Verständnis für Landwirtschaft fördern und Vertrauen schaffen

  • Auf dem Finkhof fand am Sonntag das Kreiserntedankfest in Verbindung mit der Aktion "Gläserne Produktion" statt. Foto: Sigrid Jenatschke

Pfullingen Bei der Aktion „Gläserne Produktion“ hat der Finkhof Einblick in die Produktion gegeben. Zuvor wurde das Kreiserntedankfest gefeiert.

Gemeinsam mit Landwirtschaftsamt, Kreisbauernverband und Landfrauenverband Reutlingen hat der Milchviehbetrieb Fritz in Pfullingen am Sonntag zur Gläsernen Produktion auf den Finkhof eingeladen. Los ging es mit einem Erntedankfest – geleitet von Stadtpfarrer Benjamin Lindner und musikalisch begleitet vom Pfullinger Posaunenchor.

Pfullingens Bürgermeister Stefan Wörner äußerte seine besondere Freude darüber, das diesjährige Kreiserntedankfest in der Echazstadt feiern zu können. Er zitierte den ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler, der einmal gesagt hatte: „Wer dankt, denkt nach.“ Dies zeige, worum es beim Erntedank gehe: nicht nur um die Wertschätzung für die Ernte und das tägliche Brot, sondern um das bewusste Nachdenken, wo das Essen herkommt. „In einer Zeit, in der immer mehr Menschen den direkten Bezug zur Landwirtschaft verlieren, ist es umso wichtiger, Transparenz zu schaffen.“

Es sei nicht mehr selbstverständlich zu wissen, wo die Lebensmittel herkommen und wie viel Arbeit hinter einer guten Ernte stehen. „Frische Produkte von hier sind nicht nur lecker, sondern auch ein Stück weit Versorgungssicherheit: Jeder Verbraucher hat Einfluss darauf, wo unsere Lebensmittel herkommen. Wer bewusst regional einkauft, unterstützt die Landwirte vor Ort.“

Rund 50 Prozent der Fläche im Landkreis wird landwirtschaftlich genutzt, erklärte Landrat Dr. Ulrich Fiedler. Erntedank sei ein Fest zum Innehalten: In einer Zeit, in der so viele Menschen unzufrieden seien und in der es so viele Krisen gebe, sei es dennoch wichtig, dankbar zu sein für das, was wir haben. „Wir haben noch immer einen unglaublichen Wohlstand. Und wir dürfen jeden Tag in Freiheit und Frieden aufstehen. Wir dürfen unser Leben selbst gestalten.“ Der Landrat rief dazu auf, nicht jenen „Scharlatanen“ Raum zu geben, die alles schlecht machen und die Gesellschaft auseinander treiben würden, sondern selbst tätig zu werden und die vorhandenen Chancen zu ergreifen.

Auch im Landkreis Reutlingen geht die Zahl der Landwirte zurück, weiß Fiedler. Die Anforderungen seien hoch: neben Unsicherheitsfaktoren wie Wetter, Preisen, Krankheit oder politischen Entwicklungen gebe es hohe rechtliche Vorgaben. Auch die mentalen Belastungen seien aufgrund der Unsicherheiten hoch. Es erfordere Mut von der nachfolgenden Generation, landwirtschaftliche Betriebe zu übernehmen und in diese zu investieren – „und ich bin dankbar, dass es immer wieder welche tun“. Für die Zukunft der Landwirtschaft sei es notwendig, Betriebe zu modernisieren und Bürokratie abzubauen.

Aber auch Initiativen wie die Gläserne Produktion seien von hoher Bedeutung: Nur durch die Offenheit der Landwirtschaft selbst könne auch eine Offenheit der Bevölkerung gegenüber der Landwirtschaft geschaffen werden, weshalb Fiedler sich ausdrücklich bei Familie Fritz bedankte, dass sie Einblick in ihren Betrieb gegeben hatte: „Ich halte das für immens wertvoll. Es stärkt das Vertrauen in unsere heimische Landwirtschaft, es bringt die Verbraucherschaft der Landwirtschaft näher und es weckt das Verständnis füreinander.“

130 Kühe gehören zum Milchviehbetrieb Fritz. „Wir produzieren rund 3000 Liter Milch am Tag“, erklärte Landwirt Thomas Fritz. Dass das nur aufgrund der beiden Melkroboter möglich ist, welche die Kühe automatisch rund um die Uhr melken, konnten die interessierten Verbraucher bei einer Führung über den Hof erfahren. Auch die Molkerei Omira, wo die Milch vom Finkhof zur weiteren Verarbeitung landet, war mit einem Stand vertreten. Der Maschinenring stellte eine Maschine zur Ampfer-Bekämpfung auf Grünland vor, welche mittels Künstlicher Intelligenz einzelne Pflanzen erkennen und gezielt bekämpfen kann.

Beim Stand des Kreisbauernverbandes konnten die Besucher zugunsten des Fördervereins Sonnenstrahlen am Glücksrad drehen und Preise vom Apfel bis zum Einkaufsgutschein im Hofladen gewinnen. Der Pfullinger Brauchtumsverein hatte neben nostalgischen Traktoren auch eine alte riemenbetriebene Dreschmaschine dabei, um zur Unterhaltung der Besucher historisch Getreide zu dreschen.

Frische Produkte von hier sind lecker und zugleich auch ein Stück Versorgungssicherheit. Stefan Wörner Bürgermeister

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