Musikalische Verführung mit Überraschung

  • Quadro Nuevo ließ sein Publikum im Haller Globe an seinen Entdeckungen teilhaben, zum Schluss auch unverstärkt (von links): Chris Gall, D.D. Lowka, Andreas Hinterseher und Mulo Francel. Ralf Snurawa

Viele Caipirinhas hätten sie in das erste Stück des Abends für dessen Entstehung gesteckt, erinnerte sich Mulo Francel, Klarinettist und Saxofonist von Quadro Nuevo, in seiner unterhaltsamen Moderation. So machten sich mit „Quadro Samba“ entspannter Groove und Wohlfühl-Sound am Samstagabend im Neuen Globe breit. Dorthin hatte der Konzertkreis Triangel zum Konzert der vier Musiker eingeladen.

Mit dem nächsten Stück spiele das Gegenteil von brasilianisch: argentinisch. Astor Piazzollas „Yo soy Maria“ aus dessen Oper „Maria de Buenos Aires“ eröffnete Andreas Hinterseher auf dem Bandoneon mit kleinen, geschärften Akzenten und erzählerischem Tonfall, um das Instrument am Ende theatralisch auseinanderzuziehen. D.D. Lowka ließ dann den Bogen auf den Kontrabasssaiten perkussiv auffedern. Zusammen mit Galls Klavier- und Francels Saxofonspiel ließ das Quartett so den für Piazzollas Musik so typischen Sog entstehen.

Gar nicht so weit weg von Piazzollas Melancholie und Sehnsucht fanden sich die Musiker bei Robert Wolfs „Per il mio amore“ wieder. Wolf, inzwischen verstorben, war der Gitarrist der Gruppe in ihrer ersten Zeit. Mit einem Hauch Nostalgie, bisweilen innig und schön geatmet, wurde Wolfs Melodie zum Leben erweckt.

Brasilianischer Einfluss

Zurück zu brasilianisch beeinflussten Klängen ging es mit einem Choro von Paulo Morello, einem deutschen Gitarristen, mit dem Quadro Nuevo auch schon auf Tour war, unter anderem in Brasilien. „7 to 1“ ist dabei herausgekommen, in den Worten Francels: „Lebensfroh, wie wir Deutschen im Ausland wahrgenommen werden.“ Fröhlich sprudelnd wirkte das Stück, dessen Titel an den Sieg Deutschlands über Brasilien im Fußball-WM-Halbfinale 2014 erinnert. Lowka wechselte danach zu seinen Perkussionsinstrumenten, und vor allem zur Darbuka für Basem Derwischs „Khaliji Steps“.

Nach einem „Reality Check“ zu Beginn des zweiten Sets verloren sich die vier Musiker in Galls „Ilha Grande“ in unberührter Natur und tastenden Klarinettentönen Francels. Nach wieder entspanntem „Ragazzo Samba“-Groove versprach Lowka vor dem Spielen von Nikos Xydakis‘ „Erotiko“: „Das werden Sie spüren!“ Einfühlsam folgte ein gemeinsames Melodiespiel in rot-pinkfarbenem Licht – und als scharfer Kontrast Mozarts Kanon „Bona nox, bist a rechter Ochs“ bis hin zur Bebop-Fassung mit Überraschungseffekten.

Damit gaben sich die etwa 300 Zuhörerinnen und Zuhörer im Neuen Globe nicht zufrieden. Zwei Zugaben folgten noch: ein stimmungsvolles „Paroles, Paroles“ mit einem pfeifenden Mulo Francel und Andreas Hinterseher auf dem Vibrandoneon sowie zu „Luna rossa“ beide wunderbar im Duett auf Akkordeon und Tenorsaxofon.

Tonbandverrückte gesucht

Schon im Konzert hatte Francel darauf hingewiesen, dass „Quadro Nuevo“ am Sonntag in der Hospitalkirche auf Tonband aufnehmen werde. Dietmar Winter, Vorsitzender des Haller Jazzclubs, habe die Idee gehabt, erklärte Francel nach der Aufnahme von sechs Stücken. Er selbst sei sehr angetan von der Bandtechnologie. Das funktioniere alles mit einem guten Tonmeister, den sie mit dem eigens einbestellten Dominique Klatte hatten. Außerdem komme der „super Sound“ der Hospitalkirche hinzu. „Fünf Bänder haben wir erst einmal gekauft, gehen damit nun auf Tour und schauen, ob wir einige Tonbandverrückte finden werden, die sie uns abkaufen.“

Quartett Zwischen Tango, Filmmusik und Nostalgie bewegt sich die Musik von Quadro Nuevo. In Hall begeistern sie 300 Zuhörer im Neuen Globe.

NÄCHSTER ARTIKEL