Durch die Nacht zum Licht
Konzert Die sinfonische Kantate „Lobgesang“ begeisterte in der Reutlinger Auferstehungskirche das Publikum.
Reutlingen. Eigentlich braucht eine Aufführung dieses Werks einen Konzertsaal. Doch ein solcher steht den Liebhaberensembles nicht zur Verfügung, sie weichen aus auf Kirchenräume. Auch diese werden knapp: die Christuskirche wird zu einem diakonischen Zentrum umgebaut, Martin Künstner und „sein“ Konzertchor treten nun zum ersten Mal in der Reutlinger Auferstehungskirche auf.
Die Mitwirkenden füllen den Raum in voller Breite: der etwa 60-köpfige Konzertchor Reutlingen und davor das mit Bläsern der WPR verstärkte Ebinger Kammerorchester, das seit 2015 ebenfalls von Martin Künstner geleitet wird. Gemeinsam widmen sie sich dem „Lobgesang“ von Felix Mendelssohn Bartholdy, einer sinfonischen Kantate, komponiert für das Buchdruck-Jubiläum 1840.
Dirigent Martin Künstner schätzt ihre Qualitäten und hat sie nun ein weiteres Mal aufgeführt. Den musikalischen Rahmen und Kern des „Lobgesangs“ bildet ein Motiv auf den Text „Alles, was Odem hat, lobe den Herrn“, angeführt durch die Posaunen. Die dichte Klangfülle des Orchesters macht die Bedeutung sinnfällig, der Streicherklang verschwindet fast unter der Wucht der Bläser.
Überraschend weich wirkt der schwingende zweite Satz, der wohl als Ausdruck der Sehnsucht nach Gott zu deuten ist; umso frappierender die hart eingeworfenen Choralzeilen der Blechbläser. Warm und beseelt versöhnt das „Adagio religioso“ die Gegensätze.
Danach erst beginnt die eigentliche Chorkantate mit dem großen, vorwiegend weiblich besetzten Chor und den bewährten Solisten Susan Eitrich, Mirjam Kapelari und Philipp Nicklaus. Nun beeindrucken Chor und Orchester gemeinsam mit einem zu massiver Klanggewalt gesteigerten „Alles, was Odem hat“. Im Kontrast dazu bezaubern der lupenreine Solosopran von Susan Eitrich, der warme Mezzo von Mirjam Kapelari und die sprachmächtige Strahlkraft des Tenors von Philipp Nicklaus; mit Mendelssohn bestärken sie die Seele in Hoffnung und Gottvertrauen.
Alle Beteiligten setzen die Botschaft kontrastreich und überzeugend um; die drängende Frage „Hüter, ist die Nacht bald hin?“ betrifft auch das Heute. Licht und Erlösung bringt Susan Eitrichs heller Sopran mit der Botschaft „Die Nacht ist vergangen“, beantwortet vom Jubel der Stimmen.
Es folgen weitere Lobgesänge: ein strahlendes Duett und die großen Chöre mit den fugierten Passagen, die nochmals den vollen Einsatz abverlangen. Den eigentlichen Schluss des Konzertabends aber bildet der Rückgriff auf das Grundthema „Alles, was Odem hat“ – und der dann anschließend lang anhaltende Beifall des Publikums.