Sollen Schüler selber putzen?

  • Die Stühle stehen oben, dafür haben die Schüler gesorgt. So kann die Reinigungskraft gleich loslegen. Foto: Bernd Weißbrod/dpa

Bildung In Schwäbisch Gmünd sollen Kinder ihre Klassenzimmer selber fegen, um die Kommune finanziell zu entlasten. In Ulm hält man von der Idee nichts.

Die Schule selbst putzen? Mit dieser Idee sorgt der Oberbürgermeister von Schwäbisch Gmünd, Richard Arnold (CDU), im Südwesten für Aufregung. So könnten Schüler helfen, Kommunen Geld zu sparen. Doch in Ulm stößt der Vorschlag auf keine Gegenliebe.

„Putzdienste bei den Schülern gibt es doch längst“, sagt Michael Wekenmann, der Schulleiter der Elly-Heuss-Realschule in Ulm. An der Schule in der Schillstraße ist das so organisiert: Alle Schülerinnen und Schüler übernehmen in ihren Klassen zweimal im Jahr für je eine Woche den Putzdienst. Der sieht vor, dass die Kinder in ihren Klassenzimmern am Ende des Unterrichts die Stühle hochstellen, den groben Müll einsammeln und fegen. „Dann kann die Reinigungskraft rein und gleich loslegen.“ Den Putzdienst absolvieren alle von der fünften Klasse an. „Schüler sollen natürlich mit in die Verantwortung genommen werden“, sagt Wekenmann. Aber darüber hinaus „können Kinder keine professionelle Reinigungskraft ersetzen“. Er führt als Beispiel etwa den Schulflur an, den er auf 30 Meter Länge und vier Meter Breite schätzt. „Es ist vermessen zu denken, dass man so eine Fläche mal kurz durchputzt und alles gut ist.“ Womöglich streifenfrei.

Die Diskussion um Schüler, die sauber machen sollen, würde ausdrücken, was man von der Leistung der Putzkräfte hält, sagt Markus Pfeil, der Leiter der List-Schule. Nicht viel. Dabei ist Gebäudereiniger ein Ausbildungsberuf, betont Pfeil. Das Schulhaus am Kornhausplatz ist gerade für rund 52 Millionen Euro saniert worden. Es dürfte derzeit Ulms schönstes Schulhaus sein. Was Pfeil davon hält, das von Schülern reinigen zu lassen? „Es ist gut, dass es Fachleute dafür gibt“, antwortet er. Selbstverständlich habe er nichts dagegen, wenn Schüler aufräumen, aber die Qualität der Reinigung sei eine andere, wenn sie von Fachleuten verrichtet werde. „Die Arbeit von Reinigungskräften verdient Respekt.“ Nicht respektiert werde sie, wenn signalisiert werde, dass das doch jeder kann.

Einer, der an der List-Schule im Wirtschaftszweig lernt, ist Tomo Kozić (17). Kürzlich wurde er zum Schülersprecher gewählt. Den Vorschlag hält er „für nicht zeitgemäß“. Das sei „ein richtiger Beruf“, den man nicht einfach Schülern ohne Erfahrung übertragen könne. Natürlich findet er es richtig, dass Schüler Verantwortung übernehmen, „aber doch nicht auf Kosten der Jobs anderer Menschen. Wir Schüler sind doch keine Ersatzarbeiter.“ Ihm komme der Vorschlag wenig durchdacht vor: „Müssen die Lehrer extra dableiben, um uns zu beaufsichtigen und lohnt sich das dann?“, fragt er. Unklar sei am Vorschlag auch, ob Schüler Toiletten putzen und womöglich mit Chemikalien hantieren sollen. Um Geld zu sparen, gebe es bessere Alternativen, meint Kozić. Und schiebt hinterher: „Schule sollte uns stützen, nicht zusätzlich belasten.“

Aus Elternsicht sei der Vorschlag nicht zu unterstützen, sagt Deniz Oppolzer, die Vorsitzende des Gesamtelternbeirats Ulmer Schulen. „Es kann nicht sein, dass Schülerinnen und Schüler Aufgaben der Kommune übernehmen, damit Geld gespart wird.“ Ihr stellen sich viele Fragen. Etwa die nach Hygienestandards. Genauso nach der Zeit, die Schüler dafür aufwenden müssten und nach der Aufsichtspflicht der Lehrer. Für Oppolzer geht der Vorschlag „komplett an der Realität vorbei“. Natürlich sei es in Ordnung, dass Schüler mit anpacken, aber bei „durchdachten“ Aktionen wie eine Grundreinigung, wie sie an manchen Privatschulen regelmäßig vorgenommen wird. Solche Aktionen haben einen Lerneffekt. Beim Putzen von Schulgebäuden verweist sie darauf, dass „Eigentum verpflichtet“. Nämlich die Kommunen.

Selbst der Vertreter der Stadt Ulm in Sachen Schulen kann dem Putzvorschlag des Schwäbisch Gmünder OBs nichts abgewinnen. Im Gegenteil. Putzen diene auch dem Werterhalt einer Schule, sagt Gerhard Semler, der Leiter der Abteilung Bildung und Sport. Deswegen ist es für ihn keine Frage, dass das Fachfirmen übernehmen. Würden Schüler Hand anlegen, könnte womöglich Parkettboden viel zu nass geputzt werden. Reinigen hingegen Profis, werde das in einer „gewissen Qualität und in fast olympiareifen Zeiten“ erledigt. Beim Putzen in Schulen „bleibt es, wie es ist“, sagt Semler. Nämlich so: Täglich in städtischen Schulen werden die Toiletten gereinigt und zweimal wöchentlich die Klassenzimmer. Die Stadt denke darüber nach, Reinigungsroboter anzuschaffen, die nachts städtische Turnhallen reinigen. „Das ist die Zukunft“. sagt Semler, „aber nicht, dass Schüler reinigen.“

Kommentar

Müssen die Lehrer dann extra dableiben, um uns zu beaufsichtigen? Tomo Kozić Schülersprecher List-Schule

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