Hilfe für weibliche Selbstständige
Wirtschaft Schwangere Unternehmerinnen sind angestellten, werdenden Müttern gesetzlich bisher nicht gleichgestellt.
Berlin. Jessica Sözen ist den Tränen nah. Man merkt der selbstständigen Kosmetikerin die Emotionen an, als sie am frühen Donnerstagmorgen im Rahmen eines Parlamentarischen Frühstücks in Berlin von ihren Erfahrungen als selbstständige Schwangere und Mutter berichtet. Die jetzt 26-Jährige führt zwei Kosmetiksalons, als sie 2023 von ihrer Schwangerschaft überrascht wird. Anders als ihre ebenfalls schwangere Mitarbeiterin kann sie nicht in das Beschäftigungsverbot gehen und über die Umlage das Gehalt erstattet bekommen. Sie muss weiter ihre Unternehmen führen, ist denselben Belastungen wie sonst im Berufsalltag ausgesetzt.
Sözen ist kein Einzelfall. Rund 90 Prozent der selbstständigen Schwangeren üben regelmäßig körperliche Tätigkeiten aus, etwa schweres Heben oder gehen mit Chemikalien um, die bei Angestellten zu Schutzmaßnahmen oder Beschäftigungsverboten führten, wie eine Studie des Westdeutschen Handwerkskammertages zeigt. Klar wird da auch: 50 Prozent arbeiten bis sieben Tage vor der Geburt, jede Siebte arbeite noch am Tag der Entbindung, erklärt Sophia Shen vom Handwerkskammertag. Die Organisatorinnen der Veranstaltung an diesem Morgen, das Bündnis „Mutterschutz für Alle“, setzen sich seit Jahren für einen gesetzlich verankerten Mutterschutz für Selbstständige ein. Im Koalitionsvertrag hat Schwarz-Rot vereinbart, das Problem anzugehen.
Bei der Absicherung werden individuelle Lösungen gefordert. „Eine Landwirtin braucht andere Möglichkeiten als eine Anwältin und diese wiederum als eine Physiotherapeutin oder Spenglerin“, sagt Gitta Connemann, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundeswirtschaftsministerium. Es gebe bereits funktionierende Lösungen, wie durch die landwirtschaftliche Sozialversicherung. Andere Selbständige und Unternehmerinnen hätten demgegenüber keine Absicherung. „Wir müssen mit den Problemen beginnen, die schnell gelöst werden können. Das ist zum Beispiel das Beratungsangebot“, so die CDU-Politikerin. „Viele Selbständige und Unternehmerinnen wissen gar nicht, dass sie keinen Mutterschutz beanspruchen können.“ Sie sehe dafür nicht nur die Politik, sondern auch berufsständische Einrichtungen in der Pflicht: „Wir brauchen Kampagnen.“ Das Familienministerium hat für Anfang des Jahres einen Gesetzentwurf angekündigt.