Die CDU steht an einem Scheideweg
Nicht Meinungsverschiedenheit trennt Demokraten und Faschisten – sondern der Wille, Freiheit zu verteidigen oder zu zerstören.
Wenn Mathias Koch (CDU Metzingen) die AfD als „politisch Andersdenkende“ bezeichnet, zeigt das, wie sorglos manche mit der größten Bedrohung für unsere Demokratie umgehen.
Wer die AfD so beschreibt, verkennt ihre wahre Natur und verleiht ihr eine demokratische Legitimation, die sie längst verwirkt hat. Die AfD ist kein Ausdruck von Protest, sondern ein Angriff auf unsere offene Gesellschaft. Sie sammelt jene, die Menschen abwerten, Rassismus als Meinung verkaufen und die Demokratie von innen aushöhlen.
Der Verfassungsschutz hat im Mai 2025 klar benannt: Die AfD ist eine rechtsextremistische Partei – ein Urteil, das sich in Programmen, Reden und Strukturen widerspiegelt. Wer dies relativiert, trägt zur schleichenden Normalisierung dieses Denkens bei. Teile der CDU haben begonnen, die Brandmauer nach rechts infrage zu stellen. Auf kommunaler Ebene wird mit der AfD abgestimmt, auf Landesebene spricht man von „Sacharbeit“.
Von der Parteispitze kommen Aussagen, die an AfD-Positionen erinnern. Friedrich Merz sprach von „Problemen im Stadtbild“, gemeint waren Menschen mit Migrationsgeschichte – Worte, die klingen, als wären sie aus einem AfD-Wahlkampf übernommen. Kurz darauf erklärte Jens Spahn, Deutschland habe „Probleme, wenn zu viele Ausländer auf einem Fleck leben“. Solche Sätze sind mehr als unbedachte Formulierungen. Sie verschieben den Diskurs, normalisieren Ausgrenzung und bereiten den Boden für rechtsextreme Narrative. Das sind keine Zufälle, sondern Warnzeichen einer Partei, die ihre Mitte verliert.
Gerade in der Kommunalpolitik zeigt sich, wie gefährlich das ist. Dort, wo Menschen sich persönlich kennen, wo Vertrauen und Zusammenhalt eigentlich den Ton angeben sollten, wird die Brandmauer am schnellsten brüchig. Wenn dort CDU-Mandatsträger mit der AfD gemeinsame Sache machen, wird der demokratische Kompass direkt vor Ort beschädigt. Hier liegt Verantwortung – gerade für Menschen wie Mathias Koch: klare Haltung zeigen, statt zu verharmlosen.
Die CDU kann nur dann glaubwürdig bleiben, wenn sie auf kommunaler Ebene deutlich macht, dass demokratische Zusammenarbeit ihre Grenze dort findet, wo Menschenfeindlichkeit beginnt.
Die CDU steht an einem Scheideweg: Will sie eine Hüterin demokratischer Werte bleiben – oder taktische Bündnisse eingehen, die diese Werte untergraben? Wer glaubt, man könne mit der AfD Politik machen, stärkt sie nur – und mit ihr das, wofür sie steht: Ausgrenzung, Nationalismus, Hass.
Gerade jetzt braucht es Antifaschismus – nicht als radikale Forderung, sondern als Prüfstein unserer Demokratie. Antifaschismus ist kein Schlagwort der Vergangenheit, sondern eine Haltung der Gegenwart: die unmissverständliche Weigerung, Hass, Rassismus und Menschenverachtung Raum zu geben. Er bedeutet die Liebe zur Menschheit, den Glauben an die Würde jedes Einzelnen und die Bereitschaft, Unterschiede nicht zu fürchten, sondern als Bereicherung zu begreifen.
Wie Pfarrer Karl Niemeier anfangs zögerlich die NSDAP tolerierte, bevor er mutig Widerstand leistete, sehen wir heute ähnliche Muster, wenn Teile der Mitte rechtsextreme Tendenzen verharmlosen. Jetzt gilt es, Haltung zu zeigen.
Schweigen oder Beschönigen rechtsextremer Ideologien ist gefährlich – die Lektionen der Geschichte sind unmissverständlich. Antifaschismus heißt, Rassismus und Hetze klar zu benennen – auch wenn sie aus der sogenannten Mitte kommen. Er heißt, nicht zu schweigen, wenn Sprache entgleist, und Menschlichkeit zu verteidigen, wo sie verspottet wird.
Die CDU muss sich entscheiden, ob sie noch eine Hüterin demokratischer Werte sein will. Wer die Brandmauer einreißt, um Stimmen zu fischen, steht am Ende selbst auf der falschen Seite der Geschichte. Wer das Feuer der Intoleranz umarmt, darf sich nicht wundern, wenn es die Gesellschaft verbrennt.
Antifaschismus ist kein Extrem, sondern das Fundament einer humanen Demokratie. Wer heute schweigt oder Antifaschismus verdächtigt, verrät, wie weit sich die Maßstäbe verschoben haben. Nicht die, die lieben, gefährden die Demokratie – sondern jene, die schweigen. Menschlichkeit ist die stärkste Waffe gegen den Hass.
Am Ende wird nicht gezählt, wie laut wir waren, sondern wie menschlich wir geblieben sind.