Sind Schüler nur Schmarotzer?
Münsingen In Schwäbisch Gmünd wurde diskutiert, dass Reinigungskräfte entlassen und Schüler stattdessen zum Putzen verpflichtet werden. Münsingen sieht dafür keine Zukunft.
Die faulen Schüler sind doch nur Schmarotzer“, diese Sichtweise unterstellt die Elternvertretung dem Rathaus in Schwäbisch Gmünd. Anlass der Diskussion war eine geplante Änderung an den Schulen: Zukünftig soll Geld gespart werden, indem Schüler ihre Klassenräume selbst putzen und so keine eigene Putzkraft angestellt werden müsste. 4,5 Millionen gibt die Stadt dort im Jahr für die Sauberhaltung aller öffentlichen Einrichtungen aus, gespart werden sollen rund 250.000 Euro pro Jahr.
Das ist die Grundlage
Deutschlandweit hat das zu Diskussionen geführt und die unterschiedlichsten Standpunkte hervorgebracht. Die CDU formulierte es als ein „Lernen fürs Leben“, Schule sei mehr als nur Vokabeln lernen und Aufsätze schreiben. Verantwortung zu übernehmen sei eine Grundvoraussetzung, um in der Gemeinschaft zu leben, hieß es von Seiten des Landtagsabgeordneten Andreas Sturm dem SWR gegenüber. Oberbürgermeister Richard Arnold bezeichnet es ebenfalls als „eine Entscheidung mit gesundem Menschenverstand.“
Das sieht allerdings das Kultusministerium anders, es sei schlicht nicht die Aufgabe der Schüler, zusätzlich Räumlichkeiten professionell zu reinigen. Außerdem könne niemand dafür garantieren, dass die Hygienevorschriften tatsächlich eingehalten werden können. Dennoch befürwortet das Kultusministerium die zugrundeliegende Wertediskussion. Das Thema Sauberkeit sollte allerdings durch Putzaktionen und feste rotierende Aufgaben während der Unterrichtszeit thematisiert werden. Nicht zuletzt, weil Pausen- und die Mittagszeit nach Schulschluss zur Erholung gedacht sind und auch die Busfahrpläne nicht dafür ausgelegt wären. Auch die Eltern- und Schülervertretung fragt sich, wo die Zuständigkeiten der Schüler dann aufhören würden und halten den Vorschlag für nicht zu Ende gedacht. „Gibt es dann auch Beiträge der Erwachsenen beim Putzen?“, fragte die Schülersprecherin. Verdi hat bereits Demos angekündigt: Der nächste Schritt sei, dass Altenheime und Kindergärten selbst putzen müssen, um Geld zu sparen.
Wie sieht es in Münsingen aus?
Auch in Münsingen hat man von der Debatte gehört, die Probleme allerdings bisher kaum auf sich übertragen. Der Schulleiter der Gustav-Mesmer-Realschule, Andreas Bosch, betitelt es als „ein Problem mit Priorität 6000“, sprich jedes andere Thema sei wichtiger, als Putzkräfte zu entlassen und so Geld zu sparen. „Es ist Standard, sich an der Schule bei uns engagieren zu können. Wir hocken uns aber auf keinen Gaul, der es zu nichts bringt“, weiß er. Es sei verschwendete Mühe, den Schülern zusätzlich noch Arbeit aufzwingen zu wollen. „Wer will, kann sich beim Musik-, Sport- oder Kunstprofil engagieren. Wir haben Babysitterausbildungen, Hausaufgabenmentoren und Sanitäter“, natürlich alles freiwillig, berichtet er.
Birgit Fees, Schulleiterin der Karl-Georg-Haldenwang-Schule für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, sieht auch keine Notwendigkeit für so eine Wertediskussion. „Wir fokussieren uns auf geistige Entwicklung, dafür würde unser Alltag nicht umorganisiert werden“, betont sie. Es sei zwar das Ziel, dass Schüler selbstständig werden, aber dafür gäbe es bereits geplante Unterrichtsinhalte wie die Mithilfe in der Ausgabeküche, um Kinder auf eine Ausbildung vorzubereiten. „Es wird auch mal dem Hausmeister geholfen, aber meistens hat das individuelle Hintergründe, zum Beispiel wenn ein Kind dringend eine Pause braucht“, berichtet sie.
Auch Nadine Benz vom Gebäudemanagement des Münsinger Rathauses sieht ein Problem beim Zwang für Schüler: „Die Klassenräume sauber zu halten ist ein Thema, das wir immer wieder den Schülern nahebringen. Es wird so schon über die Jahre nicht besser.“ Es sei sinnvoller, den bestehenden Einsparungsplänen zu folgen und sich auf Stromverbrauch und Heizkosten zu konzentrieren. „Auch diese Themen betreffen die Schüler nie selbst, weil sie die Rechnungen nicht tragen. Es wird weiter versucht, Schüler zu sensibilisieren“, erläutert sie. Außerdem seien die Ausschreibungen für Putzkräfte an Fremdreinigungsfirmen fest vergeben, weshalb keine Priorität zur Änderung bestehe.
Die Klassen- räume sauber zu halten, bringen wir immer wieder den Schülern nahe. Nadine Benz Gebäudemanagement