Die Vergangenheit zu Gast

  • Made in Pfuhl: Jakob Scharff hat schon in der Jugend für den TSV geturnt. Foto: Matthias Kessler

Turnen Zwischen Pauschen-Pferd und Polizeischule spielt sich das Leben von Jakob Scharff ab. Der 20-Jährige vom TSV Pfuhl wagt einen schwierigen Spagat. Nun erwartet ihn ein besonderes Wochenende.

Sie haben ihn immer noch nicht rausgeschmissen. Auch nach über einem Jahr nicht. Vielleicht war es nur ein Versehen. Vielleicht auch ein Zeichen. Jakob Scharff gehört immer noch zum TSV Buttenwiesen. Zumindest auf Whatsapp. Er ist einfach in der Chat-Gruppe des Vereins geblieben. Niemand hatte etwas dagegen.

Nur selbst reinschreiben – das macht Scharff nicht mehr. Dabei hätte der 20-jährige Zweitliga-Turner viel zu erzählen. Sachen, die man gut mit Emojis kommentieren könnte. Mit dem angespannten Bizeps etwa. Oder mit dem erschöpften Gesicht. Und gerade, da wäre der Grinse-Smiley auch sehr oft zu sehen.

Jakob Scharff freut sich. Auf ihn wartet ein besonderes Wochenende. Am Freitag wird er als angehender Polizist vereidigt. Und am Samstag, 17 Uhr, kommt es zu einem Duell zwischen seiner Gegenwart und seiner Vergangenheit. TSV Pfuhl gegen TT Buttenwiesen-Inningen.

TT. Turn-Team. So nennen sie sich jetzt. Daran muss sich Scharff wohl erstmal gewöhnen. 2023, als er dort turnte, gab es nur den TSV Buttenwiesen. Und es gab eine Vereinbarung. Eine Saison wird er bei dem Kleinstadt-Verein in Bayerisch-Schwaben bleiben, um Einsätze zu bekommen. Dann geht er zurück nach Pfuhl.

Wie eine Ausleihe im Fußball

Eine Beziehung auf Zeit. Eine Art Ausleihe – wie im Fußball. Dort hört man oft von Spielern, die bei ihrem Kurzzeit-Klub unglücklich sind. Von Scharff hört man Anderes. „Alle sind richtig nett zu mir gewesen“, sagt er. „Es hat sich sehr familiär angefühlt.“

Irgendwie war es das ja auch. Der Ort liegt im gleichen Landkreis wie seine Heimatstadt Gundelfingen. Sein Bruder Justus turnt ebenfalls dort. Scharff hätte Gründe gehabt, länger zu bleiben. Machte er aber nicht. „Der TSV Pfuhl ist mein Heimatverein“, sagt er. „Hier habe ich alle meine Grundlagen gelernt.“

Wahrscheinlich verpflichtet sowas. Auch dann, wenn es schwerer wird. Als Scharff zum TSV zurückkam, war klar, dass er erstmal wenig Erfolg haben wird. Pfuhl musste mit einer blutjungen Truppe in der Bundesliga antreten.

Die Bilanz: 2:82 Gerätepunkte. Der Klub beendete die Saison abgeschlagen auf dem letzten Tabellenplatz. Auch Scharff verlor seine Duelle. Trotzdem machte er weiter. Trotzdem blieb er nach dem Abstieg beim TSV.

Und jetzt – jetzt macht es wieder „deutlich mehr Spaß“. Denn in Pfuhl darf man wieder jubeln. Manchmal zumindest. Am vergangenen Wochende holte das Team im dritten Saison-Wettkampf den ersten Sieg. 10:2-Gerätepunkte gegen die TG Hanauerland. Top sei das gewesen, meint Scharff. „Man sieht seit Saisonbeginn eine gute Lernkurve.“

Er bezieht das auf die Wettkämpfe. Aber womöglich meint der Satz noch mehr. Scharff musste ja auch lernen, seinen neuen Alltag zu meistern. Ein Alltag zwischen Polizeischule in Biberach und zweiter Bundesliga in Pfuhl. Er lässt nur wenig Zeit fürs Training. Meistens probt der 20-Jährige erst am Freitag für seinen Wettkampf.

Dafür sahen seine Leistungen bislang ordentlich aus. Nur die Punkteausbeute, die ist noch etwas mager. In acht Duellen holte der 20-Jährige bislang einen Scorerpunkt. Am Samstag, gegen sein Ex-Team, sollen weitere dazukommen. Und die könnten dann ganz wichtig sein. Beide Vereine erwarten ein Duell auf Augenhöhe.

Sieht Scharff ganz ähnlich. Er formuliert es so: Die Chance auf einen Sieg sei gegeben. Und Bryan Vis und Leon Atheron machen diese Chance noch ein bisschen größer. Die beiden 19-jährigen Niederländer unterstützen die Pfuhler am Wochenende als Gastturner. Vis, der Jüngere von beiden, holte in dieser Saison schon 15 Scorer-Punkte.

Das dürfte auch Scharff Selbstvertrauen geben, wenn er auf seine alten Kollegen trifft. Es wird wohl ein freundliches Wiedersehen. Nur wenn es in die direkten Duelle geht, dann weiß der 20-Jährige, zu welcher Gruppe er gehört.

Mein Heimatverein: Hier habe ich alle meine Grundlagen gelernt. Jakob Scharff Turner des TSV Pfuhl

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