Er hat eine Messstation auf seinem Balkon und kann Genaues zu den Lärmnächten sagen. Dass er einen Brummton registriert hat, und zwar schon in der ersten Nacht, als noch niemand protestierte. Er hat ihn auf seinen Spektrogrammen, ein Ton bei 129 Hertz, mal schwächer und mal stärker. Wakolbinger hat ihn auch als Höraufnahme. Man hört ein Rauschen, auch einen Rhythmus des Windrads, und unterlegt tritt eben dieser Ton auf. „Der ist bei Weitem nicht so schlimm wie Anfang des Jahres“, sagt Wakolbinger. „Er hat sich verändert. Aber es ist nicht so, dass es akzeptabel ist.“ Ein Dezibel dürfe er haben, das gilt noch nicht als Ton, aber hier schwankte er zwischen einem und vier Dezibel. „Man muss kein Experte sein, dass hier etwas nicht stimmt“, kommentiert er. Und weil es diesen Ton gebe, den das Messprogramm berechnet, müsse man ihn zum Grundpegel dazurechnen. Der war in dieser Nacht nach seinen Aufzeichnungen zwischen 38 und 39 Dezibel. Mit dem Ton – zwischen einem und vier Dezibel – war der Grenzwert von 40 Dezibel also mindestens teilweise überschritten.
In der lauten Donnerstagnacht hat Wakolbinger 41 und 42 Dezibel als Grundpegel gemessen – „eindeutig über dem Grenzwert.“ Und dazu kommt wieder der Ton, zwischen einem und vier Dezibel. So mal ein Wert herausgegriffen: Um 3.34 Uhr waren’s 46 Dezibel.
„Die Leute waren schockiert“
„Drei Dezibel sind eine Verdoppelung der Lautstärke“, betont Wakolbinger. „Deswegen waren die Leute schockiert. Die ganze Nacht war kein Wert unter 40.“ Überraschend ist dabei, dass der Brummton in dieser Nacht schwankte, mal bei 99 Hertz, 104 oder 107 lag, sich dann in zwei Frequenzen teilte, die aber so schwach waren, dass das System hier kein Brummen ausmachte, und wieder zurückpendelte in eine schwankende Frequenz.
Gleichbleibend war er wieder in der Nacht auf Sonntag, wo das Grundgeräusch auch permanent über 40 Dezibel war – bei 42,5, 41,9, auch 43. Der Ton war da aber weniger stark, nur ein oder zwei Dezibel. Wakolbinger: „Man müsste erforschen, wie hängen diese Dinge zusammen.“ Dies sieht er als Aufgabe für die Wissenschaft. Sein Fazit: Eine Nacht war der Lärm unterm Grenzwert, aber mit Tonzuschlag darüber, in zwei Nächten darüber und mit Tonzuschlag weit darüber.