Biotop feiert 25-jähriges Bestehen
Reutlingen Am Wochenende feierte das Naturschutzgebiet Listhof seinen 25-jährigen Geburtstag mit Vorträgen, einer Podiumsdiskussion und Führungen vor Ort.
Über Stock und Stein, bei regelrechtem Aprilwetter, aber mit einem wundervollen Regenbogen, ging es am Sonntag beim Rundweg durch das Naturschutzgebiet Listhof. Das Angebot war Teil der Feierlichkeiten zum 25-jährigen Jubiläum des Naturschutzgebiets Listhof und der begleitenden Umweltbildung. Dem sehr gut besuchten Festabend am Samstag im Stiftshofsaal folgten am Sonntag die kleinen Wanderungen, bei denen Helmut Treutlein, Erster Vorsitzender des Trägervereins, und Markus Schwegler, der seinerzeit zusammen mit Bernhard Ziegler die Umweltbildung begründete, führten und informierten.
Während Schwegler seine Gruppe auch abseits der öffentlichen Routen leitete und ihnen rund zweieinhalb Stunden die Besonderheiten des 123 Hektar großen Geländes mit seiner einzigartigen Flora und Fauna zeigte, fokussierte sich Treutlein vor allem auf die historische Entwicklung.
Früher Truppenübungsplatz
Das Gelände des heutigen Listhofs war zuerst Truppenübungsplatz der Wehrmacht, später bis 1992 der französischen Armee. Lokale Verbände wie der Naturschutzbund, der Bund Naturschutz Alb-Neckar und der Schwäbischen Albverein, Diplomarbeiten von Studierenden der Fachhochschule Nürtingen unter Roland Herdtfelder sowie systematische Kartierungen wie durch das Büro Bioplan deckten die überregionale Bedeutung des Gebiets für den Artenschutz auf.
Die jahrzehntelange Ruhe ohne menschliche Störung hatte dem Naturraum Zeit gegeben, sich eigenständig zu entwickeln. Hinzu kamen die durch Panzer geschaffenen tiefen Furchen, die sich mit Wasser füllten und dadurch zu Laichplätzen der sehr seltenen Gelbbauchunken wurden.
1995 legte die Bezirksstelle für Naturschutz und Landschaftspflege Tübingen einen Würdigungsentwurf sowie einen Abgrenzungsvorschlag für das Naturschutzgebiet vor. Am 23. Juli 1996 beschloss der Reutlinger Gemeinderat, die Flächen für 3,1 Millionen Deutsche Mark vom Bund zu erwerben und dort ein Naturschutzgebiet ausweisen zu lassen.
Wissen über Pflanzen und Tiere
Das Jubiläum basiert auf dem Jahr 2000, in dem der Reutlinger Gemeinderat dem Verordnungsentwurf über das Naturschutzgebiet Listhof zustimmte. Noch im selben Jahr, am 6. Juli, wurde die offizielle Ausweisung des Naturschutzgebietes Listhof rechtskräftig.
Reinhard Braxmaier, damals städtischer Umweltschutzbeauftragter, initiierte die Einrichtung eines Umweltbildungszentrums in den Räumlichkeiten des Listhofs. „Der Listhof ist in Baden-Württemberg einzigartig darin, Wissen über Pflanzen und Tiere zu vermitteln und gleichzeitig eine emotionale Beziehung zum Naturschutz aufzubauen. Sie können stolz darauf sein“, hatte Staatssekretär Dr. Andre Baumann in seinem Impulsvortrag am Samstagabend gelobt.
Haus der Insekten soll kommen
2003 übernahm der Trägerverein Umweltbildungszentrum Listhof die Verantwortung für den laufenden Betrieb. Engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen für Biotoppflege und 500 jährliche Veranstaltungen bis hin zu Ferienprogrammen und Naturgeburtstagen.
Im nächsten Jahr soll dank der Zusagen zur Unterstützung durch den Deutschen Bundestag, die Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg und der Stiftung Volksbildung Reutlingen das wegweisende „Haus der Insekten“ entstehen. Unter anderem 112 Wildbienenarten sind im Listhof zu Hause.
Schwegler machte die vielfältigen Aspekte des Listhofs deutlich. Erst vorige Woche habe eine Schulklasse aus Stuttgart im Schäferwagen auf dem Gelände übernachtet. 800 Schafe dienten der Landschaftspflege und düngten eine sogenannte Pferchfläche. Wassertümpel, die man gleich anfangs bewohnt von Unken, Laubfröschen oder Teichmolchen vorgefunden habe, müssten immer wieder nachgegraben werden, was die Kinder mit Begeisterung übernähmen.
Zahlreiche Personen und Organisationen seien an Erhalt und Pflege des Listhofs beteiligt. Dazu gehörten Jäger, Schäfer, Gewässerschutz, Regierungspräsidium, Landschaftserhaltungsverband, Ranger des Biosphärengebiets, Ornithologen oder Kartierer. „Gelegentlich muss auch der Kampfmittelbeseitigungsdienst alarmiert werden“, so Schwegler.
Heute werde, so sagte Franz-Josef Risse (Kreisforstamt) am Samstagabend, die alte Wirtschaftsform des Mittelwalds reaktiviert, in dem das Unterholz turnusmäßig als Brennholz geerntet werde, während das Oberholz lange wachsen dürfe, um Stämme zu gewinnen. Es gäbe keinen Stillstand und immer müsse auch an die Zukunft gedacht werden.