Die Landtagswahl wirft ihre Schatten voraus
Künstliche Intelligenz Wie gelingt ein fairer Wahlkampf in Zeiten KI-gesteuerter Desinformation und Fälschungsmöglichkeiten?
Bei einer Tagung an der Evangelischen Akademie Bad Boll beschäftigen sich rund 30 Teilnehmer, darunter Experten aus verschiedenen Universitäten, mit der Frage „Wie verändern neue Technologien Demokratie und Öffentlichkeit?“
Im Zentrum stand dabei die Künstliche Intelligenz (KI) und deren Gefahren für den demokratischen Meinungsbildungsprozess. KI gesteuerte Chatbots, die über soziale Medien schlimmstenfalls manipulativ verfälschte Bilder, Nachrichten und gefälschte Tondokumente millionenfach verbreiten, könnten das Vertrauen in die Demokratie und die demokratische Willensbildung massiv erschüttern.
Die Teilnehmer verständigten sich auf ein Thesenpapier und die Empfehlung eines Fairness-Abkommen der Parteien für den gerade anlaufenden Landtagswahlkampf in Baden-Württemberg. Im Thesenpapier wird unter anderem gefordert, KI generierte Inhalte (Bilder, Videos, Audios) ausschließlich mit entsprechender Kennzeichnung zu verwenden. Im politischen Diskurs sollten ethische Grenzen und Integrität jederzeit bewahrt werden. Auf den Einsatz von deepfake Technologien zur Diskreditierung der politischen Konkurrenten oder zur Eigenwerbung sollte unbedingt verzichtet werden. Generell werden die politischen Parteien aufgefordert, auf persönliche Herabwürdigungen, auf Polarisierung und auf polemische Zuspitzungen zu verzichten.
Bisher gute Erfahrungen
David Fischer, Experte von der Politagents Consulting GmbH, berichtete von positiven Erfahrungen mit dem Fairness-Abkommen, das die demokratischen Parteien vor der letzten Bundestagswahl geschlossen hätten. Von zwei Ausnahmen abgesehen, sei keine Verwendung von Deepfakes in der Wahlwerbung festgestellt worden. Einschränkend fügte er hinzu, dass man nicht sagen könne, ob es ein Erfolg des Abkommens war, oder ob einfach das Wissen um die Möglichkeiten der KI in den Parteien damals noch nicht ausreichend vorhanden war.
Spontane Idee
Akademie-Studienleiter Pfarrer Peter Steinle überreichte das Thesenpapier den Kandidatinnen und Kandidaten für die Landtagswahl Sabrina Hartmann (SPD), Dr. Mariska Ott (Grüne) und Peter Körber (FDP). Die Kandidaten begrüßten einhellig den Vorschlag eines Fairness-Abkommens, und versprachen sich bei ihren jeweiligen Landtagsfraktionen dafür einzusetzen. Darüber hinaus wurde die spontane Idee geboren, eine entsprechende Vereinbarung auf Wahlkreisebene zu schließen und mit gutem Beispiel voranzugehen.
Abschließend bedankte sich Pfarrer Steinle sehr herzlich für die Unterstützung der Tagung durch den Landkreis Göppingen. „Ohne die finanzielle Förderung aus dem Programm ‚Demokratie leben‘, sei die Durchführung einer solchen Tagung schlicht nicht möglich“.