Ein besseres Ulm-Gefühl
Es geht nicht um eine Stunde mehr Lärm, sondern um eine Stunde mehr Leben. Ulm diskutiert über Sperrzeiten – und damit über die Frage, ob die Stadt vorzeitig die Bürgersteige hochklappen oder den Sommer genießen will. Der Vorschlag, die Außengastro im Sommer länger offen zu lassen, ist kein Angriff auf die Nachtruhe, sondern ein Bekenntnis zu einer lebendigen City.
Natürlich brauchen Anwohner Ruhe. Aber wer im Zentrum einer Großstadt mit Einzugsgebiet bis runter an den Bodensee wohnt, wohnt im Herzen des urbanen Lebens – nicht in einem Kurort. Eine Stunde länger draußen zu sitzen, Eis zu essen oder ein Glas Wein zu trinken, zerstört keine Lebensqualität, es schafft sie. Gerade dann, wenn Ulm durch Baustellen und Sperrungen ohnehin schwerer erreichbar ist.
Die Befürchtung, dass sich die Stadt wegen 60 zusätzlicher Minuten in eine lärmende Partyzone verwandelt, ist überzogen. Und wer wirklich lärmt, tut das auch um 23 Uhr. Entscheidend ist nicht die Uhrzeit, sondern das Miteinander – Rücksicht, Präsenz von Ordnungskräften, klare Regeln. Eine Stadt, die Menschen zum Bleiben einlädt, ist attraktiv. Wer dagegen immer zuerst an Verbote denkt, riskiert Stillstand. Ulm darf sich ruhig etwas mehr zutrauen. Eine Stunde mehr Außenleben ist kein Risiko – sie ist eine Investition in ein besseres Ulm-Gefühl.