Prestigeprojekt des Königs

  • Eine moosbewachsene Treppe führt zum verschlossenen Eingang des Steinsalzbergwerks Wilhelmsglück hinab. Der Schacht wurde nach der Schließung des Bergwerks geflutet. Foto: privat
  • König Wilhelm I. von Württemberg (1781-1864) auf einem zeitgenössischen Gemälde. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts trieb er in seinem Herrschaftsgebiet die Suche nach neuen Salzförderstätten voran. archiv
  • Das Ehrenmal auf dem Westheimer Friedhof erinnert an die Katastrophe von 1879. s
  • Über den Kocherstag kamen einst Michelbacher Bergleute an ihren Arbeitsplatz. privat
  • Die 1924 stillgelegte Haller Saline war über eine Leitung mit dem Bergwerk verbunden. x

Jahrestag Heute vor 200 Jahren wurde das Steinsalzbergwerk Wilhelmsglück bei Westheim auf den Namen des damaligen württembergischen Herrschers getauft. Wilhelm I. war persönlich vor Ort.

Die freie Reichsstadt Schwäbisch Hall verdankt ihren Aufstieg und Reichtum dem Salz. In der Saline auf dem heutigen Haalplatz wird das „weiße Gold“ bereits in der Keltenzeit und später im Mittelalter aus einer Salzwasserquelle gewonnen. Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Konkurrenz durch andere Salinen jedoch immer weiter steigt, wird im Kochertal nach neuen Salzvorkommen gesucht. Eine Bohrung nahe Westheim im Jahr 1822 bringt den erwünschten Erfolg – in 100 Metern Tiefe wird ein Salzflöz von sechs Metern Dicke entdeckt.

Zwei Jahre später beginnt der Salzabbau im ersten Bergwerk dieser Art in Mitteleuropa – ein Meilenstein in der Geschichte des Bergbaus. 1825 wird es nach dem damaligen Herrscher Württembergs benannt. Am 21. Oktober 1825 – heute vor exakt 200 Jahren – ist König Wilhelm I. persönlich vor Ort, als das Bergwerk auf den Namen „Wilhelmsglück“ getauft wird.

In den folgenden Jahrzehnten entwickelt sich „Wilhelmsglück“ zu einem bedeutenden Arbeitgeber. Laut Halls Stadtarchivar Daniel Stihler gibt das Bergwerk rund 150 Menschen Arbeit, weitere 500 wie Fuhrleute, Kübler und Weber sind unmittelbar davon abhängig. Ende der 1850er-Jahre liegt die jährliche Fördermenge bei 20.000 Tonnen. Ein Teil des Salzes wird – in Kocherwasser gelöst – über eine Leitung in die 1835 neu gebaute Schwäbisch Haller Saline geleitet. Dort wird das Salz weiterverarbeitet. Bei einem weiteren Besuch in Schwäbisch Hall am 18. und 19. August 1840 dürfte König Wilhelm I. die neue staatliche Salzfabrik auf dem Gelände des heutigen Polizeireviers besichtigt haben. Die alte Haalplatz-Saline ist da bereits stillgelegt.

Tragödie im Jahr 1879

Der Namensgeber des wenige Kilometer südlich von Hall im Kochertal gelegenen Steinsalzbergwerks muss dessen Niedergang nicht mehr erleben. Wilhelm I. stirbt am 25. Juni 1864 im Alter von 82 Jahren. Am 1. Februar 1900 wird das Bergwerk wegen fehlender Rentabilität stillgelegt.

Der Anfang vom Ende ist das schwere Grubenunglück vom 15. Dezember 1874. Daniel Stihler beschreibt die Ereignisse so: Bergleute aus Uttenhofen, Westheim, Michelbach und Hirschfelden versammeln sich morgens in der Schachtstube, um sich vor der Einfahrt in den Schacht umzuziehen, aufzuwärmen und das traditionelle Gebet zu sprechen. Plötzlich schlägt eine Stichflamme durch den ganzen Raum und löst einen Brand aus. In Panik versuchen die Bergleute zu fliehen, blockieren jedoch durch ihr Andrängen die Tür, die sich nur nach innen öffnen lässt. Ursache für die Stichflamme ist offenbar Salpeter, der für Sprengungen benötigt wird. Warum sich dieser entzündete, konnte nicht mit Sicherheit geklärt werden.

Die schreckliche Bilanz des Brandes: zehn Bergleute sind sofort tot und teils bis zur Unkenntlichkeit verbrannt. 13 weitere werden schwer verletzt, die meisten von ihnen sterben kurz nach dem Unglück. Die Nachricht von der Katastrophe löst eine Welle der Hilfsbereitschaft aus. 56.500 Mark Spendengelder werden für die Hinterbliebenen-Familien gesammelt. Hinzu kommen Geld- und Sachgaben von Königin Olga von Württemberg, der Schwiegertochter von Wilhelm I. Zusätzlich erhalten die Hinterbliebenen kleine Renten aus der Hilfskasse der württembergischen Salzwerke.

Heute voller Wasser

Noch heute erinnert ein beeindruckendes Grabmal auf dem Westheimer Friedhof an die 1879 getöteten Bergleute. Und was ist vom Steinsalzbergwerk Wilhelmsglück geblieben? In der Nähe der Verbindungsstraße zwischen Uttenhofen und Hirschfelden befindet sich noch immer das Mundloch (Stolleneingang) des Bergwerks. Hier beginnt der 196 Meter lange Treppenschacht, der Weg zur eigentlichen Abbaustelle. Er wurde im Jahr 1845 in seiner Richtung und Neigung so angelegt, dass am 27. September, dem Geburtstag von Wilhelm I., die Sonne für wenige Augenblicke auf das Salzflöz schien.

Der zwischenzeitlich zugewachsene Eingang wurde 1985 wieder freigelegt. Ein Gitter hält Leichtsinnige vom Betreten des ehemaligen Bergwerks ab. Es ist ohnehin mit Wasser vollgelaufen – zum Erkunden würde man eine Tauchausrüstung benötigen.

Der rund 100 Meter vom Stolleneingang entfernte Kochersteg wurde im Jahr 2010 saniert. Über ihn gelangten einst Arbeiter aus Michelbach und Hirschfelden zum Bergwerk. Den Namen Wilhelmsglück tragen heute auch noch der im Zuge des Bergwerksbaus errichtete Weiler sowie der Bahnhof nahe Hirschfelden.

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