Klepeisz vor Comeback

  • Weiß instinktiv, was der Trainer will: Thomas Klepeisz (M.) kehrt bald zurück. Foto: Volkmar Könneke

Ratiopharm Ulm Gut neuneinhalb Monate fehlte er. Jetzt ist Ulms langjähriger Kapitän zurück. Der 34-Jährige hat einen neuen Vertrag unterschrieben.

Es ist Freitagmittag, kurz nach zwölf Uhr, als Ratiopharm Ulm mal wieder etwas zu verkünden hat. Der Klub schickt eine Mail über einen Verteiler – wie schon so oft. Doch diese Mail ist anders. Diese Mail hat eine Betreff-Zeile, die ausschließlich aus Großbuchstaben besteht. Großbuchstaben, das bedeutet in der Ratiopharm-Ulm-Sprache: Eilmeldung.

Eine, die der Klub nur zu gerne veröffentlicht. Er weiß, sie wird gut ankommen. Die Fans kriegen ihre Identifikationsfigur zurück. Thomas Klepeisz, der langjährige Kapitän, hat einen neuen Vertrag in Ulm unterschrieben.

Lange Leidensgeschichte

Der 34-Jährige, der mehr als neun Monate lang verletzt ausfiel, steht kurz vor seinem Comeback. Schon beim Schwaben-Derby in Ludwigsburg am Sonntag, 18 Uhr, könnte er wieder mitspielen.

„Das ist möglich“, bestätigt Ulm-Trainer Ty Harrelson. Und wahrscheinlich ist das sogar noch zurückhaltend formuliert.  Schon zu Saisonbeginn hatte der Klub Klepeisz vorsorglich in seine Kaderliste geschrieben. Damit zählt er nicht als Nachverpflichtung. Der gebürtige Österreicher darf wieder für Ulm auflaufen – sowohl national als auch international.

Vor allem aber kann Klepeisz wieder für Ulm auflaufen. Nach knapp zehn Monaten Zwangspause. Nach einer ungewöhnlichen Vertragskonstellation. Nach einer Zeit, die für alle Beteiligten schwierig war. Sie begann mit einer unscheinbaren Aktion am 7. Januar.

Im Eurocup-Spiel gegen Gran Canaria bekam Klepeisz nach wenigen Sekunden den Ball. Er dribbelte, umkurvte einen Mitspieler. Dann verzog er plötzlich das Gesicht. Der Schmerz war wieder da – und er war so heftig wie nie.

Eine Verletzung an der Wade und Achillessehne – so lautete die Diagnose. Doch erst die Monate danach zeigten, wie heftig sie wirklich war. Die Stelle machte dem 34-Jährigen nämlich schon länger Probleme. „Ich habe die Verletzung am Anfang der Saison nicht richtig auskuriert“, räumte er später ein. „Nun ist es für mich wichtig, das sinnvoll auszukurieren.“

Es entpuppte sich als langer, harter Prozess. Klepeisz absolvierte Reha-Programme, besuchte Spezialisten. Immer wieder schien es die Hoffnung zu geben, Klepeisz würde in den Playoffs zurückkehren. Doch immer wieder wurde sie enttäuscht.

Im Sommer flog er nach Irland, um mit einem international renommierten Experten zu arbeiten. Genau um diese Zeit schickten die Ulmer wieder eine ihrer E-Mails herum. Diesmal ohne die ganzen Großbuchstaben. Und mit nüchterner Sprache. Die Botschaft: Klepeisz erhält keinen neuen Vertrag – aber die Möglichkeit, seine Reha am Orange Campus fortzuführen.

Ein Schwebezustand. Für Klepeisz war er nach allem, was man hört, mitunter belastend. Trotzdem zog er weiter seine Reha durch. Trotzdem stieg er bald als Vertragsloser ins Mannschaftstraining ein. „Wer Tommy kennt, weiß, wie intensiv er das angepackt hat“, sagt Ulms Sportdirektor Leibenath.

Der Einsatz hat sich offenbar gelohnt. „Wir sehen eine sehr gute Entwicklung“, sagt Coach Ty Harrelson. „In den letzten drei Wochen konnte er quasi voll mittrainieren.“ Mit hundertprozentiger Intensität – ohne verletzungsbedingte Fehltage.

Damit war er auch für die Ulmer Verantwortlichen gesund genug. Sie boten ihm einen Vertrag für diese Saison an. Klepeisz signierte das Arbeitspapier am Donnerstag.

Und Harrelson kann sich nun gar nicht genug darüber freuen. „Tommy ist mehr als einfach nur ein Basketball-Spieler.“ Er sei der ultimative Profi, ein verlängerter Arm des Trainers auf der Bank und auf dem Spielfeld. Die Frage ist nur, wie oft der 34-Jährige dort hinkommt.

Spielzeit muss man sich im Harrelson-Team hart erarbeiten. In den vergangenen Partien rotierte der Ulm-Coach mit elf Spielern. Passt da ein Klepeisz überhaupt noch rein? Und wenn ja, wer muss für ihn dann länger auf die Bank?

Auf den Guard-Positionen, die Klepeisz bevorzugt, tummeln sich schon jetzt etliche starke Spieler. Nelson Weidemann, Len Schoormann, Bryce Brown, Mark Smith – und natürlich auch Tobias Jensen. Der hat die Lücke, die Klepeisz nach seinem Ausfall hinterlassen hat, gefüllt und sich zum Leistungsträger gemausert.

Harrelson muss sich also etwas einfallen lassen. Man kann sich jedoch vorstellen, dass er das als Luxusproblem erachtet. Und was sagt Klepeisz selbst zu seinem anstehenden Comeback? „Ich bin überglücklich, wieder das Ratiopharm-Trikot anziehen zu dürfen.“

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