Zwei Klangzauberer lassen es knistern

  • Stars der jungen deutschen Jazz-Szene: Der Dettinger Saxophonist Jakob Manz und seine Partnerin Johanna Summer bei den Herbstlichen Musiktagen. Das Festival gastierte am Mittwoch im Dorfgemeinschaftshaus in Sirchingen. Foto: Thomas Kiehl

Bad Urach/Dettingen Jazz-Session der Extra-Klasse: Ausnahme-Saxophonist Jakob Manz und Piano-Partnerin Johanna Summer zaubern und improvisieren auf der Musiktage-Bühne in Sirchingen.

Ein Heimspiel für den Dettinger Jakob Manz – (noch) unbekanntes landschaftliches Terrain für die aus Plauen im Vogtland stammende Pianistin Johanna Summer: „Schön, dass Sie alle herauf auf den Hügel gekommen sind“, begrüßt die Musikerin das Publikum im Sirchinger Dorfgemeinschaftshaus. Sie meint damit die Albgemeinde, die dieser Tage nur über diverse Ausweichstrecken erreichbar ist. Was den Start des zweiten Musiktage-Abends außerhalb Bad Urachs prompt etwas verzögert hat.

Ausverkauft war der Gig der beiden Jazz-Jungstars trotz der zähen Anreise. Und wer die auf sich genommen hat, erlebt nicht nur gut aufgelegte Moderatoren („wie Jakob, das ist kein Hügel?“), sondern vor allem eine Jazz-Session der Sonderklasse. Jakob Manz, der Saxophon-Magier, Landesjazzpreisträger und europaweit als Shooting-Star gehandelte Jungmusiker, trifft Johanna Summer. Eine Pianistin, die eigentlich in der Klassik verwurzelt ist, während es Manz mit seiner Band gerne rockig mag. Kennengelernt haben sich die beiden im Bundesjazzorchester – vor allem abends nach den Proben, wo bei einem Bier gemeinsam gejammt wird, erzählt Johanna Summer. Beide merkten: „Wir sind sehr verschieden, als Menschen und als Musiker.“

Dennoch war irgendwann klar, dass es musikalisch gemeinsam auf die Reise gehen kann. Seit gut vier Jahren sind die beiden als Duo unterwegs. Erfolgreich. Denn das phasenweise zart-poetische, dann wieder wild-leidenschaftliche Klavierspiel der 30-jährigen Summer und der groovige Saxophon-Sound des einstigen Dettinger „Wunderkinds“ gehen eine spannende Fusion ein. Manchmal knistert es regelrecht, wenn das Piano mit dem Blasinstrument flirtet.

Als kongeniale Klangzauberer präsentieren sich die beiden, wenn Jakob Manz dem Ermstal eine besondere Liebeserklärung macht: Der Jungstar hat im „Im schönsten Wiesengrunde“ vertont – für ihn „das Dettinger Heimatlied“. Hier zeigt er, wie innig und melodiös Jazz-Improvisation klingen kann. Man will sich kaum satthören an diesem Klangfluss des Saxophons, den die junge Pianistin an den Tasten lyrisch-sensibel untermalt. Oder, wie der in Köln lebende Dettinger zu sagen pflegt: „Johanna macht die volle Magie darunter.“

Wie dem auch sei, das Volkslied, das in Sirchingen viele mitsingen können, hat es so auf das neue Album des Jazz-Duos geschafft. „Cameo“ heißt die Platte, die schon jetzt von den Kritikern gefeiert wird.

Manz und Summer glänzen mit Eigenkompositionen und außergewöhnlichen Bearbeitungen, einen großen Teil stellen sie beim Musiktage-Gig auf der Alb vor. Etwa den fast verträumt klingenden Opener „The Opposite“ aus Johanna Summers Feder. Oder das von Jakob Manz komponierte Obdachlosen-Drama „Desperation and Hope“, das seine Partnerin mit bedrohlich wirkenden Klavierläufen ausstattet. Man spürt die Kälte richtig.

Genretechnisch sind die beiden Künstler im Crossover-Modus unterwegs – sie bewegen sich zwischen Jazz, Klassik und Rock-Pop, zwischen auskomponierter Melodie und freier Improvisation. So wagt sich das Duo beispielsweise an eine Variante von Herbert Grönemeyers „Flugzeuge im Bauch“ : Eher langsam tasten sie sich an das Original heran, wobei Jakob Manz sein Saxophon immer wieder auf verspielt-verschnörkelte Ausflüge schickt.

Überhaupt wirkt der 24-Jährige (mittlerweile mit Größen wie Sarah Connor und Thomas Quasthoff auf Tour) deutlich gereift. Manz kann sich mit Verve durch aberwitzige Impros bewegen – er gibt mittlerweile aber auch den sensiblen Interpreten.

Auf verblüffend gefühlvolle Einlagen folgen immer wieder rasante Stücke. Ein Höhepunkt: Das energiegeladene „The Turmoil“ mit einem virtuosen Jakob Manz an der Blockflöte. Am Ende? XXL-Beifall, Bravorufe. Ohne eine zweite Zugabe lässt das Publikum die jungen Musiker nicht ziehen.

Johanna macht die volle Magie darunter.

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