Weltmarke mit eigenem Kennzeichen?
Metzingen Der Gemeinderat diskutiert im kommenden Jahr über ein eigenes Nummernschild für die Kelternstadt. Oberbürgermeisterin Haberstroh sieht den Vorstoß kritisch.
Gemeinsam haben sich die Oberbürgermeister von 17 baden-württembergischen Städten in einem Brief an Landesverkehrsminister Winfried Hermann gewandt. In ihrem Schreiben unterstreichen sie den Wunsch ihrer Kommunen nach einem eigenen Autokennzeichen. Zu den Unterzeichnern gehören beispielsweise die Rathauschefs aus Kirchheim/Teck und Albstadt. Der Name Metzingen findet sich hingegen nicht auf der Liste. Die Kelternstadt hat bislang kein Interesse an einem eigenen Kfz-Kennzeichen geäußert. Das könnte sich allerdings im kommenden Jahr ändern, wenn das Thema im Gemeinderat diskutiert wird. Auf die Tagesordnung kommt es auf Antrag von FWV-Stadtrat Robert Schmid, der den entsprechenden Vorstoß in der jüngsten Sitzung des Kommunalparlaments unternahm.
Metzingen, so Schmid, sei prädestiniert für ein eigenes Autokennzeichen: „Wir sind eine weltbekannte Marke.“ Womit der Stadtrat selbstredend recht hat, schließlich strömen Jahr für Jahr mehr als vier Millionen Besucherinnen und Besucher aus aller Herren Länder in die Outletcity. Deshalb findet Schmid: „MTZ würde uns gut stehen.“ Ein eigenes Kennzeichen vermöge, die regionale Identität zu stärken und könne zugleich das Stadtmarketing voranbringen, argumentierte er. Der finanzielle Aufwand für die Einführung eines eigenen Kennzeichens sei zudem relativ gering. Oberbürgermeisterin Carmen Haberstroh kann sich für die Idee allerdings nicht erwärmen: „Ich halte davon nichts“, entgegnete sie dem FWV-Stadtrat. Zumal das Ganze mit einem riesigen bürokratischen Aufwand verbunden sei, wie die OB erklärte.
Nürtingen hat gewechselt
Ins Rollen gebracht hat die Debatte um die eigenen Kfz-Kennzeichen Professor Ralf Bochert von der Hochschule Heilbronn. Er ist maßgeblich am Forschungsprojekt Kennzeichenliberalisierung beteiligt, das an seiner Hochschule angesiedelt ist. Ein Vorschlag, der im Rahmen des Projekts entstanden ist, wurde bereits 2012 umgesetzt. Die erste Änderung der Fahrzeugzulassungsverordnung eröffnete damals die Möglichkeit, Kennzeichen, die im Zuge der Landkreisreform in den 1970er Jahren weggefallen sind, zu reaktivieren.
Nürtingen erhielt seinerzeit sein NT zurück, Hechingen das HCH, und auch Münsingen hätte gerne das Kürzel MÜN zurückbekommen. Der Reutlinger Kreistag lehnte den entsprechenden Vorstoß der Stadt im vergangenen Oktober jedoch mehrheitlich ab. Wäre das Altkennzeichen damals eingeführt worden, hätten Autofahrer knapp 50 Euro für den Umtausch bezahlen müssen. Außerdem wäre beim Landratsamt in den ersten Wochen ein zusätzliches Kundenaufkommen entstanden, das hätte abgearbeitet werden müssen, wie es in der Sitzungsvorlage des Kreistages damals hieß. Alles in allem wäre der Aufwand aber wohl recht überschaubar geblieben.
Für Städte ab 20.000 Einwohner
Im vergangenen Jahr trug der Heidelberger Professor Borchert nun einen neuen Vorschlag in die Öffentlichkeit und brachte eine eigene Kfz-Ortskennung für 320 deutsche Kommunen ins Spiel. Er bezog sich dabei auf Mittelstädte mit mehr als 20.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, die bislang kein eigenes Autokennzeichen besitzen, so wie Metzingen. Damit Borcherts Vorschlag Realität werden kann, muss ein Bundesland zunächst beim Bundesverkehrsministerium eine Änderung der Fahrzeugzulassungsverordnung beantragen, auch der Bundesrat müsste sein Plazet geben. Fällt das Votum positiv aus, würde dasselbe Verfahren angewandt wie bei der Wiedereinführung der alten Kennzeichen.
Borchert ist von seiner Idee überzeugt: „Das System der Kfz-Kennzeichen wird von den Bürgerinnen und Bürgern finanziert.“ In der Bevölkerung gebe es einen großen Wunsch nach mehr lokaler Verortung über die Ortskennung auf den Nummernschildern, das habe die Wiedereinführung der Altkennzeichen gezeigt. „Diesem Wunsch kann die Politik unbürokratisch und ohne jeden Mehraufwand entsprechen.“ Natürlich hätten die Kommunen größere Sorgen. „Aber hier geht es ausnahmsweise mal ums Herz, um Identifikation und Heimat, ohne dass Kosten entstehen.“