Schlafen beim Fahren verboten
Geschichte Polizeidiener und Landjäger hatten vor 125 Jahren eine Menge zu tun. Darüber geben die Strafverfügungen der Gemeinde Ottendorf aus dem Jahr 1900 interessante Auskünfte.
Ein häufiges Delikt, das konsequent bestraft wurde, war das Schlafen während der Fahrt. Würde heute ein Autofahrer am Steuer einschlafen, so wären schwere Unfälle vorprogrammiert. Doch vor 125 Jahren zogen Pferde, Ochsen oder Kühe die Wagen, und die kannten in der Regel ihren Weg. Zum Beispiel war am 21. April nachmittags um 15 Uhr ein „Bierführer“ der Haller Löwenbrauerei von Ottendorf nach Westheim unterwegs, und er nickte unterwegs ein. Das entging dem Landjäger Walter aus Gaildorf während seiner Streife nicht. Er hielt das Fuhrwerk an und wies den Bierführer zurecht. Dieser erwiderte, „er habe nicht geschlafen, es seien ihm nur die Augen zugefallen“. Aufgrund seiner Uneinsichtigkeit brachte der Landjäger die Sache zur Anzeige, und der Täter wurde zu einer Geldstrafe von 2 Mark oder einer Haftstrafe von einem Tag verurteilt.
Ochsen geschlagen und getreten
Ein gar nicht seltenes Vergehen im Zusammenhang mit Fuhr- oder „Last“-Wagen war Tierquälerei, entweder durch Überladung oder durch Schlagen der vorgespannten Tiere. Beider Delikte machte sich der Knecht eines Unterroter Bauers schuldig. Während seines Streifengangs traf Landjäger Entringer auf der Straße zwischen Ottendorf und Kleinaltdorf den Dienstknecht „mit einem mit zwei Ochsen bespannten Fuhrwerk“. Der Wagen war „mit Steinen für die Ochsen derart überladen, daß dieselben nicht in der Lage waren, den überladenen Wagen den stark ansteigenden Berg hinaufzuziehen“. Der Knecht habe in „fortgesetzter, ärgerlicher Weise mit der Peitsche und bestiefeltem Fuß auf die Ochsen eingeschlagen und gestoßen“. Der Landjäger befahl dem Knecht, einen großen Teil der Steine abzuladen, was dieser auch befolgte. Die Tat wurde mit 3 Mark oder 2 Tagen Haft bestraft.
Ein anderes, immer wiederkehrendes Vergehen war die nächtliche Ruhestörung, vor allem durch junge Männer, meist Dienstknechte im Alter zwischen 16 und 19 Jahren. Nach einem Zechgelage in der Gastwirtschaft Lamm in Niederndorf waren zwei Knechte angetrunken und lautstark auf dem Heimweg. Die beiden wurden daraufhin angezeigt und zu einer Geldstrafe von 3 Mark oder einer Haftstrafe von einem Tag verurteilt.
Eine große Gefahr waren – und sind es heute noch – Brände. Deshalb achtete man streng darauf, dass mit Feuer nicht leichtsinnig umgegangen wurde. Das Rauchen in Scheunen oder Ställen war streng verboten, kam aber gar nicht selten vor. Bestraft wurde auch ein Bauer, der im Stall bei Kerzenlicht seine Ziegen gemolken hatte. Landjäger Vogt zeigte ebenfalls einen ledigen Dienstknecht aus Ottendorf an, weil er „in den Taschen seiner Kleidungsstücke Zündhölzer“ hatte. „Die Zündhölzer waren in keinen verschlossenen Büchsen, sondern waren in leichtsinniger Weise aufbewahrt, so daß bei jeder Gelegenheit ein Unglück hierdurch entstehen kann.“ Die Geldstrafe gegen dieses Vergehen betrug 2 Mark oder einen Tag Gefängnis.
Streng bestraft wurden auch Hundehalter, die ihre Vierbeiner frei herumlaufen ließen. Selten kam es aber zu Beißvorfällen, wie im August 1900. Damals ließ ein Ottendorfer Bauer „seinen Spitzerhund, welcher etwas bösartig ist, frei herumlaufen“. Der Hund biss daraufhin einen ledigen Maurer aus Fornsbach in die Waden. Bestraft wurde nur das Freilaufenlassen, nicht das Beißen, mit einer Geldstrafe von 1 Mark.
Aufsehen erregte am 23. Juni der Sägmüller aus Adelbach. Er hielt sich abends in der Ottendorfer Gastwirtschaft Löwen auf. Wohl betrunken, hat der Sägmüller „sein Geschlechtsteil entblößt und sein Bedürfnis (Wasser abschlagen) im Wirtschaftslokal unter den Tisch verrichtet“. Der Wirt habe den „Täter“ wegen der „Schweinerei“ aus der Wirtschaft geworfen und angezeigt. Verurteilt wurde der Sägmüller zu einer Geldstrafe von 2 Mark oder einem Tag Haft.
Übrigens: Frauen aus Ottendorf und Umgebung wurden zu dieser Zeit nicht straffällig.