Ausgrenzung und Mobbing

  • Magnus Pflüger, Bahattin Güngör und Chrysi Taoussanis in „Wolf“. Foto: Tonne/Armbruster

Theater Das Reutlinger Theater Tonne spielt „Wolf“ von Saša Stanišić.

Reutlingen. Das Tonne-Theater spielt ab dem 3. Mai eine Bühnenadaption des Romans „Wolf“ von Saša Stanišić. Die Fassung stammt von Tonne-Dramaturgin Alice Feucht, die auch Regie führt. Geeignet ist „Wolf“ ab elf Jahren. Die Bühnenadaption des Romans von Saša Stanišić ist ein humorvolles Stück über ein ernstes Thema: Ausgrenzung. Eine Thematik, die nicht nur Kinder und Jugendliche betrifft. So wurde die Erzählung ursprünglich für Erwachsene in Stanišićs Erzählband „Fallensteller“ (2016) veröffentlicht.

Hauptfigur ist Kemi (gespielt von Magnus Pflüger, in weiteren Rollen Chrysi Taoussanis und Bahattin Güngör), der ins Wald-Ferienlager muss. Dabei findet er Bäume nur als Schrank super. Denn der Wald ist voll von Dingen, mit denen Kemi nichts zu tun haben will: Zecken, Betreuer und unechtem Lachen. Nur mit Jörg versteht er sich eigentlich ganz gut. Aber mit wachsender Sorge registriert Kemi, wie seine Mitschülerinnen und Mitschüler mit Jörg umgehen. „Die Gruppendynamik im Ferienlager verschärfen sich“, so Regisseurin Feucht, „weil die Gruppe von Personen betreut wird, die die Kinder nicht kennen, und weil sie mitten in der Natur stärker aufeinander angewiesen sind.“ Kemi muss sich entscheiden, wie er sich Jörg gegenüber positioniert. Das Stück ist aus der Perspektive von Kemi erzählt, der die Ausgrenzung von Jörg beobachtet. Es geht um den individuellen Umgang mit einer schweigenden Mehrheit angesichts offensichtlicher Ungerechtigkeit sowie um passive Täterschaft durch Wegschauen und Dulden.

Ebenso thematisiert das Stück, wie beliebig die Auslöser von Mobbing sind. Es weht ein Hauch von magischem Realismus durch den Text, wenn Kemi behauptet, er begegne auf einer Lichtung Xbox spielenden Hirschen. Um diesen surrealen Momenten Rechnung zu tragen, arbeitet die Inszenierung mit Projektionen als Videobühnenbild, für die Adrian Zacke verantwortlich zeichnet. Aber reicht Kemis überbordende Fantasie aus, um die Stimmung in der Gruppe zugunsten von Jörg zu drehen? So weit, betont die Regisseurin, geht das magische Momentum leider nicht: „Um ein gutes Ende für Jörg zu finden, müsste man so einiges an der Wirklichkeit ändern.“

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