Wettstreit der Klimamodelle
Der CO2-Preis gilt als Königsweg der Klimapolitik – effizient, marktkonform, elegant. Statt kleinteiliger Regulierung soll der Markt den Klimaschutz regeln. Doch der amerikanische „Inflation Reduction Act“ (IRA) stellt dieses Prinzip infrage. Anstatt Emissionen zu verteuern, setzt das im Jahr 2022 verabschiedete US-Gesetz, das noch immer in Kraft ist, auf massive staatliche Anreize: Mehr als 700 Milliarden Dollar sollen in zehn Jahren durch Steuererleichterungen und Investitionen die grüne Transformation vorantreiben.
Die ersten Ergebnisse beeindrucken: Private Investitionen in saubere Technologien stiegen dem Massachusetts Institute of Technology zufolge binnen zwei Jahren um 71 Prozent. Besonders stark wuchsen Batteriefabriken, Solaranlagen und der Verkauf von Elektroautos.
Einfluss liberaler Ökonomen
Der politische Einfluss marktliberaler Ökonomen habe „zu der weithin akzeptierten Sichtweise geführt, dass die Bepreisung von CO2 die ‚erstbeste‘ Priorität für Klimapolitik“ sei, schreibt Isabella Wedl in einer aktuellen Studie. Doch diese Sichtweise könne mit den Klimazielen unvereinbar sein. Der Grund: Der CO2-Preis reicht oft nicht, um Verhalten zu ändern – vielen Menschen fehlen die Mittel für eine klimafreundliche Heizung oder ein E-Auto. Zudem treffen hohe Energiepreise besonders einkommenschwache Haushalte. Die geplante Ausweitung des Emissionshandels auf Gebäude und Verkehr ab 2027 könnte diese Ungleichheit verstärken.
Der IRA dagegen kombiniert Klimaschutz mit Industriepolitik. Er schafft Anreize für Investitionen auch in strukturschwachen Regionen. Selbst republikanische Abgeordnete unterstützen das Programm. In der EU ist die Förderung dagegen zersplittert, ein zentraler Klimafonds fehlt. Auch die Subventionspolitik des scheidenden Wirtschaftsministers Robert Habeck (Grüne) blieb kleinteilig.
Michael Pahle vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung bleibt skeptisch: „In den USA ist kurzfristig viel über Förderung passiert, aber vieles wird mit dem neuen Präsidenten auch wieder gestrichen werden. Dieses Stop-and-Go ist einem Markthochlauf wenig zuträglich.“ Der CO2-Preis hingegen setze auf Verlässlichkeit und zwinge Unternehmen zur Umstellung – auch ohne Subventionen.