Kein Tier mehr auf dem Hof

  • Beim Geflügelhof Kaiser in Öllingen ist die Vogelgrippe ausgebrochen. Der Betrieb wurde abgesperrt. Foto: Verena Eisele

Tierseuche Beim Geflügelhof Kaiser in Öllingen herrscht Schockstarre. Auch viele Betriebe in der Sperrzone sind ratlos.

Vor dem Geflügelhof Kaiser in Öllingen ist es am Freitagvormittag still. Kein Gegacker ist zu hören, stattdessen pfeift nur der eisige Oktoberwind über die Ohren. Die Ortsdurchfahrt wird gerade saniert, bis zur Verkaufsstelle kommt man aber gerade noch durch. Eigentlich. Denn dort angekommen steht man vor metallenen Bauzäunen, umhüllt mit schwarzer Folie. Die Einfahrt zum Hof ist versperrt.

Die Feuerwehr Öllingen ist vor Ort und sichert, dass niemand die Absperrung übertritt. Auf einem Schild vor der Absperrung, wo sonst frische Angebote stehen, prangt heute eine ernüchternde Nachricht: „Aufgrund einer Vogelgrippeinfektion durch Wildvögel bei unseren Weidetieren muss unser Betrieb geschlossen bleiben!“

Die Vogelgrippe ist auch im Alb-Donau-Kreis angekommen. Am Donnerstagabend haben die Behörden die Öffentlichkeit darüber informiert. Bei einzelnen Tieren des Geflügelhofs Kaiser wurde das hochansteckende Virus nachgewiesen. Die Folge: 15.000 Tiere wurden dort am Donnerstag gekeult – der gesamte Bestand. „Wir haben kein Tier mehr auf dem Hof“, sagt ein Familienmitglied am Telefon mit hörbarer Fassungslosigkeit. Seit 1572 ist der Hof im Familienbesitz. Noch am Freitagnachmittag sind Mitarbeiter des Veterinäramts auf dem Gelände und reinigen und desinfizieren die Ställe. Das Telefon stehe unterdessen auf dem Geflügelhof nicht mehr still. Den Tag über rufen Kunden, Pressevertreter und sogar Verschwörungstheoretiker an. Manche melden sich auch, um ihr Mitgefühl auszudrücken. Der Landwirtin ist die Betroffenheit anzumerken. „Fragen Sie andere Betriebe, dann wissen Sie, was das bedeutet.“

Keine Ahnung wie es weitergeht

Die gesamte Existenz – ausgelöscht. Das Geschäft zu Sankt Martin, zu Weihnachten – tot. Der Betrieb ist gesperrt, der Hofladen geschlossen und auch die Marktfahrzeuge, die unter anderem nach Langenau und Ulm fahren, bleiben auf dem Hof.

Ob der Schaden ersetzt wird, können die Landwirte derzeit noch nicht sagen. Sie haben zwar eine Versicherung abgeschlossen, aber noch sei unklar, ob diese greift. Wie es nun weitergeht, weiß die Familie Kaiser noch nicht: „Wir haben keinerlei Information und Handhabe, wie es weitergeht.“

Der Vogelgrippe-Ausbruch im Norden des Alb-Donau-Kreises sorgt auch bei vielen anderen Betrieben in der Region für Betroffenheit, Ängste und Unsicherheit. Um den betroffenen Betrieb wird eine Schutzzone von drei Kilometern festgelegt. Zudem greift eine Überwachungszone mit einem Radius von mindestens zehn Kilometern. In beiden Gebieten gilt eine Stallpflicht für sämtliches Geflügel sowie ein Eierverkaufsverbot.

In der Überwachungszone liegt der Geflügelhof Faul in Neenstetten – rund 9,6 Kilometer Luftlinie vom Kaiser-Hof entfernt. Inhaber Karl Faul stapft gerade aus dem Stall. Auf die Vogelgrippe in der Nachbarschaft angesprochen, sagt er: „Das bedroht die gesamte Existenz.“ Nur wenige Wochen bleiben bis Weihnachten, und das Sankt-Martin-Geschäft läuft gerade an. Erst kürzlich hatte Faul auf Facebook mit „frischen Martinsgänsen“ geworben. Jetzt sagt er sarkastisch: „Ja, das kommt gerade recht. Die Vorbestellungen laufen ja.“ Ein paar Kilometer weiter, ebenfalls in der Überwachungszone, liegt der Biohof Häge in Langenau. Was genau das alles bedeutet, wissen sie zu diesem Zeitpunkt nicht. Doch auch sie haben alle möglichen Maßnahmen getroffen. Er habe nämlich am Abend einen Anruf erhalten, berichtet Christian Häge. Er solle seine 6000 Legehennen, die eigentlich freilaufend gehalten werden, auf keinen Fall mehr nach draußen lassen. „Jetzt bleiben sie drin.“

Auch Andreas Mayr liegt mit seinem Geflügelhof in Unterelchingen in der Sperrzone. Mayr darf vorerst keine Eier mehr verkaufen. Das hat ihm das Veterinäramt, Kreis Neu-Ulm, telefonisch mitgeteilt. 6000 Eier pro Tag produziert, sind davon betroffen. Wie lange die Regelung gilt, ist derzeit noch offen. Mayr versucht seine Erzeugnisse nun anderswo loszuwerden. Er darf die Eier weiterhin an Hersteller veräußern, die flüssiges Ei verarbeiten, das erhitzt wird. Das kann zum Beispiel zur Nudelproduktion verwendet werden. Sein Problem: Mayr bekommt dafür nur fünf Cent statt 25 Cent pro Ei. Wie lange er keine Eier verkaufen darf, ist derzeit noch unklar. Laut Landratsamt gelten die Auflagen mindestens 30 Tage. Falls nochmal ein Fall auftritt, werden sie verlängert.

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