Der Klang der Heimat
Region Mit seinen schwäbischen Mundart-Gedichten hat sich der gebürtige Hayinger Klaus Schmidt beim Sebastian-Blau-Preis den Publikumspreis gesichert.
Als Klaus Schmidt 2019 bei einer Autorenlesung seines Bruders Ralf in Hayingen die Moderation übernahm, trug er selber Verfasstes vor und begeisterte. Begeisterung weckte er auch bei der Gala um den Sebastian-Blau-Preis, ausgelobt vom Verein „Schwäbische Mund.Art“ – und zwar beim Publikum, das ihn zum Sieger erkor. Bei seinem „Alb Rap“ hatte er es auch gleich einbezogen und schon hier mit schwäbisch-englischen Wortspielereien Aufmerksamkeit erregt: „Jo s isch edd grad cool do hooba auf dr Alb, isch an Kiddl coolr hald“. In den „Mauldascha“ dringt eine Liebeserklärung an die Mutter durch, in der schwäbischen „Fauna und Flora“ geht es nicht um Tiere und Blumen, sondern um Wirtshäuser, die nach ihnen benannt waren und „schau lang“ keine Gäste mehr bewirten, sondern „eiganga“ sind. Und wer sie vergessen oder noch nie gehört hat, der bekommt „Ausdrigg“ vermittelt, schwäbische Ausdrücke, wie „hendrafier“ und „hendraromm“. Für den Wettbewerb hat sich Klaus Schmidt in Schwäbisch sogar mit der japanischen Reimform Haiku befasst und ist in „Goddzigschdr“ philosophisch geworden.
Ein Mann mit vielen Talenten
Das kommt nicht von Ungefähr, hat Klaus Schmidt nach der Kindheit auf der Alb und dem Abitur in Reutlingen doch außer Sportwissenschaften, Soziologie, Geschichte und Germanistik auch Philosophie in Tübingen studiert, alles ohne Abschluss, aber mit Erfahrungen fürs Leben und seiner Sprachkunst. Als Fußballer in der dritten Oberliga beim SSV Reutlingen hat er nicht nur seine lange Studienzeit finanziert und von der Karriere auf dem Fußballfeld und sogar einem Weltmeistertitel geträumt. Geblieben ist der Abschluss als Diplom-Bibliothekar, ohne es zum Beruf zu machen. Dafür wertet er in seiner eigenen Firma für Kunden aus Wirtschaft und Wissenschaft, bis hin zu Ministerien Medien aus, arbeitet als Zen-Meister und leitet bei der VHS einen Literaturkreis.
Gedichte geschrieben hat der in Esslingen lebende 58-jährige zweifache Vater und Opa schon als Schüler, und während des Studiums hat er eines an der Uni unter dem Pseudonym „Claude“ eingereicht. Mangelndes Selbstvertrauen gibt er dafür an, dass er es nicht unter seinem Klarnamen tat. Es wurde prompt veröffentlicht.
„Ich brauche diese Wurzeln“
Lange schrieb Klaus Schmidt nur in Schriftdeutsch, bis nach zwölf, 13 Jahren „das Schwäbische zu mir kam“. Heute kann er nicht nachvollziehen, warum das geschah, meint aber, „ich musste erst Distanz zur Alb bekommen“. Dabei hatte er seines schwäbischen Dialektes wegen während der Studienzeit in Tübingen sogar eine Sprechausbildung gemacht, um ihn zu verlieren. „Die geistige Weite war mir im Dorf zu eng“, hält er fest, dafür hat er die Weite der Landschaft in der Stadt vermisst und sich der Heimat wieder angenähert. Und mit dieser Annäherung kam auch das Schwäbische zurück. „Ich brauche diese Wurzeln“, sagt er, den „Klang der Heimat“. Der Klang der Sprache ist es überhaupt, der ihn fasziniert, das Lyrische, für das er sich nicht bewusst entschieden habe. „Das ist zu mir gekommen“, beschreibt er die Entwicklung.
Was ihm dabei am meisten Freude macht: „auftreten“. Denn: Schwäbisch ist ja keine Schriftsprache, sondern dazu prädestiniert, vorgetragen zu werden. „Ich liebe den Singsang am Schwäbischen.“ Schmidt betont sein Bemühen, die Schönheit dieser Sprache in seinen Gedichten zu beschreiben, gerne musikalisch begleitet. Auf Lacher ist er nicht aus, Interaktion dagegen schätzt er.
Was ihn auszeichnet: All seine Gedichte trägt er auswendig vor. Dies sei ein Bedürfnis, verbunden mit dem Gefühl, frei zu sein. „Ich bin der Text und der Text bin ich“, beschreibt er es. Dass er mit der Mundart künstlerisch, spielerisch, klanglich, atmosphärisch und sogar philosophisch umgehen kann und das mit Sinnhaftigkeit, das erfüllt ihn. „Sprache muss einen weiten Geist haben und darf nicht zu sehr eingeengt werden“, ist seine Überzeugung.
Poetry-Slams und Lese-Konzerte
In Buchhandlungen war er schon zu sehen und zu hören, auch bei Poetry-Slams. Bevorzugt tritt er mit den beiden Profi-Musikern Jochen Feucht am Saxophon und Günther Weiss an der Gitarre auf. „Modern GschwäZZ“ nennt sich das Trio, das zu Lese-Konzerten lädt. Gerne auch einmal im heimatlichen Hayingen, in dem noch Bruder und Mutter leben, die im „Mauldascha“ macht, wenn er sie besucht.
Wer einen Eindruck von seinen Auftritten erhalten möchte, kann auf seiner Homepage www.stille-bewegung.de nachschauen.